Europas Bauwirtschaft unter Strom
Nach sechs Jahren, in denen das europäische Bauvolumen um insgesamt mehr als ein Viertel schrumpfte, wurde 2014 die Trendwende geschafft. Seitdem geht es kontinuierlich bergauf. Im Juni 2017 stieg die saisonbereinigte Produktion im Baugewerbe gegenüber dem Vorjahresmonat im Euroraum um 3,4 Prozent.
Von den Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen, wurden die größten Zuwächse der Produktion im Baugewerbe in Ungarn (+27,2%), Slowenien (+21,2%), Schweden (+17,3%) und Polen (+13,4%) verzeichnet, während in Rumänien (-6,3%), und der Slowakei (-0,5%) Rückgänge registriert wurden. Obwohl sich die europäische Bauindustrie bereits seit gut drei Jahren wieder im Aufwind befindet, hat sie erst etwas mehr als 80 Prozent des Niveaus vor Ausbruch der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 erreicht.
Auch wenn die Belebung in der Bauwirtschaft in einigen Ländern nur langsam vorankommt, sprechen die robuste Erholung der europäischen Wirtschaft, die niedrigen Zinsen sowie die Gesundung der öffentlichen Haushalte für eine weitere Aufwärtsentwicklung. Für das laufende Jahr gehen die Experten des Forschungsnetzwerks Euroconstruct von einer Ausweitung der Bauaktivitäten um fast drei Prozent aus. Damit würde das Bauvolumen im vierten Jahr nacheinander zulegen und das Wachstum zum dritten Mal in Folge höher ausfallen.
2018 dürften die Bauleistungen im Euroconstruct-Gebiet um rund 2,5 Prozent und 2019 um etwa 2,0 Prozent zunehmen. Zwischen 2014 und 2019 wird das Bauvolumen damit voraussichtlich um gut 13 Prozent steigen. Die wichtigsten Treiber für diese positive Entwicklung sind: der Bevölkerungsanstieg und -wanderungen, gute gesamtwirtschaftliche Aussichten, spürbare Einkommenszuwächse und sinkende Arbeitslosigkeit sowie anhaltend niedrige Zinsen.
Eine Sonderstellung nimmt Deutschland ein. Die Bundesrepublik investiert seit Jahren viel zu wenig in den Wohnungsbau. Seit 2009 fehlen rechnerisch eine Mio. Wohnungen. Zuletzt hat sich die Lage noch verschlimmert. Die Bevölkerung ist allein 2016 vor allem aufgrund der Zuwanderung um 2,5 Mio. Einwohner gewachsen ist. Um den Bedarf bis 2030 zu decken, müsste Deutschland zusätzliche 0,4 Prozent oder kumuliert 160 Mrd. Euro investieren.
Vor diesem Hintergrund könnte eine Investition in Titel von Unternehmen des europäischen Bausektors interessant sein. Das neu lancierte Partizipationszertifikat auf den Solactive European Construction Boom Performance-Index bildet 20 Firmen des Bausektors mit Sitz in den EU-Ländern Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien sowie der Schweiz ab. In den Aktienpool werden Unternehmen aufgenommen, die ihren größten Umsatzanteil in diesen Ländern erwirtschaften. Wegen der Wichtigkeit des US-Marktes sind auch amerikanische Unternehmen dabei.
Um in den Index aufgenommen zu werden, müssen die Aktien bestimmte Liquiditätskriterien erfüllen. Sollten nicht genügend Titel aus dem Baustoffsektor diesen Vorgaben genügen, werden sie um Titel des Ingenieurbaus mit der jeweils höchsten Marktkapitalisierung aufgestockt. Der Index wird in gewohnter Manier von der Solactive AG berechnet. Dividenden werden angerechnet, die Managementgebühr beträgt 1,5 Prozent p.a. Der passende Tracker kommt von Vontobel (ISIN DE000VL53CB1).
Christian Scheid ist seit rund 18 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist tätig, davon seit circa zehn Jahren als freier Autor. Aktuell schreibt er für mehrere deutschsprachige Fachmagazine und -zeitungen in den Bereichen Aktien und Derivate, darunter Börse Online, Capital, Euro am Sonntag und Zertifikate // Austria. Per 1. Juli 2014 kehrte er zum ZertifikateJournal zurück, wo er bis Ende 2009 schon einmal tätig war und die damalige Österreich-Ausgabe des ZJ verantwortete. Hier können Sie sich zum Gratis-Newsletter anmelden: ZertifikateJournal
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.