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Erneuerbare Energien – Investieren gegen den Klimawandel

16.11.12 09:42 Uhr

Erneuerbare Energien – Investieren gegen den Klimawandel | finanzen.net

Lange Zeit galten Investitionen in erneuerbare Energienvor allem als ideell begründet.

In den letzten Jahren hat die technische Zuverlässigkeit stark zugenommen, die Investitionskosten sind deutlich gesunken und ein gesellschaftlicher Wandel hat stattgefunden. Nachhaltige Energieversorgung wird nicht mehr als Barriere für wirtschaftliches Wachstum wahrgenommen, sondern hat eine breite gesellschaftliche Akzeptanz gefunden. Erneuerbare Energien sind mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen und seit der Ausgestaltung von staatlichen Anreizmechanismen hat eine breite Investorenschicht diesen Markt für sich entdeckt.

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Zwei Unfälle erschütterten den Glauben an die gesellschaftliche Tragfähigkeit fossiler und atomarer Energien: die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko, ausgelöst durch den Unfall auf der Ölförderplattform „Deep Water Horizon“ in 2010, und die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011. Weltweit haben Regierungen auf diese Vorfälle reagiert und ihre Energiestrategie angepasst.

Mit Neuinvestitionen in Höhe von über 200 Mrd. $ im Jahr 2011 zeigten vor allem Europa, die USA und China, dass die erneuerbaren Energien (EE) zukünftig eine Schlüsselrolle spielen werden. Deren Entwicklung bedarf weitreichender Anreizprogramme und Fördermechanismen. Bei der Ausgestaltung dieser Programme liegen Deutschland, Italien und die USA an der Spitze: Vier Fünftel aller Ausgaben entfallen auf diese drei Länder. Global steht Europa bei den Neuinvestitionen eindeutig auf dem ersten Platz (siehe Schaubild 1), gefolgt von China und den USA (101 Mrd. $, 52 Mrd. $ und 51 Mrd. $). Zukünftig werden auch Indien und Brasilien stärker in den Fokus von Investoren rücken.

2011 stiegen die globalen Investitionen im Bereich erneuerbare Energien insgesamt auf einen neuen Rekord von knapp 260 Mrd. $. Bloomberg New Energy Finance prognostiziert einen anhaltenden Trend und erwartet für 2030 eine jährliche Investitionssumme von 461 Mrd. $.

Im Zuge der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 kündigten große Volkswirtschaften wie China und die USA grüne Programme zur Stimulierung der Wirtschaft von insgesamt 113,5 Mrd. $ an. Viele staatliche Haushalte in den Industrieländern stehen allerdings unter Druck. Es wird vermehrt Kritik am System der EE-Förderung laut: Spanien beispielsweise kürzte die Förderung für Photovoltaik über eine Begrenzung der Volllaststunden sogar rückwirkend für bestehende Anlagen. Und neue Vorhaben werden nur noch in stark begrenztem Umfang unterstützt. Auch bei Griechenland ist fraglich, ob in Zukunft ausreichend finanzielle Mittel für das dortige Photovoltaikprogramm zur Verfügung stehen.

Dennoch wird deutlich, dass erneuerbare Energien in vielen Bereichen den Kinderschuhen entwachsen sind. Nachhaltige Energieversorgung wird weitgehend nicht länger als Barriere für wirtschaftliches Wachstum wahrgenommen, sondern wirkt sich positiv auf das Bruttoinlandsprodukt der jeweiligen Länder aus. Ausgehend von Europa hat sich die anfängliche Nische somit global zu einem etablierten Markt entwickelt.

Solar- und Windenergie weiter im Trend

Im Bereich erneuerbare Energien sind die momentan wichtigsten Investitionsfelder Solar- und Windenergie. Die Gesamtinvestitionssumme aus dem Jahr 2011 verteilt sich zu 90 % auf diese beiden Bereiche (siehe Schaubild 2).

