S&P Fokus Finanzmarkt

Versorgungssicherheit trotz Energiewende

09.09.14 16:00 Uhr

Versorgungssicherheit trotz Energiewende | finanzen.net

Die EU und Deutschland haben sich ehrgeizige Energie- und Klimaziele gesetzt.

Die derzeit geltenden Energie- und Klimaziele der EU bis 2020 sehen eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 vor. Gemäß einem Vorschlag der EU-Kommission im Januar 2014 soll der CO2-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent, bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent verringert werden.

Wer­bung
Öl, Gold, alle Rohstoffe mit Hebel (bis 20) via CFD handeln (schon ab 100 €)

Partizipieren Sie an Kursschwankungen bei Öl, Gold und anderen Rohstoffen mit Hebel und kleinen Spreads! Mit nur 100 Euro können Sie durch einen Hebel mit der Wirkung von 2.000 Euro Kapital handeln.

Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.

Steigender CO2-Ausstoß

Die Entwicklung hinsichtlich des CO2-Ausstoßes stellt sich jedoch derzeit schwierig dar. Die Preisgestaltung im Bereich konventioneller Stromerzeugung sowie Auslastung der Kraftwerke erfolgt durch Angebot und Nachfrage. Das heißt für den konventionellen Strommarkt: Bei niedriger Nachfrage kommen Erzeugungsanlagen mit niedrigen Marginalkosten (z.B. Brennstoff- und CO2-Kosten), typischerweise Nuklear- und Braunkohleproduktion mit günstiger Brennstoffkomponente, zum Einsatz. Bei steigender Nachfrage kommen Steinkohle und Gaskraftwerke hinzu. Den Marktpreis bestimmt immer das letzte, und damit das teuerste, Kraftwerk in der Rangfolge.

Derzeit haben wir relativ hohe Brennstoffkosten für Gaskraftwerke und einen sehr niedrigen CO2-Emissionspreis, der seine Lenkungsfunktion nicht mehr erfüllt. Weil es günstiger ist, Strom mit Braunkohle oder Steinkohle zu produzieren, laufen klimafreundlichere Gaskraftwerke nur sehr selten. Entsprechend steigt der CO2-Ausstoß wieder.

Gefahr für die Versorgungssicherheit?

Damit auch in Zukunft die für einen hoch entwickelten Industriestandort wie Deutschland äußerst wichtige Versorgungssicherheit gewährleistet ist, müssen ausreichende und angemessene Kapazitäten für die Stromerzeugung und -verteilung zur Verfügung stehen. Das Commodity-Geschäft, vor allem im Bereich der konventionellen Stromerzeugung, ist in letzter Zeit aber äußerst volatil geworden: Das Geschäft ist sehr kapitalintensiv, Investitionshorizonte sind lang, so dass derzeit die Investitionen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht darstellbar oder überaus riskant sind. Wenn dadurch mittelfristig die für die Energieinfrastruktur nötigen Investitionen außerhalb der Netze fehlen, könnten wir in einigen Jahren ersthafte Probleme mit der Versorgungssicherheit bekommen.

Notwendige Energiespeicher

Eine große Herausforderung für das gesamte System ist die Entwicklung von Energiespeichern. Ohne leistungsstarke Energiespeicher im industriellen Maßstab wäre es auch künftig notwendig, eine teure doppelte Erzeugungsinfrastruktur für den Strom bereitzuhalten - einmal erneuerbar und einmal konventionell als Backup für die windstillen und verregneten Tage. Diese Doppelstruktur sowie die zusätzliche Erhöhung der Systemkosten durch den Netzausbau dürften sich noch lange in den Stromrechnungen bemerkbar machen - zu Lasten der Akzeptanz bei der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.

Von Tuomas Ekholm, Director Corporate Ratings, Standard & Poor’s Ratings Services Frankfurt

Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Rating Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de



Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.