Geldanlage-Report Armin Brack

Droht neue Ölkrise?

03.03.11 11:29 Uhr

Droht neue Ölkrise? | finanzen.net

Keine Panik!

Werte in diesem Artikel
Rohstoffe

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Lieber Geldanleger,

der aktuelle Ölpreisanstieg ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr die Finanzmärkte von Emotionen wie Angst und Gier regiert werden.

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Lesen Sie, warum der Anstieg des Ölpreises auf Basis einer reinen Angebots-/Nachfrage-Betrachtung kaum gerechtfertigt ist und warum die Marktteilnehmer trotzdem durch panikartige Käufe den Preis in die Höhe treiben.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die neueste Entwicklung des Ölpreises (Stand Freitag 14.00 Uhr): Nachdem der Ölpreis gestern zum Schluss des US-Handels stark ins Minus gerutscht war und sich von den Höchstständen von über 100 US-Dollar entfernt hatte, ist momentan bereits wieder ein leichtes Anziehen der Notizen feststellbar. Ein Barrel (159 Liter) der US-Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August notiert bei ca. 97,50 US-Dollar, ein Barrel der Norseesorte Brent schlägt mit 122,20 US-Dollar zu Buche.

(Die Preisdifferenz zwischen WTI und Brent hat übrigens nichts mit den aktuellen Entwicklungen zu tun, sondern liegt u.a. an der bereits seit längerem höheren Nachfrage in Europa im Vergleich zu den USA, dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine, der Kältewelle in Europa und anderen temporären Effekten.)

Der obige Chart zeigt den enormen Preisspike durch die Unruhen in den arabischen Ländern. Erst mit dem Übergriff auf Libyen ist tatsächlich ein wichtiges Öl exportierendes Land betroffen.

Libyen liefert täglich etwa 1,6 Millionen Barrel, davon werden 80 Prozent nach Europa exportiert. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass momentan nur 400.000 Barrel am Tag tatsächlich ausfallen. Einige vor Ort ansässige westliche Ölproduzenten hatten ihre Mitarbeiter auf Grund der Gefahren abgezogen und die Produktion vorübergehend stillgelegt.

Saudi-Arabien hat nach eigenen Angaben aber zusätzliche Produktionsreserven von über vier Millionen Barrel am Tag und die Produktion auch bereits erhöht. Selbst ein Komplettausfall Libyens könnte damit wettgemacht werden.

Das einzige Problem liegt momentan darin, dass die Ausfälle sich auf sehr hochwertiges, leichtes Öl beziehen, das Saudi-Arabien aber nach Meinung von Experten nur schwer liefern kann. Insbesondere europäische Investoren sicherten sich deshalb an den Futures-Märkte mit Vorratskäufen gegen eine mögliche Knappheit bzw. Versorgungsengpässe ab.

Ganz nachvollziehbar ist das trotzdem nicht, denn auch die Vorratslager sind weltweit immer noch prall gefüllt.

*Angst vor einem Übergriff der Krise auf Saudi-Arabien

Die Gefahr an der aktuellen Konstellation ist eigentlich die gleiche wie immer: Sollte es zu Engpässen kommen, gibt es im Prinzip nur ein Land, das ausreichend hohe Förderkapazitäten hat, um im Notfall einzuspringen - und das ist das oben genannte Saudi-Arabien.

Diese Abhängigkeit von den Saudis und ihrem König Abdullah ist es, was Institutionelle Anleger und Spekulanten gleichermaßen in helle Aufregung versetzt. Denn sollten die Unruhen tatsächlich auf Saudi-Arabien übergreifen und Teile der dortigen Ölproduktion gefährdet sein, würde tatsächlich eine neue Ölkrise wahrscheinlich. Zu dominant ist das Königreich mit seinen von der OPEC auf 3,76 Millionen Barrel je Tag taxierten Reserven im Verhältnis zu den OPEC-Gesamtreserven von 4,65 Millionen Barrel. Letztere machen wiederum 80 Prozent der Weltproduktion aus.

Daher leuchtet es auch ein, dass sich der Ölpreis erst beruhigt hat, als am Donnerstag Abdullah nach seiner Rückkehr aus Marokko ein milliardenschweres Wohlfahrtspaket für die Bevölkerung angekündigt hat: Geschätzte 36 Milliarden US-Dollar sollen an Sozialmaßnahmen an die Bewohner fließen.