Der Bereich Solarenergie umfasst zwei Teilsegmente: zum einen die Solarthermie, welche die Wärmeenergie der Sonne energetisch verwertet, zum anderen die Photovoltaik (PV), die unter Ausnutzung des photoelektrischen Effekts Strom erzeugt. Letztere ist für Investoren bedeutsamer. Der Bereich PV umfasst die Wertschöpfungsstufen von der Herstellung der technischen Komponenten (Module, Wechselrichter, Montagesysteme), über die Errichtung und Installation bis hin zum Betrieb der PV-Anlage.

Das Investitionsvolumen im Bereich der Solarenergie stieg weltweit von 58,0 Mrd. $ (2009) auf 147,4 Mrd. $ (2011). Gemessen am absoluten Zubau der Kapazitäten von global 29,7 GWp in 2011 ist Europa mit 21,9 GWp (75 %) Weltmarktführer. Italien (+9,3 GWp) und Deutschland (+7,5 GWp) stellten dabei 60% aller Neuinstallationen.

Seit 2011 befindet sich die Branche dennoch aufgrund von Überkapazitäten in der Konsolidierungsphase. Das läßt in Zukunft deutlich weniger Akteure auf dem Markt erwarten.

Zwischen 2007 und 2011 haben sich die Systemkosten von PV-Anlagen (inklusive Module, Systemkomponenten und Installation) halbiert. Innerhalb noch kürzerer Zeit (2010 bis 1. Quartal 2012) sanken die Preise für kristalline Modultechnologie um 50 % von 1.800 auf 900 $/kWp. Der größte Preis- und Margendruck dürfte auch zukünftig auf der Modulproduktion liegen. Zum Erreichen der Netzparität (= Wettbewerbsfähigkeit mit dem Strombezug über das Netz, u. a. aus fossilen Energieträgern) bleibt die Kostenreduktion pro installiertem Kilowatt an Kapazität weiterhin im Fokus. In Teilen Süd- und Mitteleuropas konnte im Retailbereich (Haushaltskunden) für photovol taisch erzeugten Strom sogar schon die Netzparität erreicht werden. Für eine vollständige Wettbewerbsfähigkeit sind jedoch noch weitere Preis- und Kostensenkungen entlang der Wertschöpfungskette notwendig.

Windenergie gilt als die wettbewerbsfähigste Form unter den erneuerbaren Energien. Dies schlägt sich auch in der installierten Kapazität deutlich nieder: Bis 2011 wurde in 96 Ländern der Welt eine Kapazität von fast 240 GW festgestellt. Die Gesamtkapazität hat sich somit innerhalb von vier Jahren verdoppelt (2008: 120,9 GW). Damit entspricht die derzeitig installierte Nennleistung etwa der Kapazität von 200 bis 300 Kernkraftwerken.

Weltweit betrugen die Neuinvestitionen in Windenergie 2011 weltweit etwa ein Drittel der Gesamtinvestitionen in erneuerbare Energien, dies entspricht einer Summe in Höhe von über 80 Mrd. $. In absoluten Zahlen wurde 2011 eine Kapazität in Höhe von 41,6 GW installiert. 40 % entfielen dabei auf Installationen in China (18 GW), gefolgt von Europa (10 GW) und den USA (7 GW).

Dominiert wird die Windenergie durch zwei Technologie- bzw. Standortarten: „Onshore“ (auf dem Land) und „Offshore“ (in Küsten gewässern). Die Technologie für Onshore- Anlagen gilt als ausgereift, es sind bereits viele Standorte erschlossen. Deshalb liegen die jährlichen Wachstumsraten auch unter denen der Offshore-Technologie. Moderne Onshore-Anlagen haben in der Regel eine Nennleistung von circa 1 – 3 MW. Insgesamt geht die technologische Entwicklung weiter hin zu größeren Turbinen und Nabenhöhen.

