Keine Scheu vor Komplexität
Zwischen zwei Variablen besteht eine Korrelation, aber keine Kausalität. Das klingt sehr akademisch, ist aber ein weitverbreiteter Irrtum. In der Finanzanlage wird häufig das Verhältnis von Risiko und Komplexität miteinander verknüpft; zwei Faktoren also, die fälschlicherweise in einem Topf landen.
Jeder Anleger ist bedacht darauf, sich vor dem Kauf eines Finanzproduktes genau anzuschauen, was er sich ins Depot kaufen will. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: der Preis, die Perspektive, das Risiko, die Bonität des Emittenten, das Kurs-Gewinn-Verhältnis und einiges mehr. Doch merkwürdigerweise werden häufig zwei Dinge miteinander in Verbindung gebracht, die nichts miteinander zu tun haben: Risiko und Komplexität. Nur weil ein Produkt komplex ist, ist es noch lange nicht riskant. Der vermeintliche Zusammenhang ist falsch. Meistens ist sogar das Gegenteil richtig.
Nehmen wir ein Beispiel aus Deutschland: Rund 50 Millionen Autos rollen hierzulande auf den Straßen. Und jeder, der ein Fahrzeug auf dem allerneusten technischen Stand fährt, freut sich und sieht darüber hinweg, dass er beim Blick unter die Motorhaube kaum noch den Einfüllstutzen für die Scheibenwischanlage findet. Dennoch fühlt er sich sicher und kommt gar nicht auf die Idee, die Komplexität moderner Fahrzeugtechnik infrage zu stellen und zu behaupten, dass sich das Fahrrisiko erhöht habe, nur weil er die Technik nicht versteht.
Zurück zu Finanzprodukten: Strukturierte Wertpapiere sind komplex, aber das haben sie mit fast allen Finanzprodukten gemeinsam: Es gibt kaum etwas Komplexeres als eine Kapitallebens-versicherung. Und selbst Bausparverträge, die jeder genau zu verstehen glaubt, sind letztlich Zinsswaps kombiniert mit mathematisch höchst kompliziert zu bewertenden Zinsoptionen. Dennoch können diese Anlagen sehr sinnvoll sein.
Strukturierte Wertpapiere bestehen häufig aus zwei, manchmal aus mehr Komponenten. Sie dienen meist der Absicherung des Depots. Das führt zu einem Höchstmaß an Sicherheit und eben nicht, wie vielfach behauptet, zu mehr Risiko. Anleger müssen keine Finanzingenieure sein, so wie Autofahrer nicht Maschinenbau studiert haben müssen. Entscheidend ist, dass sie ein belastbares Gespür dafür entwickeln, wie die Produkte funktionieren und wo ihre Grenzen sind.
Der DDV ist die Branchenvertretung der führenden Emittenten derivativer Wertpapiere. Er fördert den Derivatemarkt und somit die Akzeptanz von Zertifikaten, Aktienanleihen und Optionsscheinen. Zu den Zielen zählen Anlegerschutz, Verbesserung der Verständlichkeit und Transparenz. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.