Klimawandel gefährdet Anlage-Erfolg: So macht man sein Depot fit für wachsende Klima-Risiken
• Umfrage der NYU: Aktienpreise spiegeln Risiken des Klimawandels nicht genug wider<
• Klimawandel wird sich auf alle Unternehmen und ihre Geschäfte auswirken
• Investmentbank Jefferies gibt Anhaltspunkte zur Risikobewertung von Anlegerdepots
Die folgenschweren Unwetter in Teilen von Deutschland im Sommer 2021 zeigten ebenso wie die bis Ende September 2023 lodernden Waldbrände in Griechenland, dass der Klimawandel nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Deshalb warnte auch der Weltklimarat (IPCC) in einem Bericht davor, dass man sich weltweit wegen steigender Temperaturen auf mehr Extremwetterereignisse einstellen müsse. Nur durch eine sofortige Reduzierung des CO2-Ausstoßes könne das Schlimmste noch verhindert werden, so die Experten. Doch nicht nur in Bezug auf das Wetter, sondern auch mit Blick auf die Börse dürfte der Klimawandel unangenehm werden. Denn die damit verbundenen Risiken dürften sich laut Experten auf alle Unternehmen auswirken - und werden bislang von Anlegern wie Analysten deutlich unterschätzt.
Bericht des Weltklimarates und Umfrage der NYU als Weckruf für Anleger
Johannes Stroebel und Jeffrey Wurgler, zwei Professoren für Finanzwesen an der Stern School of Business der New York University, haben für eine Studie mehr als 850 Investmentberater, Portfoliomanager, Politikökonomen, Regulatoren und Akademiker aus dem Finanzbereich dazu befragt, in welchem Maße die Aktienkurse ihrer Meinung nach die Klimarisiken widerspiegeln - und die Antworten fielen eindeutig aus. Wie "MarketWatch" berichtet, befanden sich die Befragten, die sagten, dass die Aktienpreise die Risiken ihrer Meinung nach nicht genug widerspiegeln würden, mit dem Faktor 20:1 klar in der Überzahl. "Sogar Teilnehmer, die selbst wenig besorgt in Bezug auf den Klimawandel sind, haben mit einer sehr viel höheren Wahrscheinlichkeit angegeben, dass sie glauben, dass die Investmentmärkte die Risiken des Klimawandels eher unterbewerten als überbewerten", so die Forscher laut dem US-Magazin.
Anleger sollten diese Ergebnisse zum Anlass nehmen, um selbst ihr Depot mit Blick auf mögliche Klimarisiken abzuklopfen und sich mit ihren Investitionen für den Klimawandel zu wappnen. Dies muss dabei nicht unbedingt bedeuten, alle konventionellen Anlagen aus dem Portfolio zu werfen und nur noch auf grüne Investments zu setzen. Stattdessen sollte eine individuelle Risikoanalyse mit Blick auf den Klimawandel durchgeführt werden, um sich vor späteren bösen Überraschungen zu schützen. Die US-Investmentbank Jefferies führt im Hinblick darauf einige Punkte an, die Anleger beachten sollten.
Physikalische Risiken durch Klimawandel betreffen zahlreiche Unternehmen
Das Team rund um Jefferies-Stratege Aniket Shah empfiehlt Anlegern laut "MarketWatch" etwa, die physikalischen Risiken für ihre Investments so genau wie möglich zu evaluieren. Denn durch den zu erwartenden Temperaturanstieg werden extreme Wetterlagen deutlich wahrscheinlicher, wie auch der Weltklimarat warnte. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Besitztümer durch Sturm- oder Flutschäden verlieren oder dass ihre Lieferketten durch extreme Wetterereignisse gestört werden könnten. "Investoren müssen eine anspruchsvollere Analyse der Lieferkette und des Risiko-Rahmenkonzepts rund um physikalische Klimarisiken und ihre Auswirkung auf die Geschäftstätigkeiten entwickeln", empfehlen die Experten daher.
In Verbindung mit der Zunahme solcher Ereignisse würden auch die Versicherungskosten der Unternehmen steigen, während die Versicherungsindustrie selbst laut Jefferies mit Gegenwind durch höhere Schadensansprüche zu kämpfen haben dürfte. Tatsächlich deutete die deutsche Rückversicherungsgesellschaft Munich Re im Rahmen des jährlichen Rückversicherers-Treffen in Monte Carlo (Monaco) darauf hin, dass sowohl die Nachfrage als auch die Kosten für Rückversicherungen aufgrund der steigenden Klimarisiken aller Voraussicht nach weltweit deutlich ansteigen werden.