Im Offshore-Bereich sind bereits Anlagen mit einer Leistung von je 10 MW geplant. Der Markt für Offshore-Anlagen ist in Europa am weitesten entwickelt. Hier treiben vor allem Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien und die Niederlande die Entwicklung voran, sich an die schwierigen Bedingungen auf dem Meer anzupassen. Auf den Offshore- Bereich entfielen in 2011 lediglich 3 % des weltweiten Zubaus im Windsegment. Jedoch haben große Volkswirtschaften wie China, Europa und die USA ambitionierte Ausbauziele.

EE-Investitionen bieten langfristige und stabile Cashflows

Erneuerbare Energien sind für Unternehmen, Fondsgesellschaften und institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Versicherungen kein Geheimtipp mehr. Diese Anleger investieren klassisch in Unternehmen – in der Regel über Anleihen und Aktien. Für erneuerbare Energien ist jedoch eine andere Form der Beteiligung relevanter: die direkte Investition in Projekte.

Die Projekt-Attraktivität ist abhängig von den zukünftig erwarteten Cashflows. Die Wertschöpfung erfolgt maßgeblich durch die Vergütung der ins Netz eingespeisten Energie und die anschließende Ausschüttung. Durch staatlich garantierte Einspeisetarife oder langfristige Abnahmeverträge (PPA = „Power Purchase Agreement“) werden vergleichsweise stabile und gut prognostizierbare Cashflows (siehe Schaubild 3) erzielt.

Außerdem entsprechen die langen Laufzeiten ( 20 Jahre) der Anlagen, die tendenziell niedrige Korrelation zu anderen Assetklassen sowie die Nachhaltigkeitsaspekte den Anforderungen insbesondere institutioneller Investoren. Dazu gehören beispielsweise Pensionsfonds und Versicherungen, welche langfristige Verbindlichkeiten decken und große Portfolios diversifizieren müssen.

Das Ausmaß der Risiken und Renditechancen ist abhängig von der Phase, in der sich Investoren an dem Projekt beteiligen. In der Praxis wird vor Baubeginn und dann in Abhängigkeit des Baufortschrittes Kapital an die Projektgesellschaft übertragen. Da im Falle der Einstellung des Bauvorhabens für die Aktiva in der Regel nur ein geringer Liquiditätserlös anfällt, ist die Fertigstellung ein wesentlicher Meilenstein.

Ein Projektabbruch kann vor allem durch offene Fragen der Genehmigung, Verzögerungen in der Fertigstellung bei bevorstehenden Tarifabsenkungen oder falsche bzw. mangelhafte Leistungserbringung eintreten. Ab dem Zeitpunkt, an dem die Anlage Strom einspeist und dieser vertrags- bzw. gesetzeskonform vergütet wird, reduziert sich das Investitionsrisiko deutlich, da die Anlage nun einen positiven Cashflow generiert.

Während der Betriebsphase kann es zu unvorhergesehenen Unterbrechungen oder Stillstand kommen, zum Beispiel im Zuge von Wartungsarbeiten, Defekten oder Engpässen bei der Ersatzteillieferung. Diese Unterbrechungen werden bei erneuerbaren Energien aber zumeist durch Mängel in der Planung, Organisation, Durchführung oder Kontrolle von Betriebsabläufen hervorgerufen. Durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen oder Betriebsversicherungen können ausbleibende monetäre Rückflüsse weitgehend kompensiert werden.

Die Wirtschaftlichkeit eines EE-Projektes hängt neben dem Kaufpreis oder den Herstellkosten entscheidend von der – im Vergleich zu den Prognosen – zur Verfügung stehenden Ressourcenmenge und -qualität ab. Kommt es zum Beispiel zu einem abweichenden Wind- oder Einstrahlungsangebot, ist die Rentabilität des Vorhabens gefährdet. Um dieses Ressourcenrisiko einschätzen zu können, müssen die Standortqualität und die technische Konfiguration vorab hinreichend bewertet werden.

