Interview zum Goldmarkt

Goldexperte Stöferle: Gold ist keine spekulative Anlage

aktualisiert 24.01.12 22:55 Uhr

Ronald Stöferle, profilierter Rohstoffexperte der Wiener Erste Group und Autor einer viel beachteten Goldstudie, sieht ein baldiges Ende der aktuellen Korrekturbewegung beim Gold.

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von Benjamin Summa

Trotz dramatischer Zuspitzung der Schuldenkrise hat Gold seit dem Sommer 2011 in der Spitze knapp 19 Prozent nachgegeben. Einige sprechen von einer Trendwende, andere von einer Verschnaufpause. Ihre Lesart?

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Wir sehen derzeit eine ganz normale und gesunde Korrektur innerhalb eines weiterhin intakten Aufwärtstrends, den ich persönlich nie in Frage gestellt habe. Wenn man sich die Struktur der Korrektur anschaut, dann erkennt man sehr schnell, dass diese im Verlauf des aktuellen Bullenmarktes recht durchschnittlich ist. 2008 fiel die Korrektur beispielsweise dramatischer aus. Damals korrigierte der Goldpreis knapp 30 Prozent, dieses Mal waren es vom High bis zum Low knapp 19 Prozent auf US-Dollar-Basis. In Euro betrachtet sind wir derzeit sogar schon wieder recht nah am All-Time-High. Meiner Meinung nach sind wir gerade am Ende der aktuellen Korrekturbewegung. Der nächste Move nach oben sollte – EZB und Fed sei Dank – bald starten.

Ist Gold Ihrer Meinung denn schon stark überbewertet?

Nein, das denke ich nicht. Gold ist zwar nicht mehr das große Contrarian-Thema wie 2000 und sicherlich auch kein extremes Schnäppchen mehr. Aber man muss den Goldpreis immer in Relation zur Geldmengen-Entwicklung betrachten. Dann kommt man zum Ergebnis, dass wir noch immer auf einem recht günstigen Kaufniveau sind. Bei der EZB haben wir im Jahresverlauf ein Plus von 37 Prozent bei der Geldmenge M0. Wir sind also weit von einer exzessiven Übertreibung, also einer Blase entfernt.

Was heißt für Sie intelligent in Edelmetalle investieren?

Es gibt ein schönes chinesisches Sprichwort: „Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren. Die nächstbeste ist jetzt.“ Insofern denke ich, dass man sukzessive Gold akkumulieren sollte. Als Versicherung, Alternativwährung und als langfristige Anlage. Die Faktenlage ist eindeutig: Eine chronische Überschuldung in den Industrienationen, negative Realzinsen rund um den Globus, ein weiterhin fragiles geopolitisches Umfeld und die Möglichkeit eines Systemkollapses. Solange sich daran nichts ändert, sollte Gold weiterhin die unverzichtbare Basis eines Portefeuilles sein.

Denken Sie, dass Gold in den meisten Anleger-Portfolios sein wird, wenn wir nahe an den Höchstkursen sind oder ist Gold nur etwas für eine bestimmte Gruppe von Anlegern?

Die Portfoliostruktur der Anleger verändert sich derzeit. Vor einigen Jahren war man Untergangsprophet, wenn man physisches Gold gekauft hat. Das wandelt sich. Das Thema Gold wird auch im institutionellen Bereich immer wichtiger. Bisher sind die institutionellen Anleger erst mit knapp 0,15 Prozent ihres Anlagevolumens in Gold allokiert, das wird sich künftig ändern.

Der starke Goldpreis-Anstieg in den vergangenen beiden Jahren war insbesondere folgenden Faktoren geschuldet: Der Flucht der Anleger in sichere Anlagen infolge der Finanzkrise, den steigenden Inflationsängsten und der negativen Bewertung des US-Dollars sowie der Änderung der Reservepolitik der Notenbanken, die auf die Nachfrageseite gewechselt sind. Werden diese Faktoren weiterhin bestimmend für die Goldpreisentwicklung sein?

