Bank of England ändert geldpolitischen Kurs
Die Bank of England (BoE) hat bei ihrer Ratssitzung einen überraschenden Kursschwenk in der Geldpolitik vollzogen.
Das bisher ausgesendete Signal, dass es zu weiteren Zinssenkungen kommen könnte, wurde fallen gelassen. Stattdessen heißt es nun, dass sich die Zinsen "in beide Richtungen" ändern können. Die Währungshüter gehen davon aus, dass sich der Brexit-Beschluss nicht so stark auf die Wirtschaft auswirken wird wie bislang befürchtet.
Der Leitzins wurde bei der aktuellen Sitzung auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent belassen. Das Votum fiel einstimmig. Im August hatte die BoE ein massives Stimuluspaket beschlossen, um die britische Wirtschaft so weit wie möglich vor dem Brexit-Schock abzuschirmen. Auch der Leitzins war damals um 25 Basispunkte gesenkt worden.
"Das Statement scheint ein Design für mehr Flexibilität zu sein, damit die Notenbank besser auf den Nachrichtenfluss reagieren kann", sagte ING-Bank-Ökonom James Knightley. "Und in dieser Hinsicht rechnen wir damit, dass die Gründe für eine weitere Lockerung der Geldpolitik zurückkehren werden."
Inflation über dem Zielwert erwartet
In ihrem vierteljährlichen Bericht erhöhte die BoE ihre Inflationsprognosen für 2017 und 2018, wofür vor allem die Pfund-Abwertung verantwortlich ist. Für 2019 erwartet die BoE eine Inflationsrate von 2,5 Prozent und damit über dem Zielwert von 2,0 Prozent.
Die Währungshüter warnten, dass es Grenzen dafür gebe, wie weit ein Überschießen der Inflation über den Zielwert hinaus toleriert werde. Damit signalisierten sie, dass die BoE die Zinsschraube nach oben drehen könnte, sollte der tiefe Fall des Pfunds die Inflation noch mehr anheizen.
Auch das Wachstum wird den Prognosen zufolge höher ausfallen als von der BoE im Sommer prognostiziert. Für dieses Jahr wurden die Vorhersagen auf 2,2 (bisher: 2,0) Prozent und für 2017 auf 1,4 (0,8) Prozent erhöht. Für das Jahr 2019 nannte die BoE eine Wachstumsprognose von 1,6 Prozent.
Brexit bestimmt Schicksal der britischen Wirtschaft
In den vergangenen Tagen und Wochen war BoE-Gouverneur Mark Carney verstärkt in die Kritik geraten, insbesondere von der Seite der Brexit-Befürworter, weil er vor dem Referendum nachdrücklich vor den schweren wirtschaftlichen Folgen eines Brexit gewarnt hatte. Diese Vorhersage ist zumindest bisher nicht eingetroffen. Viele Experten befürchten allerdings, dass die Wirtschaft langfristig schweren Schaden nehmen könnte, sollte Großbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren.
Inzwischen hat der Londoner High Court entscheiden, dass das Parlament über die Brexit-Einleitung abstimmen muss. Für Premierministerin Theresa May ist das Urteil eine schwere Schlappe. Sie will es vor dem Supreme Court anfechten.
Die große Mehrheit der Parlamentarier hatte sich vor dem Referendum im Juni gegen den Brexit ausgesprochen. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass sie das Ergebnis der Volksabstimmung kippen. Bei einer Beteilung des Parlaments könnte es aber zu einem "weichen Brexit" kommen, während die Premierministerin bisher auf einen "harten Brexit" zusteuerte.
LONDON (Dow Jones)
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