Zinsen: Übertriebene Sorgen?
Die Zinsentwicklung wird aktuell mir Argusaugen beobachtet. In der Diskussion steht insbesondere, ob eine inverse Zinsstruktur in den USA eine Rezession ankündigt - und was das für die Anleger bedeutet.
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Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Anlageexperte ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 87,1% verzeichnet hat (Stand 31.07.2019).
Eine inverse Zinsstruktur, bei der die kurzfristigen Zinsen höher sind als die langfristigen, wird oft als Warnsignal für eine kommende Rezession interpretiert. Rein theoretisch ist das gerechtfertigt, denn das in dieser Konstellation zum Ausdruck kommende Szenario mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für in Zukunft sinkende Zinsen am kurzen Ende geht in der Regel mit einem wirtschaftlichen Abschwung einher. Eine eindeutige Handlungsempfehlung für Anleger ist dennoch schwierig.
Die Zeitenwende
Mitte August war es soweit: Erstmals im laufenden Zyklus ist die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen unter das Niveau von 2-jährigen gefallen. Letztmals war das zwischen Anfang 2006 und Mitte 2007 der Fall, damit wurde damals der Wirtschaftseinbruch 2008/09 frühzeitig angekündigt. In der zweiten Augusthälfte hat sich die Lage wieder leicht entschärft, die Zinsstrukturkurve bleibt aber sehr flach und auf niedrigem Niveau (siehe Abbildung). Ein ähnliches Phänomen zeigt sich im Übrigen auch bei deutschen Staatsanleihen. Die Kurve ist zwar noch leicht aufwärtsgerichtet, aber alle Laufzeiten liegen im Minus (1-Jahr: -0,8 %, 10-Jahre: -0,7 %, 30-Jahre: -0,2 %) - eine historisch einmalige Konstellation.
Kein eindeutiges Verkaufssignal
Aus zwei Gründen stellt die Konstellation aber kein eindeutiges Verkaufssignal für Anleger dar. Zum einen hat eine inverse Zinsstruktur in der Historie auch schon Fehlsignale gegeben. Zum anderen, und noch wichtiger, besteht selbst bei einer negativen Entwicklung oft ein größerer Zeitversatz, bis die Rezession dann tatsächlich kommt, und dieser Zeitraum bietet noch größere Performancechancen. Beim S&P 500 betrug der Zeitraum vom Auftreten des Phänomens bis zum Indexpeak in den letzten 30 Jahren im Durchschnitt 13 Monate, und in dieser Zeit hat der Index im Mittel um 20 % zugelegt.
Fazit zu Zinsen
Die - kurzzeitig - inverse Zinsstruktur in den USA ist ein deutliches Warnsignal für eine Rezession, aber auch nicht mehr. Historisch gesehen ist der US-Markt nach dem Eintreten dieses Ereignisses noch für längere Zeit gut gelaufen. Daher sollte man im Moment durchaus auch die Chancen, und nicht nur die Risiken im Blick haben. Eine etwas defensivere Gangart kann trotzdem nicht schaden.Der Autor dieser Kolumne, Holger Steffen, ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der etwa 20 ausgewählte Aktien aus dem deutschen Nebenwerte-Segment enthält. Das Portfolio können Anleger im monatlichen Newsletter zum Value-Stars-Index einsehen.
Über Holger Steffen
Holger Steffen ist einer der erfahrensten Nebenwerte-Experten. Mit dem von ihm mitverantworteten Musterdepot des Anlegerbriefs erzielte er seit Start im Jahr 1999 eine Rendite von 1.701 Prozent, das entspricht einer durchschnittlichen Rendite von 16,4 Prozent pro Jahr (Stand: 31.12.2018).
Der gelernte Diplom-Kaufmann hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft der RWTH Aachen gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren ist Steffen in der Finanzbranche aktiv, sein Schwerpunkt liegt in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst hat bereits zahlreiche Studien zu deutschen Nebenwerten verfasst und sich als Buchautor betätigt. Der Anlageexperte ist zudem Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 87,1% verzeichnet hat (Stand 31.07.2019).
Hinweis zu möglichen Interessenkonflikten (§34b WpHG):
Der Autor hält über eine Gesellschaft Geschäftsanteile an der Anlegerbrief Research GmbH, die ein entgeltliches Beratungsmandat für den Value-Stars-Deutschland-Index hat. Darüber hinaus können hinsichtlich der in dieser Finanzanalyse genannten Aktien grundsätzlich folgende Interessenkonflikte vorliegen (zutreffendes gefettet):
- Der Autor oder ein Mitautor halten direkt oder indirekt folgende in diesem Artikel analysierte Aktien: - (keine)
- Der von der Anlegerbrief Research GmbH herausgegebene Börsenbrief "Der Anlegerbrief" hält folgende in diesem Artikel analysierte Aktien in seinen Modellportfolios: - (keine)
- In einem Zertifikat auf den Value-Stars-Deutschland-Index (ISIN DE000LS8VSD9) sind folgende in diesem Artikel analysierte Aktien enthalten: - (keine)
Weitere Hinweise:
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus. Die finanzen.net GmbH unterhält geschäftliche Verbindungen zur Anlegerbrief Research GmbH, dem Berater des Referenzportfolios, und partizipiert an den Einnahmen aus der Verwaltungsgebühr und der erfolgsabhängigen Gebühr des Endlos-Zertifikats auf den Value-Stars-Deutschland-Index (WKN LS8VSD).