Bank of England senkt überraschend den Leitzins
Die Bank von England (BoE) hat ihren Leitzins in einem überraschenden Schritt gesenkt, um die britische Wirtschaft vor den Auswirkungen des Coronavirus zu schützen.
Bei einer Sondersitzung beschlossen die Ratsmitglieder einstimmig, den Referenzzinssatz um 50 Basispunkte auf 0,25 Prozent zu reduzieren, wie die Zentralbank in einer Erklärung mitteilte. Es ist die erste außerordentliche Zinssenkung der Bank of England seit der Finanzkrise. Zudem will die BoE die Kreditvergabe erleichtern.
"Obwohl das Ausmaß des wirtschaftlichen Schocks der Ausbreitung des Coronavirus höchst ungewiss ist, wird sich die Aktivität in Großbritannien in den kommenden Monaten wahrscheinlich erheblich abschwächen", erklärte die Notenbank. Man wolle so das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern in schwierigen Zeiten stärken. Mit der Maßnahme soll eine schwierige Periode überbrückt und langfristige Folgen der Ausbreitung des Coronavirus abgemildert werden. Die Entscheidung fiel im geldpolitischen Ausschuss einstimmig.
Die Notenbank kündigte zudem Maßnahmen an, um Unternehmen den Zugang zu Krediten zu erleichtern. Damit soll insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen geholfen werden. Man sei zudem bereit, künftig alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Wirtschaft und das Finanzsystem zu stützen.
Die Notenbank senkte zudem den antizyklischen Kapitalpuffer für Banken auf Null Prozent. Bisher lag der Satz bei 1,0 Prozent. Mit dieser Maßnahme soll den Banken die Kreditvergabe erleichtert werden. Laut BoE könnten damit bis zu 190 Milliarden Pfund für neue Kredite frei werden. Eigentlich sollte der Kapitalpuffer bis Ende 2020 auf 2,0 Prozent angehoben werden, um die Banken für schwierige Zeiten zu wappnen.
Der Schritt erfolgt nur wenige Stunden vor der Ankündigung von Steuer- und Ausgabenmaßnahmen zur Bekämpfung des Virus durch den britischen Finanzminister Rishi Sunak.
Die Notenbanker beschlossen außerdem ein neues Finanzierungspaket für Banken, mit dem Kredite an vom Virus betroffene Kleinunternehmen weitergeleitet werden sollen.
Als erste bedeutende Zentralbank hatte die Bank of Japan bereits Anfang März das nationale Finanzsystem mit zusätzlicher Liquidität versorgt. Dazu wurde den Banken übergangsweise der Ankauf von Staatsanleihen im Wert von 500 Milliarden Yen (etwa 4,2 Milliarden Euro) angeboten.
Die US-Notenbank als "Flaggschiff im Geleitzug der globalen Zentralbanken" ist bereits mehrfach aktiv geworden. Zunächst hatte die Federal Reserve vor einer Woche den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf einen Korridor von 1 bis 1,25 Prozent heruntergeschleust - die erste Notfall-Zinssenkung der Fed seit der weltweiten Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren. In dieser Woche legte die Fed nach und erhöhte ihre Geldspritzen für das Finanzsystem. Dazu wurden Geschäfte, bei denen sich die Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld versorgen kann, deutlich ausgeweitet.
Die EZB wartet bislang noch ab, hat aber bereits versichert, sie beobachte die wachsende Unsicherheit und steigende Risiken für die Konjunktur genau. "Wir sind bereit, bei Bedarf geeignete und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, die den zugrundeliegenden Risiken angemessen sind", hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärt.
Der EZB-Rat um die neue französische EZB-Chefin trifft sich an diesem Donnerstag in Frankfurt. Volkswirte erwarten, dass die EZB ihren Einlagezinssatz von bislang minus 0,5 Prozent weiter um 0,1 Punkte drücken könnte. Außerdem könnte sie das Volumen ihrer Anleihekäufe erhöhen und so mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf schleusen. Eine Leitzinssenkung kommt nicht in Betracht, weil der Leitzins, zu dem sich Banken mit EZB-Geld versorgen, bereits seit mehreren Jahren bei null Prozent liegt.
Dow Jones Newswires und dpa-AFX
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