Mercedes-Benz-, BMW- und VW-Aktie höher: US-Zollausnahmen beleben die Stimmung - Automobilbranche im Wandel -Tausende Stellen fallen weg
Die Titel von Volkswagen (VW), BMW und Mercedes-Benz legten zwischen 2,7 und 3,8 Prozent zu und wurden im deutschen Leitindex noch übertrumpft vom Zulieferer Continental, dessen Aktien ihre Erholung von einem heftigen Kursrutsch am Dienstag um 4,5 Prozent vorantrieben. Stützend wirkt weiterhin die Hoffnung in puncto US-Zölle.
Thematisiert wurde im Autosektor, dass US-Präsident Donald Trump im Streit mit den Nachbarn Mexiko und Kanada einen einmonatigen Aufschub für US-Autohersteller gewährt. Dies helfe vor allem Ford, General Motors und der zu Stellantis gehörenden Marke Chrysler, hieß es. Deren Aktien hatten allerdings am Vortag schon deutlich mit den erholten US-Börsen von der Hoffnung auf eine generelle Einigung im Zollstreit profitiert. Vorbörslich gaben die Kurse von Ford und GM daher wieder etwas nach. Wie der UBS-Experte Patrick Hummel am Donnerstag kommentiert, ist "das letzte Wort noch nicht gesprochen".
Gelten sollen die Ausnahmen für alle Autos, die über das Nordamerika-Freihandelsabkommen USMCA eingeführt werden. Dieses hatten die USA, Mexiko und Kanada während Trumps erster Amtszeit unterzeichnet. Wie es heißt, soll die Ausnahmeregelung auch für Autoteile gelten, die dem Abkommen unterliegen. Dies könnte am Donnerstag auch den europäischen Zulieferern wie Continental oder Valeo helfen, deren Kurse mit fast 5 Prozent relativ deutlich anziehen.
Laut dem UBS-Experten Hummel ist dies eine gute Nachricht für die in den USA beheimatete Autoindustrie. Bei Stellantis sei der Einfluss über Chrysler besonders groß, gefolgt von Volkswagen und BMW. Er erwähnte aber auch, dass die Branchenwerte am Vortag schon positiv reagiert und damit einiges vorweggenommen hätten. Den größeren Effekt für die Europäer sieht er in den gegen die Europäische Union angekündigten Zöllen.
Ein Börsianer fasste daher zusammen, die jüngsten Nachrichten passten bei europäischen Herstellern schlicht ins verbesserte Stimmungsbild, denn ihr Sektorindex führte am Donnerstag die Branchentabelle mit 1,5 Prozent Plus an. Er knüpfte damit nach volatilen Tagen an seine Vortagserholung an. Am Montag hatten die Branchenwerte noch davon profitiert, dass sie mehr Zeit bekommen sollen, um die EU-Vorgaben bei CO2-Emissionen einzuhalten. Am Dienstag folgte zwischenzeitlich ein Kursrutsch aus Angst vor einem globalen Handelskrieg.
Automobilbranche im Wandel -Tausende Stellen fallen weg
Die Krise der Autoindustrie in Deutschland hinterlässt auch bei den Beschäftigten Spuren. Im vergangenen Jahr gingen fast 19.000 Stellen verloren, wie aus einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervorgeht. Demnach waren Ende des vergangenen Jahres noch etwas mehr als 761.000 Menschen in der deutschen Autoindustrie beschäftigt. Ein Jahr zuvor seien es noch rund 780.000 gewesen.
Für die Studie hat EY nach eigenen Angaben aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Agentur für Arbeit analysiert. Es seien in Deutschland tätige Betriebe ab einer Größe von 50 Mitarbeitern untersucht worden.
"Die deutsche Automobilindustrie steckt in einer massiven und umfassenden Krise", sagte der EY-Autoexperte Constantin Gall laut Mitteilung. Die Probleme reichten von einer schwachen Nachfrage aufgrund der anhaltenden Konjunkturkrise über zu hohe Kosten bis hin zum teuren Nebeneinander von Verbrennern und Elektroautos. Insbesondere die Investitionen in Elektromobilität hätten hohe Summen verschlungen, ohne dass sich die gewünschten Markterfolge eingestellt hätten. Hinzu komme der wegbrechende chinesische Markt.
"Massiv an der Kostenschraube drehen"
Die Hersteller hätten es gerade mit einer Vielzahl an Herausforderungen zu tun und nur einige dieser Probleme könnten sie aus eigener Kraft lösen. "Daher werden wir in diesem Jahr sehen, dass die Autokonzerne massiv an der Kostenschraube drehen werden, um ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Das wird unweigerlich zu deutlichen Einschnitten bei der Beschäftigung führen", sagte Gall. Der verhältnismäßig geringe Stellenabbau im vergangenen Jahr sei nur der Anfang eines schmerzhaften, aber unabwendbaren Schrumpfungsprozesses.
Produktionsverlagerungen in größerem Ausmaß in die USA oder nach China seien angesichts der jüngsten geopolitischen Entwicklungen durchaus wahrscheinlich. "Das würde den Stellenabbau hierzulande nochmals deutlich beschleunigen", sagte Branchenexperte Gall.
In den Unternehmen seien die Probleme aber inzwischen klar erkannt worden. Insofern bestehe durchaus Hoffnung, dass die Autohersteller mittelfristig wieder höhere Margen erzielen könnten. Mit Kostensenkungsmaßnahmen sei es allerdings nicht getan.
"Für viele Zulieferer wird die Luft immer dünner"
Mit Blick auf die zuletzt sehr schwache Entwicklung der Zulieferer rechnete der Experte mit einem weiteren kräftigen Stellenabbau. "Für viele Zulieferer wird die Luft immer dünner, gerade der stockende Hochlauf der Elektromobilität belastet die Marge erheblich", so Gall.
Die Umsätze der Autoindustrie in Deutschland schrumpften der Studie zufolge im vergangenen Jahr um fünf Prozent, nachdem sie in den drei Jahren zuvor stets gewachsen waren. 2024 lag der Umsatz demnach bei 536 Milliarden Euro.
Zuletzt haben zahlreiche bekannte Hersteller und Zulieferer aus Deutschland Sparprogramme angekündigt. Zigtausende Stellen sollen in der Summe in den nächsten Jahren wegfallen - sei es bei Herstellern wie Mercedes-Benz, Porsche oder Volkswagen. Oder bei Zulieferern wie Bosch, ZF, Schaeffler oder Continental.
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STUTTGART (dpa-AFX)
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