Aktienstrategie-Kolumne Wolfgang Braun

Tag der Entscheidung

05.06.14 09:29 Uhr

Tag der Entscheidung | finanzen.net

Am Donnerstag ist es soweit: Dann steht die nächste Sitzung der Europäischen Zentralbank an.

Die jüngsten Äußerungen von einigen Notenbankmitgliedern haben massive Hoffnungen am Markt geschürt, dass weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Konjunktur ergriffen werden.

Wer­bung

Zwar hat der Euro daraufhin im Vergleich zum Dollar deutlich an Wert verloren (was die Exportchancen der Euro-Länder verbessert), der Anstieg der Verbraucherpreise ging im Mai aber auf 0,5 Prozent zurück (was Deflationssorgen schürt). Damit stehen die Notenbanker unter Druck, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Fraglich ist nur, mit welchen Mitteln die Wirtschaft gestützt werden soll.

Was ist möglich?

Das normale Mittel der Notenbank, über Zinssenkungen die Wirtschaft zu Investitionen und Konsum zu treiben, ist nahezu ausgeschöpft. Der wichtigste Leitzins steht bereits bei 0,25 Prozent. Ob eine Reduktion auf 0,1 Prozent überhaupt noch wirkt, wird von einigen Experten angezweifelt. Diskutiert wird über einen negativen Einlagenzins für Banken. Mit dieser Strafgebühr soll erreicht werden, dass die Finanzhäuser ihr Geld nicht mehr bei der Notenbank horten, sondern über Kredite in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Eher unwahrscheinlich ist ein echtes "Quantitive Easing" wie es von der Federal Reserve betrieben wird. Einem groß angelegten Aufkauf von Staatsanleihen stehen in Europa rechtliche Bedenken entgegen. Realistisch ist dafür ein neues Kreditprogramm für die Banken, wie es schon einmal um den Jahreswechsel 2011/12 aufgelegt wurde. Damals wurde mit dem Programm vor allem den südeuropäischen Geldhäusern geholfen, die klamm waren. Auch zuletzt gab es vor allem in den Krisenländern neue Anzeichen für eine schleppende Kreditvergabe.

Nebenwirkungen möglich

Die als "dicke Bertha" bezeichneten billionenschweren Kredite brachten seinerzeit einen mehrmonatigen kräftigen Anstieg an den Börsen. Dieses Mal haben die Kurse schon im Vorfeld deutlich angezogen, so dass im Anschluss an eine Entscheidung (vor allem, wenn die sehr hohen Erwartungen enttäuscht werden), auch Gewinnmitnahmen denkbar sind. Zu beachten ist außerdem, dass die Bewertungen bei Dividendentiteln inzwischen sehr viel höher ausfallen als noch vor zwei Jahren.

Wer­bung

Andererseits ist vorstellbar, dass die laxe Geldpolitik - ähnlich wie bei Anleihen - auch bei Aktien zu einer Blase führt. Das wäre kurzfristig positiv für die Anleger, wird auf lange Sicht aber zu neuen Verwerfungen führen.

Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.