In erster Linie wird der Goldpreisanstieg derzeit nur mit der Angst vor hoher Inflation, der negativen Realzinsen und einem möglichen Systemkollaps erklärt. Man sollte aber nicht vergessen, dass China und Indien für 60 Prozent der Goldnachfrage verantwortlich sind. Dort ist das Wachstum auf der Nachfrageseite beheimatet. Diese beiden Märkte haben beim letzten großen Bullenmarkt, der 1980 endete, noch überhaupt keine Rolle gespielt. In China war der private Goldbesitz damals verboten und Indien hatte auch noch nicht diese positive Kaufkraftentwicklung. Wichtig ist auch die Nachfrage aus Ländern wie Thailand, Vietnam oder aus dem arabischen Raum. Dort hat Gold historisch bedingt eine zentrale Bedeutung für die Menschen, entsprechend hoch ist der Stellenwert des Edelmetalls.

Studien belegen, dass Gold in den vergangenen 20 Jahren eine niedrigere Volatilität aufgewiesen hat als beispielsweise große Aktienindizes wie der STOXX Europe 600. Auf welche Schwankungen müssen sich Goldanleger künftig einstellen?

Gold ist faktisch eine Portfolioversicherung. Wenn man sich langfristig die Volatilitäten von Gold und großen Börsen-Indizes anschaut, dann wird man feststellen, dass diese beim Gold im Durchschnitt niedriger ist. Gold ist keine hochspekulative Anlage. Dennoch muss man beachten, dass wir aller Voraussicht nach im letzten Drittel der Aufwärtsbewegung sind. Es ist sehr wahrscheinlich, dass 80 Prozent des Kursgewinns in den letzten 20 Prozent des Bullenmarktes stattfinden wird. Bis dahin wird es immer zu mittleren bis größeren Korrekturen kommen. Die Anleger können dies aber für sich ausnutzen, indem sie sukzessive in Korrekturphasen nachkaufen.

Spielt Gold für Sie die größere Rolle als taktisches Investment, um von den positiven Preisaussichten angesichts der starken Nachfrage und des knappen Angebots zu profitieren oder als strategische Wertanlage zur Diversifikation des Portfolios und als Absicherung gegen Inflation?

Gold ist für mich die einzige Währung, die noch nie wertlos wurde. Gold wird also nicht mehr als Commodity gesehen, sondern als die härteste Währung, die seit über 5000 Jahren Bestand hat. Wenn es nur einen Faktor gäbe, den ich mir als Rohstoff-Analyst anschauen könnte, dann wären das für mich die negativen Realzinsen. In diesem Umfeld sind die Bedingungen für die Goldanlage nahezu perfekt.

Wenn der Goldpreis steigt, ist im Allgemeinen zu erwarten, dass auch der Gewinn der Goldminenunternehmen steigt und demzufolge ihr Aktienkurs. Welche Performance erwarten Sie künftig von den Minenaktien?

Derzeit sieht man historisch extrem niedrige Bewertungsniveaus. Die Minenaktien konnten sich im vergangenen Jahr zwar nicht von anderen Aktien abkoppeln. Aus fundamentaler Sicht ist der Goldminensektor aber ein „Screaming Buy“. Wenn man sich das KGV im Gold BUGS Index anschaut, dann stehen wir derzeit bei knapp 13. Im Durchschnitt der vergangenen 12 Jahre lagen wir bei knapp 30. Auch die Quartalsergebnisse der meisten Minenunternehmen haben positiv überrascht: Die Nettomargen lagen 2011 bei 31 Prozent und im Schnitt der letzten 10 Jahre bei 13 Prozent.

Für einen starken Aufwärtstrend der Goldminenaktien brauchen wir allerdings ein positives Umfeld im Gesamtmarkt. Wir sind vom Chance-Risiko-Profil her betrachtet für den Aktienmarkt derzeit recht positiv gestimmt, da unserer Meinung nach die negativen Meldungen mittlerweile eingepreist sind.

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