Drohen Europa Stromausfälle? Analysten warnen vor Energiemangel bei Russland-Embargo
Analysten sehen die Gefahr einer Angebotsverknappung von Öl, sofern die westlichen Staaten ein Embargo gegen die russischen Öl- und Gas-Lieferungen verhängen. Besonders Europa dürfte darunter leiden. Welche konkreten Auswirkungen hätte ein Russland-Embargo?
Werte in diesem Artikel
• Ausfall russischen Öls global kaum kompensierbar
• Alternative Energieformen reichen noch nicht aus
• Bundeswirtschaftsminister Habeck gegen Russland-Embargo
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Zumindest kurz- bis mittelfristig, so warnen Analysten gegenüber CNBC, würden erhöhte Fördermengen anderer Ölexporteure nicht ausreichen, um im Falle eines Embargos gegen Russland den weltweiten Energiehunger zu stillen. Auch die Kapazitäten von erneuerbarer Energie seien noch nicht weit genug entwickelt, um den vollständigen Lieferausfall russischen Öls zu kompensieren. Bei dieser Einschätzung muss aber zwischen den verschiedenen Weltregionen differenziert werden: Während die USA, die vergangene Woche ein Öl-Embargo gegen Russland verhängten, gut ohne russisches Öl auskommen dürften, müssten die europäischen Staaten zumindest in den kommenden Monaten mit erheblichem Energiemangel rechnen.
OPEC wird russisches Öl nur teilweise kompensieren
Russland ist weltweit nach den USA und Saudi-Arabien der drittgrößte Ölproduzent und exportierte bislang mehr als die Hälfte seiner Fördermengen. Die EU bezieht 43 Prozent ihres Gases und 25 Prozent ihres Öls aus Russland. In Deutschland liegt die Abhängigkeit von Russland besonders hoch: 2020 importierte Deutschland 34 Prozent seines Öls und sogar 55 Prozent seines Gases aus Russland. Ungarn, Italien oder die baltischen Staaten importieren ebenfalls hohe Mengen an Gas und Öl aus Russland. Folglich müssten viele westliche Länder bei einem Russland-Embargo schnell die Importmengen aus anderen Förderländern erhöhen. Vandana Hari, Gründerin der Energieagentur Vanda Insights, prognostiziert gegenüber CNBC, dass allerdings nur zwei der insgesamt fünf Millionen Barrel Rohöl pro Tag, die Russland zuvor exportierte, durch eine Förderausweitung anderer Öl-Staaten ersetzt werden könnten. Aber selbst dafür müssten Saudi-Arabien, Irak, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate die Förderung "gleichzeitig auf die maximale Kapazität erhöhen", so Vandani. Dies würde wiederum voraussetzen, dass die Organisation ölexportierender Staaten (OPEC) ihr Produktionsquotensystem abändert, da die Fördermengen aus Preissetzungsgründen noch stark vorgeschrieben sind. Jedoch konnten sich die Mitgliedsstaaten der OPEC bislang nicht auf eine signifikante Ausweitung der Fördermengen einigen.
Kehrtwende: USA an Venezuelas Öl interessiert
Im Jahr 2020 kamen nach Informationen der U.S. Energy Information Administration acht Prozent der amerikanischen Ölimporte aus Russland. Dank erhöhter Fördermengen im eigenen Land sind die USA weniger von dem Russland-Embargo betroffen. Doch auch die USA werden sich nach Alternativen umschauen müssen, um das russische Gas zu ersetzen. Neuerdings interessieren sich die Amerikaner deshalb für venezolanisches Öl, das sie 2019 aufgrund der Menschenrechtsverletzungen und Wahlfälschungen in Venezuela noch mit Sanktionen versehen hatten. Informationen von Reuters zufolge prüfen die USA derzeit, die Erdölsanktionen zu lockern - unter der Voraussetzung, dass Venezuela sein Öl direkt in die USA exportiert. Doch Vandani betont, dass venezolanisches Öl "nicht einmal annähernd ausreichen würde, um die Unterbrechung der russischen Lieferungen zu kompensieren." Sicherlich die beste Alternative zum russischen Öl sind deshalb erneuerbare Energiequellen.
Erneuerbare Energieformen können Öl noch nicht ersetzen
Regina Mayor, Leiterin des Energie-Sektors bei KPMG in den USA, erwartet "sehr bald" eine fundamentale Veränderung der Energieinfrastruktur, weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energieformen. Zwar würden Öl und Gas für die Energiestabilität weiterhin essentiell bleiben, aber die Rohstoff-Turbulenzen der vergangenen Wochen hätten die Bedeutung von alternativen Energieformen nochmals untermauert. An der Börse, wo bekanntlich die Zukunft gehandelt wird, sprangen aus diesem Grund infolge des russischen Ukraine-Überfalls die Aktien einiger Clean-Energie-Unternehmen wie Nordex, Vestas oder Plug Power zwischenzeitlich nach oben. Doch es steht außer Zweifel, dass erneuerbare Energieformen zumindest in den nächsten Jahren nicht ausreichen werden, um die globale Energienachfrage zu decken.
Habeck warnt vor Wirtschaftseinbruch bei Embargo
Drohen Europa bei einem Russland-Embargo also Stromausfälle? Analystin Hari formuliert es drastisch: Falls die russischen Energielieferungen tatsächlich vollends ausfallen werden, hieße es "lights out" in Europa. So warnte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) kürzlich in der ZDF-Sendung heute journal vor "schweren wirtschaftlichen Schäden", sollte es zu einem Energie-Embargo gegen Russland kommen. Es gehe deshalb laut Habeck darum, sich möglichst schnell "aus der Klammer von russischen Importen" zu befreien. Derzeit arbeite Deutschland mit Hochdruck daran, die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu verringern. Der Grünen-Politiker gab in den letzten Tagen hierzu positive Signale und hält es, einem Artikel von Merkur zufolge, für möglich, dass Deutschland bereits Ende 2022 vollständig unabhängig von russischen Öl-Importen sein wird. Somit wird Deutschland wohl auch ohne ein Embargo in den kommenden Jahren immer weniger Gas und Öl aus Russland importieren.
Redaktion finanzen.net
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