CO2-Fußabdruck wird für Firmen zu entscheidendem Faktor
Neben den physikalischen Risiken, die Unternehmen kaum selbst beeinflussen können, wird jedoch auch der CO2-Fußabdruck künftig nach Meinung von Experten eine noch wichtigere Rolle spielen. Diese Kennziffer wird zunehmend darüber entscheiden, ob ein Unternehmen am Markt abgestraft oder belohnt wird. Laut Weltklimarat ist eine sofortige Reduzierung des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes nötig, damit die Erderwärmung unter der im Pariser Klimaabkommen vereinbarten Schwelle von zwei Grad bleibt. Die Experten von Jefferies glauben daher, dass diejenigen Unternehmen, die in diesem Bereich am schnellsten handeln, am Markt belohnt werden. Tatsächlich hätten sich bereits 61 Prozent aller Länder und 21 Prozent der Unternehmen das Ziel gesetzt, den Netto-Ausstoß von Kohlenstoffdioxid in naher Zukunft auf null zu senken, zitiert "MarketWatch" das Strategen-Team. Unter anderem will Walmartbis 2030 klimaneutral werden und auch Apple verfolgt ähnliche Pläne. Dazu passen die Warnungen des Apple-CEOs Tim Cook. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte er in einem Interview im Oktober 2023: "Es gibt wohl keine größere Krise als den Klimawandel. Man muss sich dafür nicht nur die Dürren, die Waldbrände und die Hitze in diesem Sommer anschauen".
Auch eine wachsende Anzahl an deutschen Unternehmen visiert das Erreichen einer vollständigen Klimaneutralität an. Beispielsweise strebt der Logistikkonzern Hapag Lloyd an, bis 2045 klimaneutral zu arbeiten. Das Energieunternehmen Uniper möchte dieses Ziel 2040 erreichen.
"Transparenz schafft Bewusstsein: Erst wenn sich ein Anleger mit dem CO2-Footprint seiner Investments auseinandersetzt, wird ihm bewusst, inwieweit seine Investitionen besonders klimaschädlich oder eher klimafreundlich sind", sagte auch Thomas Wüst, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Valorvest, gegenüber "Welt". Je größer der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens ist, desto größer sei auch die Gefahr, dass die Margen der Investments mittelfristig unter Druck kommen werden und langfristig Vermögen vernichtet wird, heißt es bei "Welt" weiter.
Doch auch wenn Firmen sich bemühen, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren, ist das nicht in jedem Fall positiv. Denn werden die Kohlenstoffdioxid-Emissionen vor allem durch andere ausgleichende Faktoren gesenkt, birgt das neue Risiken. Technologien wie etwa Kohlenstoffdioxidsenken - künstliche oder natürliche Lagerstätten, die CO2 speichern und somit aus der Atmosphäre nehmen - können Wasserqualität, Biodiversität und Nahrungsmittelversorgung gefährden, da sie große Flächen benötigen. "Für Unternehmen, die sich stark auf Ausgleiche verlassen, um das Ziel einer Netto-Emission von Null zu erreichen, ist dies ein potenzielles Risiko, das nicht ignoriert werden darf", so die Jefferies-Analysten laut "MarketWatch". Ehrgeizige Unternehmensziele mit Blick auf den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid reichen also nicht. Stattdessen sollten Anleger genau prüfen, mit welchen Mitteln die Unternehmen in ihrem Portfolio die Emissionen senken wollen.
Paradigmenwechsel mit herben Folgen für Weltwirtschaft
Wie "MarketWatch" weiter berichtet, sieht der Weltklimarat nur ein Szenario, bei dem sich die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts wie im Übereinkommen von Paris vereinbart entwickeln und so die schlimmsten Klimarisiken vermieden werden. Dieses Szenario hat jedoch einen großen Haken, denn wie die US-Nachrichtenseite schreibt, beinhalte es als zentralen Punkt eine Gesellschaft, die den Fokus auf das Gemeinwohl und nicht das Wirtschaftswachstum lege. "Der größte Teil der Weltwirtschaft basiert auf Konsum", schreibt das Team um Aniket Shah dazu. "Ein Paradigmenwechsel weg von wirtschaftlichem Wachstum könne die Konsumentenausgaben über alle Sektoren und Regionen signifikant belasten", so die Jefferies-Experten weiter - und auch das hätte eine enorme Auswirkung auf zahlreiche Investments. Ein geringeres Konsumniveau würde sich unweigerlich in geringeren Unternehmensgewinnen widerspiegeln. Resümierend kann festgehalten werden, dass es eine Zukunft ohne durch den Klimawandel bedingte Risiken für den Aktienmarkt nicht zu geben scheint.
Redaktion finanzen.net
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