Neue Kundgebungen gegen das Regime sind nun erst für den 11. März angekündigt. Die entscheidende Frage ist, ob sich die Lage bis dahin bereits wieder etwas beruhigt hat.

Unmittelbare neue Gefahren könnten sich allerdings durch Unruhen in Algerien und vor allem dem Iran ergeben. Dort kam es bereits zu ersten Unruhen und der Iran ist mit einer Förderung von 3,7 Millionen Barrel weltweit der nach Saudi-Arabien zweitwichtigste Produzent.

Die Lage dürfte also vorerst angespannt bleiben.

*Die scheinheiligen Hilfsmaßnahmen der OPEC

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die scheinheilige Rolle der OPEC im weltweiten Ölpoker. Was viele nicht wissen:

Saudi-Arabien hält gigantische Reservekapazitäten, bei denen die Förderkosten je nach geologischen Bedingungen bei zehn bis 40 US-Dollar je Barrel liegen, bewusst zurück. Das heißt: Öl könnte viel günstiger sein, wenn die Saudis und die OPEC ein Interesse daran hätten und mit offenen Karten spielen würden.

Die OPEC hätte die Möglichkeit durch eine schnelle Erhöhung der Förderkapazitäten die Angst sofort aus dem Markt zu nehmen. Die Argumentation der Organisation der erdölexportierenden Länder, wonach das die Märkte nur beunruhigen und die Preise weiter nach oben treiben würde, ist eher fadenscheinig und scheinheilig.

Bereits in den Boomjahren 2006 bis 2008, als der Ölpreis sein bisheriges Allzeit-Hoch bei knapp 150 US-Dollar je Barrel erreichte, hatte die OPEC nur sehr zögerlich und spät mit einer Erhöhung der Fördermenge reagiert und so den Anstieg indirekt unterstützt.

Die Gewinne der OPEC-Länder steigen nach den Zahlen der Energy Information Administration (EIA) von hohem Niveau aus weiter massiv an. Die Exportgewinne dürften 2010 bereits bei 750 Milliarden US-Dollar gelegen haben gegenüber 571 Milliarden in 2009. Für 2011 werden Gewinne in Höhe von 847 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Natürlich hat die OPEC kein Interesse an einer Ölkrise, die wiederum eine erneute weltweite Rezession verursachen könnte. Denn dann würde der Ölpreis wegen der zurückgehenden Nachfrage ebenfalls deutlich fallen und damit auch die Gewinne der OPEC-Staaten fürchten. Aber durch cleveres Taktieren, den aktuellen Preis möglichst hoch zu halten, daran hat die OPEC sehr wohl ein Interesse.

*Wie Sie als Anleger sich jetzt verhalten sollten

Auch wenn die Situation angespannt ist und Anleger wachsam sein sollten, so besteht kein Grund zur Panik. Im Gegenteil: Die Chancen, dass sich der Ölpreis nun zunächst wieder beruhigt und sogar etwas zurückkommt, sind nicht schlecht.

Die Reaktion der Aktienmärkte muss vor dem Hintergrund des zuletzt stark überkauften Marktes gesehen werden. Der DAX notiert aktuell immer noch fast 30 Prozent höher als vor Jahresfrist. Seit September 2010 war der Markt fast ununterbrochen gestiegen. Eine Korrektur war überfällig.

Die Marktteilnehmer nehmen die Unruhen im Mittleren Osten teilweise wohl auch als willkommenen Anlass, um endlich Gewinne mitzunehmen.

Gut möglich, dass wir die kurzfristigen Korrekturtiefs bereits gesehen haben und der Markt angesichts der weiter guten Rahmenbedingungen für Aktien nun wieder nach oben läuft und bald neue Hochs markiert.

MEIN FAZIT:

- Es droht keine neue Ölkrise. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Unruhen auf Saudi-Arabien überschwappen ist gering. Ein kleiner Unsicherheitsfaktor ist der Iran.

- Die Korrekturtiefs könnten bereits hinter uns liegen. Die Rahmenbedingungen für Aktien sind weiter gut.

Viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage wünscht Ihnen

Ihr
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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