Energie-Experte mit düsterer Prognose: Heizöl und Diesel könnten noch teurer werden - doch es gibt ein "Fünkchen Hoffnung"
Während der Benzinpreis eine abnehmende Tendenz aufweist und sich auch die Ölpreise generell von ihrem Jahreshoch entfernt haben, wird Heizöl und Diesel immer teurer. Energie-Experte Thomas Puls rechnet mit weiteren Preissteigerungen - doch er sieht auch Anzeichen für vorsichtigen Optimismus an der Preisfront.
Werte in diesem Artikel
• Wegfall der russischen Raffinerien zur Dieselproduktion erhöhen Preisdruck
• Hohe Nachfrage nach Heizöl treibt Preise auch für Diesel an
• Globale Rezession könnte für Entspannung der Diesel- und Heizölpreise sorgen
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Fahrer eines Dieselautos müssen derzeit eine hohe Leidensfähigkeit an den hiesigen Tankstellen unter Beweis stellen. Seit Wochen steigt der Dieselpreis kontinuierlich an, während der Benzinpreis tendenziell sinkt. Die Ölpreise haben sich nämlich deutlich von ihrem Jahreshoch vom 7. März 2022 bei 139,13 US-Dollar pro Barrel Brent-Öl (ca. 159 Liter) entfernt. Derzeit liegt der Brent-Ölpreis nur noch bei 88,33 US-Dollar pro Barrel (Stand: 23. September 2022). Wie kommt es also, dass der Dieselpreis trotzdem nicht fällt - und inzwischen trotz niedrigerer Besteuerung merklich höher liegt als der Preis für Super-Benzin?
Verknappung des Dieselangebots in Europa durch Wegfall russischer Lieferungen
Die Tankstellen seien nicht Schuld an den hohen Dieselpreisen, betont Energie-Experte Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gegenüber "Business Insider". Heizöl - das chemisch betrachtet beinahe identisch mit Diesel ist - ist nämlich ebenfalls deutlich teurer geworden: Dem Statistischen Bundesamt zufolge kostet Heizöl satte 111 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Für hundert Liter Heizöl muss man inzwischen mehr als 155 Euro zahlen, vor einem Jahr lag dieser Preis mit circa 75 Euro bei knapp der Hälfte.
Es sind also andere Gründe für den Dieselpreisanstieg zu suchen. "Vor Kriegsbeginn hatten wir eine ziemlich enge Kopplung von Diesel und Benzin an den Rohölpreis. Das lief nahezu perfekt im Einklang, aber seit Juni koppelt sich der Dieselpreis ab", sagt Energie-Experte Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). Die Abkoppelung erklärt Puls mit den ausgefallenen Lieferungen raffinierten Öls aus Russland. "Russland ist ein wichtiger Raffinerie-Standort, die ihr selbst gefördertes Öl verarbeiten, ihre Produkte aber nicht selbst verbrauchen und somit in die Welt verkaufen. Ihre Kapazitäten sind die drittgrößten der Welt. Nach den USA und China", erklärt Puls. Angesichts der weiteren Eskalation im Ukraine-Krieg kann eine Wiederaufnahme der russischen Diesellieferungen definitiv ausgeschlossen werden.
Neusortierung der Lieferketten braucht Zeit - und treibt die Preise an
Statt aus Russland fragt Deutschland vermehrt Öl und Diesel aus Saudi-Arabien nach. Jedoch braucht die Neusortierung der Lieferwege Zeit und kann nicht von heute auf morgen erfolgen. Zudem: Die bereits zuvor eklatanten Lieferkettenprobleme, die auf Verwerfungen des globalen Handels infolge der COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, haben sich durch den Ukraine-Krieg weiter verschärft. Die Transportwege haben sich in vielerlei Hinsicht verändert, die Umstellung auf diese Veränderungen bringen die Fahrpläne der immer knapper werdenden Containerschiffe durcheinander. Auch die chinesischen Zero-COVID-Lockdowns haben die Fahrpläne der Schiffe kräftig durcheinandergewirbelt. Die Folge sind gesteigerte Lieferpreise, die durch die hohen Energiepreise weiter befeuert werden - übrigens ein wichtiger Grund für die weltweit ausufernden Inflationsraten.
Hohe Nachfrage treibt Heizölpreise an
Neben des Wegfalls der russischen Raffinerien zur Heizöl- und Dieselproduktion ist auch die hohe Nachfrage ein Grund für die Steigerung der Heizölpreise in Deutschland. "Wir sehen, dass die Industrie bei bestimmten Produktionsprozessen verzweifelt versucht, wieder vom Gas auf Diesel, also Heizöl umzustellen. Dabei ist das ja eigentlich ein Auslaufmodell gewesen." Zwar sei man von den Mengen, die Deutschland noch 1980 an Heizöl verbraucht habe, weit weg, doch "das geht natürlich derzeit ganz stark in die Nachfrage ein". Dies könnte auch in den kommenden Monaten für weitere Preissteigerungen sorgen, meint Puls.
Europäische Raffinerien voll ausgelastet
Man könnte einwerfen, dass nun in Deutschland und generell Europa mehr Diesel hergestellt werden müsse. Doch hier sind die Kapazitäten voll ausgelastet. Eine rasche Steigerung der Produktionszahlen sei technisch nicht so leicht umzusetzen, gibt Puls zu Bedenken. "Was derzeit am meisten gebraucht wird, ist nicht Öl, sondern Diesel. Aber die Produktion lässt sich eben nicht beliebig hochfahren." Es könne nur in einem gewissen Maße technisch reguliert werden, wie viel Diesel am Ende aus den Raffinerien kommt. Ebenfalls könnte nicht noch mehr Öl verarbeitet werden, um mehr Diesel zu erzeugen, da in Europa quasi alle Raffinerien voll ausgelastet sind. Insgesamt betrachtet gibt es also "kaum freie Kapazitäten und keine Reserven" von Diesel, das deshalb in den letzten Monaten zu einem so begehrten Kraftstoff geworden ist. In anderen Worten: Es gibt eine hohe Nachfrage, aber nur ein geringes Angebot an Diesel. Diese Diskrepanz könnte sich in den kommenden Wochen weiter verstärken - weitere Preissteigerungen wären die Folge.
Dies könnte Dieselfahrern und Ölheizungs-Haushalten etwas Hoffnung machen
Jedoch beendet Puls das Interview mit einem kleinen Muntermacher. Er sieht nämlich die Möglichkeit eines künftigen Preisrückgangs. Die abkühlende Konjunktur verringere die Nachfrage nach Energie, was sich bereits an den fallenden Preisen einiger Rohstoffe wie von Öl über Silber bis hin zu Kupfer ablesen lässt. Schrumpft die Wirtschaft, wird weniger verschifft und transportiert, wodurch die Energiepreise sinken. Auch beim Dieselpreis könnte sich dadurch Entspannung andeuten. Besonders China spielt hier als großer Dieselabnehmer eine wichtige Rolle. "Wenn sich in China die Anzeichen für eine Rezession verdichten oder massive Lockdowns verhängt werden, werden sie weniger Diesel benötigen. Das könnte den Markt entspannen und zu einem Fall des Preises führen", meint Puls. So könnten Dieselfahrer oder auch Haushalte, die mit Öl heizen, zumindest partiell von einer Rezession profitieren. Tatsächlich haben die Diesel- und Heizölpreise in den letzten Tagen infolge der Rezessionssorgen an den Kapitalmärkten deutlich abgenommen. Ebenfalls bahnt sich eine leichte Entspannung der Lieferkettenprobleme an.
Redaktion finanzen.net
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