ifo: Deutsche Wirtschaft geht ohne Schwung ins kommende Jahr
Das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung rechnet für dieses Jahr unverändert mit einem Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent.
Für das kommende Jahr nahmen die Münchner Ökonomen ihre Prognose um 0,1 Prozentpunkt auf 1,7 Prozent herunter. Rechne man die überdurchschnittlich vielen Arbeitstage 2020 heraus, liege das Wirtschaftswachstum dann nur noch bei 1,3 Prozent, erklärten sie. "Damit geht die deutsche Wirtschaft ohne Schwung in das kommende Jahr", sagte Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Der Ökonom nannte die konjunkturelle Entwicklung "gespalten". Das exportorientierte verarbeitende Gewerbe, in dem etwa ein Viertel der Wertschöpfung erwirtschaftet werde, stecke in einer Rezession. Gleichzeitig verzeichneten die binnenorientierten Dienstleister und die Bauwirtschaft robuste und teilweise kräftige Zuwächse. "Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass sich die industrielle Schwäche allmählich über den Arbeitsmarkt und tiefe Wertschöpfungsketten auch auf die Binnenkonjunktur überträgt", warnte Wollmershäuser.
Getragen wird die Konjunktur nach der Analyse des Institutes von den privaten Konsumausgaben, die 2019 um 1,4 Prozent und 2020 um 1,3 Prozent zunehmen sollen. Aber auch die Bruttoanlageinvestitionen würden mit 3,0 Prozent in diesem und 2,8 Prozent im kommenden Jahr recht kräftig steigen. Dazu trügen vor allem die Bauinvestitionen mit einer Zunahme um 4,0 und 3,0 Prozent bei. Die Exporte werden im laufenden Jahr nach der ifo-Prognose hingegen nur um 1,3 Prozent zulegen. Hier macht sich laut dem Institut die Abkühlung der Weltkonjunktur bemerkbar.
Rückgang der Arbeitslosigkeit verlangsamt sich
"Wirtschaftspolitiken, die über Abschottung, Sanktionen und Androhungen versuchen, die globalisierte Wirtschaftsordnung zu verändern, haben die Verunsicherung weltweit steigen, die Industriekonjunktur abkühlen und den Welthandel einbrechen lassen", konstatierte Wollmershäuser. Unter der Annahme, dass die damit verbundenen vielfältigen Risiken nicht einträten, sollen sich die deutschen Ausfuhren im nächsten Jahr wieder normalisieren und um 3,8 Prozent steigen.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit verlangsame sich spürbar. Die Anzahl der Arbeitslosen dürfte von 2,25 Millionen in diesem Jahr auf 2,19 Millionen im kommenden Jahr sinken. Die Arbeitslosenquote soll dann bei 4,9 Prozent im laufenden und 4,8 Prozent im nächsten Jahr liegen. Die Verbraucherpreise werden demnach um 1,5 und um 1,8 Prozent steigen. Der Finanzierungsüberschuss des Staates sinkt von 48,7 auf 31,7 Milliarden Euro, und der Leistungsbilanzüberschuss fällt von 7,0 auf 6,9 Prozent.
Die Ökonomen anderer Wirtschaftsforschungsinstitute haben der deutschen Wirtschaft für dieses Jahr ebenfalls bereits nur ein gedämpftes Wachstum vorausgesagt. Die Volkswirte bewegen sich damit auf einer Linie mit der Bundesregierung. Im nächsten Jahr soll das Wachstum dann aber nach einhelliger Meinung der Institute wieder deutlicher anziehen - auch wegen einer höheren Zahl an Arbeitstagen.
Die niedrigste Erwartung für 2019 hegen die Ökonomen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), nach deren Berechnungen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2019 nur um 0,5 Prozent zunehmen dürfte. Das ist derselbe Wert, den die Regierung erwartet. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet für 2019 wie das ifo Institut mit einem BIP-Plus von 0,6 Prozent. Optimistischer sind das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit 0,9 Prozent und das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) mit 1,0 Prozent Wachstum.
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)
Weitere News
Bildquellen: ifo , esfera / Shutterstock.com