"Eine Qual"

"Deworsifizierung" statt Diversifizierung: Darum hielt Berkshire-Vize Charlie Munger nichts von breiter Streuung im Depot

28.03.24 06:26 Uhr

Warum Berkshire-Vize Charlie Munger die Deworsifizierung gegenüber Diversifizierung bevorzugte | finanzen.net

Berkshire Hathaways Ex-Vice Chairman Charlie Munger nutzte mehrere Gelegenheiten, um seine Ablehnung gegenüber der Diversifizierungsstrategie zu verdeutlichen. Aus diesen Gründen setzte der Starinvestor lieber auf einen konzentrierten Ansatz.

Werte in diesem Artikel

• Munger hielt Diversifizierung für "eine Qual"
• Verschlimmbesserung im Depot
• Konflikt zwischen Sicherheit und Risiko



Charlie Munger galt als einer der klügsten Köpfe am Markt. Der am 1. Januar 1924 geborene Investor war nicht nur als Vice Chairman von Warren Buffetts Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway und als langjähriger Vertrauter des "Orakels von Omaha" bekannt, sondern hatte auch jahrelang den Vorsitz des Investmentvehikels Daily Journal Corporation inne. Später gab der Philanthrop seinen Chairman-Status dort zwar ab, blieb dem Vorstand des Unternehmens aber nach bis zu seinem Tod am 28.11.2023 erhalten. Gemeinsam mit Buffett sprach Munger regemäßig auf den Aktionärstreffen von Berkshire Hathaway und gab dort Einblicke in seine Investmentstrategien. So verwies der Geschäftsmann oft auf die Wichtigkeit "mentaler Modelle", die im Kopf zu einem Gitterwerk angeordnet und zum großen Ganzen zusammengefügt werden. Nur so könne man sich das zuvor gesammelte Fachwissen optimal zunutze machen.

Munger nicht um kontroverse Einschätzungen verlegen

In seiner jahrzehntelangen Laufbahn als Unternehmer und Investor traf Munger jedoch auch einige Aussagen zum Marktgeschehen, die möglicherweise nicht jeder gut fand. So bezeichnete Buffetts rechte Hand etwa die nach Marktkapitalisierung gewichtet größte Kryptowährung Bitcoin als "Rattengift". Zu Mungers kontroverseren Einschätzungen zählte jedoch sicher auch seine Kritik an der Diversifikationsstrategie. Diese beinhaltet die Aufteilung des Portfolios auf mehrere Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, ETFs, Rohstoffe und womöglich auch Kryptowährungen. Damit wird das Depot im Optimalfall abgefedert, wenn ein einzelnes Asset einen starken Kursverfall hinnehmen muss.

Kein Fan von Diversifizierung

Munger machte sich in der Vergangenheit jedoch nicht verdächtig, Anhänger dieser Strategie zu sein - im Gegenteil. So gestand der Unternehmer auf der Jahreshauptversammlung der Daily Journal Corporation 2019 zwar ein, dass Diversifizierung "bis zu einem gewissen Grad sinnvoll" sei, etwa "wenn man nicht weiß, was man tut" und nicht den Anspruch an den Tag legt, übermäßige Renditen zu erzielen. "Aber die Anlageprofis denken, dass sie Ihnen helfen, indem sie für eine Diversifizierung sorgen", warnte Munger. "Ein Idiot könnte ein Portfolio diversifizieren! Oder ein Computer, was das betrifft." Würden Anleger jedoch nach "Spitzenleistungen" streben, eigne sich Diversifizierung keineswegs. "Man stellt sich damit eine unmögliche Aufgabe. Was macht es für einen Spaß, eine unmögliche Aufgabe immer und immer wieder zu lösen? Ich finde es eine Qual. Wer würde das tun wollen?"

Breite Streuung ist eine "verrückte Idee"

Bei der Jahreshauptversammlung von Berkshire Hathaway 2023 verdeutlichte Munger seine Position zur Diversifizierung erneut - und schoss dabei auch gegen die Lehre von Finanzwissen. "Eines der unsinnigen Dinge, die in der modernen Universitätsausbildung gelehrt werden, ist, dass eine breite Streuung bei der Anlage in Stammaktien absolut notwendig ist ... Das ist eine verrückte Idee", wehrte sich der Investor gegen die weit verbreitete Annahme. So sei es kein Leichtes, mehrere starke Anlagen zu finden, die ein diversifiziertes Portfolio ergeben. Stattdessen sollten sich Anleger lieber auf wenige Werte konzentrieren, die man als "beste Ideen" identifiziert hat. "Wenn man die Grenzen der eigenen Fähigkeiten ziemlich gut kennt, sollte man die meisten Vorstellungen unserer Experten über das, was ich ‚Deworsifizierung‘ von Portfolios nenne, ignorieren", erklärte Munger und spielte damit auf das englische Wort "worse" für "schlechter" an. Eine breite Streuung im Depot hielt der Börsenkenner also eher für eine Verschlimmbesserung.

Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Rendite schwierig umsetzbar

Munger zufolge sei es bei der Diversifizierung nicht möglich, das Gleichgewicht zwischen sicheren Investitionen und hohen Renditen zu halten. Zwar könne das Verlustrisiko mit einer breiten Streuung gemindert werden, wie der Starinvestor 2019 selbst zugab, eine starke Performance sollten Anleger dann jedoch nicht erwarten. Darüber hinaus stieß Munger "Benzinga" zufolge sauer auf, dass bei der Diversifizierung Fachwissen über die gehaltenen Positionen verwässert werde. Befinden sich im Portfolio viele unterschiedliche Werte, können Anleger leicht den Überblick über Neuigkeiten und Entwicklungen bei diesen verlieren. Ist die Anzahl der unterschiedlichen Unternehmen aber überschaubar, können sich Investoren tiefer mit diesen auseinandersetzen und Handelsentscheidungen überlegter treffen.

Stärkere Konzentration im Depot

Dass Munger diesen konzentrierten Ansatz nicht nur predigte, sondern auch lebte, zeigte ein Blick ins Depot der Daily Journal Corporation. Das 159 Millionen US-Dollar schwere Portfolio enthielt im dritten Quartal 2023 nach wie vor Aktien von nur vier Unternehmen, nämlich U.S. Bancorp, Alibaba, Bank of America und Wells Fargo. Die drei US-Banken befanden sich bereits seit dem vierten Quartal 2013 im Besitz des Investmentvehikels, der chinesische Amazon-Konkurrent Alibaba hat Anfang 2021 seinen Weg ins Munger-Depot gefunden und war damit noch vergleichsweise neu.

Redaktion finanzen.net

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