Aktienstrategie-Kolumne Wolfgang Braun

In der Zwickmühle

03.03.11 10:21 Uhr

In der Zwickmühle | finanzen.net

Die Diskussionen über steigende Leitzinsen haben begonnen.

Nach Vertretern der EZB verschärfte zuletzt auch US-Notenbankchef Ben Bernanke den Ton, was die Inflationserwartungen betrifft. Besonders überraschend kommen die Sorgen nicht, steigt der Preisdruck doch immer mehr an. Das gilt vor allem für Europa. In Deutschland zogen die Verbraucherpreise im Februar um 2,0 Prozent gegenüber Vorjahr an und lagen damit am oberen Ende der von der EZB tolerierten Spanne. In der gesamten Euro-Zone ist der Schwellenwert mit 2,3 Prozent bereits deutlich überschritten.

Wer­bung

Höhere Zinsen nötig

Aus Inflationssicht sind höhere Zinsen unbedingt geboten. Für Deutschland wäre das auch kein Problem. Bei einem BIP-Wachstum von 3,6 Prozent in 2010 sind Leitzinsen auf einem Rekordtief kaum nachvollziehbar. Früher lag der Realzins (Nominalzins abzüglich Inflation) bei vier bis fünf Prozent, aktuell nur bei rund 1,5 Prozent.

Eine solche Konjunkturstimulation erscheint für Deutschland unangemessen und könnte zu einer Überhitzung der Wirtschaft führen. Zuletzt klagten schon etliche Firmen über Engpässe bei qualifiziertem Personal und Rohstoffen. Eine Anhebung der Leitzinsen auf vier Prozent sollte die deutsche Wirtschaft daher ohne weiteres verkraften. Doch die EZB sitzt in einer Zwickmühle: Durch die Währungsunion sind staatliche Alleingänge nicht möglich und gerade die Länder an den Rändern der Euro-Zone brauchen die Stützungsmaßnahmen dringend. Griechenland etwa steckt in einer tiefen Rezession und dürfte wegen der staatlichen Sparmaßnahmen ebenso wie andere Länder in der Peripherie nicht so schnell aus der Krise kommen. Berücksichtigen muss die EZB (und die Federal Reserve) auch die hohen Staatsdefizite. Bei einem Zinsanstieg würde die Problematik weiter verschärft.

Vorsichtige Vorgehensweise

An steigenden Zinsen wird wohl erst einmal kein Weg vorbeiführen. Allerdings dürfte der Anstieg trotz der zunehmenden Inflationsgefahr gering bleiben. Gerade für Deutschland, wo die Wirtschaft brummt, wirkt das erst einmal unterstützend. DAX und Co. könnten daher für eine Weile noch zu den Profiteuren der Zinspolitik zählen. Langfristig sind zu niedrige Zinsen aber Gift für Wirtschaft und Börsen. Ist die Inflation erst einmal angefacht, ist sie nur noch schwer zu kontrollieren. Dann drohen sehr deutliche Zinserhöhungen, die die Aussichten für die Börsen dämpfen und neue Krisen heraufbeschwören können.

Wer­bung

Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.