Insgesamt ist für ein erfolgreiches Risikomanagement von Bedeutung, alle potenziellen Auswirkungen der identifizierten Risiken auf die ökonomische Leistungsfähigkeit und Tragfähigkeit zu erfassen. So müssen beispielweise auch die bislang wenig beachteten Entsorgungspflichten und der Rückbau eines EE-Projektes Berücksichtigung finden. Hier empfiehlt es sich, rechtzeitig Rückstellungen für den Rückbau einer Anlage aus den operativen Cashflow zu bilden und diese in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einzubeziehen.

Überschaubare Risiken bieten breite Diversifikationsmöglichkeiten für Investoren

Zusammengefasst hängt das Investitionsrisiko von der verwendeten Technologie, der zugesicherten Vergütung, der Projektphase und natürlich vom Kaufpreis ab. Zur Diversifikation bietet sich die Kombination aus verschiedenen Energieträgern in verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichen Projektbeteiligten an (siehe Schaubild 4).

Photovoltaik und Windenergie sind stark abhängig von den Jahreszeiten. Für beide Energieträger gibt es gute Prognose- Instrumente, um den Jahresertrag vorab abzuschätzen und zu ermitteln. Diese werden insbesondere bei PV bereits als zuverlässig eingeschätzt. Um eine angemessene Wirtschaftlichkeitsberechnung aufzustellen, empfiehlt es sich, mehrere unabhängige Gutachten einzuholen.

Bioenergie liefert gut prognostizierbare Energieflüsse, die jedoch abhängig von der Substrat-Lieferung sowie deren Qualität und Kosten sind. Ist eine konstante Lieferung zu stabilen Preisen sichergestellt, erzeugt die Anlage über das Jahr eine gleichmäßige Energiemenge und somit auch unterjährig konstante Cashflows.

Da erneuerbare Energien zumeist noch auf eine Förderung angewiesen sind, sind die Risiken und Erträge eng an politische Entscheidungen gekoppelt – Veränderungen der wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen sind teilweise schwer vorherzusehen und sie können durchaus auch gegensätzliche Entwicklungen nehmen. Daher bieten sich nicht zuletzt aus diesem Grund regional diversifizierte Investitionen an. Sie bieten die Chance, länderspezifische, geografische oder regulatorische Vorteile auszunutzen, beispielweise unterschiedliche Einstrahlungs- und Windverhältnisse oder Quoten- und Einspeisevergütungs-Systeme. Zu berücksichtigende Kriterien können unter anderem die Globalstrahlung oder die durchschnittliche Windgeschwindigkeit sein sowie unterschiedliche Anreizmechanismen (Umlagefinanzierung, direkte Subventionierung, Quotensystem etc.). Fertigstellungsrisiken durch „vorzeitige“ Insolvenzen oder aufgrund mangelhafter Lieferung können mit unterschiedlichen Herstellern und Projektpartnern ausgeglichen werden.

Der in nächster Zeit bevorstehende Schritt zur Netzparität sollte erneuerbare Energien zunehmend unabhängig von Einspeisetarifen machen. Die verstärkte Annäherung an marktpreisbasierte Vergütungssysteme wird den Markt zwar verändern, die Marktakteure dürften sich jedoch anpassen. Dadurch werden Investitionen in wesentlich mehr Ländern auch ohne Einspeisevergütung attraktiv – immer vorausgesetzt, es gibt einen ausreichend gesicherten Zugang zu den jeweiligen lokalen Energiemärkten.

Mit der wachsenden Integration der erneuerbaren Energien steigen gleichzeitig die Anforderungen an die energietechnische Infrastruktur: Bisher ausgelegt für eine zentralisierte Erzeugung von Elektrizität durch Groß- Kraftwerke, wird Strom nun dezentral aus vielen Erzeugerquellen gewonnen. Folglich entsteht hier Investitionsbedarf in die Netzinfrastruktur – aber auch neue Anforderungen an das Energiemanagement, die Energieeffizienz, moderne Speichertechnologien und intelligente Stromnetze. Vorausschauende Investoren können diese Trends bereits heute beobachten und von der Entwicklung der „sauberen“ Technologien profitieren.

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