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Superzyklus voraus: JPMorgan-Analyst sieht Fiskalpolitik und erneuerbare Energien als Treiber für Rohstoffpreise

31.03.22 22:47 Uhr

Superzyklus voraus: JPMorgan-Analyst sieht Fiskalpolitik und erneuerbare Energien als Treiber für Rohstoffpreise | finanzen.net

Der Krieg in der Ukraine schürt in den westlichen Ländern die Angst vor einer Rohstoffknappheit. Aber auch unabhängig von dem Angriffskrieg Russlands dürfte sich ein Superzyklus im Rohstoffmarkt abzeichnen, wie JPMorgan-Stratege Tilmann Galler prognostiziert.

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• Defizit an den Rohstoffmärkten erwartet
• Warnung vor "Superzyklus"
• Niedrigere Investitionsbereitschaft unter Energieunternehmen

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Neuer Rohstoff-Superzyklus steht bevor

Der Krieg in der Ukraine führt den westlichen Ländern aktuell vor Augen, dass bei der Versorgungssicherheit der Rohstoffmärkte noch deutlicher Nachholbedarf besteht. Zuletzt stand EU-weit auch immer wieder ein mögliches Öl-Embargo gegen Russland zur Diskussion, Bundeskanzler Olaf Scholz lehnte diese Maßnahme aber wiederholt ab. Auf die Forderung Putins, westliche Staaten müssten Gaslieferungen nun in Rubel bezahlen, reagierten die G7-Staaten mit einer Absage. Eine mögliche Eskalation des Konflikts wäre nun ein Liefer-Stopp von Seiten Russlands.

Bislang argumentierten die Vertreter der Zentralbanken immer wieder, dass der Anstieg der Rohstoffpreise nur temporär sei und mit der schnellen Erholung der Wirtschaft nach dem Corona-Crash im Frühjahr 2020 einhergehe. JPMorgan-Kapitalmarktstratege Tilmann Galler sieht dies jedoch anders. So sieht er im Rohstoffbereich - auch unabhängig vom Krieg in der Ukraine - einen "neuen Superzyklus" kommen. "Denn die Balance zwischen Rohstoffangebot und Nachfrage beginnt sich zu verändern. Zahlreichen Rohstoffmärkten droht in den kommenden Jahren ein Defizit", so der Analyst in einer Mitteilung der Großbank.

Fiskalpolitik der Industrieländer treibt Rohstoffpreise an

Als Grund für den drohenden Rohstoffsuperzyklus sieht der Stratege einerseits die Fiskalpolitik der Industrieländer. So sei der Trend zu erkennen, dass immer mehr Länder höhere Staatsausgaben in Kauf nehmen, um die konjunkturelle Entwicklung voranzutreiben. Die so durch die Regierungen generierte Nachfrage führt Galler zufolge wiederum zu einem erhöhten Bedarf nach Konsum- und Investitionsgütern - und damit auch nach Rohstoffen.

Erneuerbare Energien als Auslöser für Preisanstiege

Andererseits dürften erneuerbare Energien den von Galler befürchteten Superzyklus auslösen. "Die Verpflichtung der großen Industrienationen, langfristig die Netto-Neuemissionen der Treibhausgase auf null zurückzuführen, verlangt gewaltige Investitionen in die Energieinfrastruktur und das Verkehrswesen sowie schärfere Regulierung, um das Verbrennen fossiler Brennstoffe unattraktiver zu machen", so der Experte. "Das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 macht es erforderlich, den Anteil von Öl und Kohle am Gesamtenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 15 Prozent zu senken." Auch der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine habe gezeigt, wie dringlich die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen sei. Damit dürfte die Nachfrage nach Öl, Gas und Kohle langfristig sinken, während Windkraft und Solarenergie deutlich mehr gefragt sein dürften. Dennoch: Die Preise für die traditionellen Energiequellen dürften damit aber nicht sinken, so Galler. Dies liege daran, dass sich die Energiebranche bereits auf den Nachhaltigkeitstrend eingestellt habe. Rohstoffunternehmen würden seit 2016 weniger Kapital in neue Projekte zur Energiegewinnung investieren, sondern die Überschüsse an ihre Aktionäre auszahlen. "Der aktuelle Mangel an Investitionen kann in einigen Jahren zu einer strukturellen Unterversorgung in zahlreichen Schlüsselrohstoffen führen", befürchtet der Analyst.

Auch Preisanstieg für Industriemetalle erwartet

Sollten die Preise für fossile Energien tatsächlich steigen, könnte dies den Siegeszug der erneuerbaren Energien aber unterstützen, so Galler weiter. So muss für den Betrieb von Windkraftanlagen oder Solarmodulen initial kein Brennstoff verwendet werden, wie es etwa bei Kohlekraftwerken und Gasanlagen der Fall ist, dafür werden für den Betrieb der nachhaltigen Anlagen aber mehr Grundmaterialien benötigt. "Um ein Kohlekraftwerk durch Offshore-Windkraftanlagen zu ersetzen, wird die sechsfache Menge an Mineralien […] benötigt", wie Galler aufzeigt. Und auch für die Herstellung von Batterien, die beim Wechsel von Autos mit Verbrennungsmotoren hin zu E-Autos essentiell sind, sei ein hoher Bedarf an Industriemetallen wie Kupfer, Nickel, Aluminium und Kobalt nötig. "Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen und das Preispotential werden sich in den nächsten Jahren signifikant erhöhen", erklärt Galler.

Chance für Substanzwerte und Dividendenaktien

Doch welche Auswirkungen könnte ein solcher Superzyklus im Rohstoffbereich haben? Galler zufolge habe das letzte vergleichbare Ereignis zwischen 2002 und 2011 stattgefunden, wodurch zahlreiche Minen- und Förderprojekte umgesetzt wurden. Daraufhin kam es zu einem Überangebot, das wiederum in stark sinkenden Rohstoffpreisen resultierte. "Für rohstoffverarbeitende und energieintensive Industrien bedeutete das erhebliche Effizienzgewinne und für Konsumenten eine relative Preisstabilität beim Endprodukt", hält Galler fest. Beim sich nun anbahnenden Superzyklus werde es aber anders ablaufen, ist sich der Experte sicher. So könnten sich Energieunternehmen zwar über hohe Erträge freuen, Konsumenten könnten aber das Nachsehen haben. "Aus Investorensicht kann ein neuer Rohstoffsuperzyklus zu einer tektonischen Verschiebung an den Börsen führen", befürchtet der Stratege. "Substanzwerte und Dividendenaktien, die großen Verlierer des vergangenen Jahrzehnts, haben aufgrund des relativ hohen Anteils an Rohstoff- und Energieunternehmen zukünftig kräftigen Rückenwind."

Redaktion finanzen.net

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