Mietpreisboom: Studentenwohnungen werden immer teurer
Studentenwohnungen an den Hochschulstandorten Deutschlands werden immer teurer.
Studenten müssen in den meisten Großstädten und Gebieten real zwischen 9,8 Prozent (Greifswald) und 67,3 Prozent (Berlin) mehr Miete zahlen als noch 2010. Das geht aus dem am Montag vorgestellten Studentenwohnpreisindex im Auftrag des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hervor. Seit vergangenem Jahr zogen die Mietpreise demnach real um 2,2 Prozent (Greifswald) und 9,8 Prozent (Berlin) an. "Es muss mehr gebaut werden, allerdings wachsen die Großstädte sehr stark. Neubauten können den Preisanstieg daher dämpfen, aber nicht stoppen", sagte Studienleiter Michael Voigtländer.
Mit 600 Euro im Mittel bezahlen Studenten in München deutschlandweit am meisten, gefolgt von Frankfurt am Main mit 488 Euro monatlich. Am günstigsten lässt es sich derzeit in Magdeburg wohnen. Dort verlangen Vermieter im Median 200 Euro. Zu den preiswertesten Universitätsstandorten mit unter 300 Euro Miete gehören auch Leipzig, Jena, Greifswald, Kiel, Göttingen und Aachen. Dabei handelt es sich um Angebotsmieten. Wie viel die Studenten am Ende tatsächlich zahlen, wurde nicht erhoben.
Die Studie basiert auf Daten der Internetportale Immobilienscout24 und wg-suche.de. Das IW wollte untersuchen, welche Inserate Studenten finden, wenn sie in eine neue Stadt ziehen, kein Wohnheim-Zimmer erhalten und ausschließlich auf Online-Angebote angewiesen sind. "Die Zahl der Inserate ist noch hoch, aber rückläufig", sagte Voigtländer.
Neben der starken Wohnungsnachfrage in den Großstädten gibt es laut IW einen weiteren Grund für den rasanten Preisanstieg: "Die Ausstattung der Wohnungen ist besser geworden", sagte Voigtländer. Vor allem die Qualität von Neubauten sei gehobener als früher.
Was der Mietanstieg für das Leben der Studenten bedeutet, zeigt ein Blick auf ihr Budget: Laut neuester Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks haben Studenten im Monat 918 Euro zur Verfügung. 2012 lag der Durchschnitt noch bei 842 Euro - das Einkommen ist also seitdem nur um rund neun Prozent gestiegen. Je nach Hochschulstandort geht also zwischen rund einem und zwei Dritteln des Geldes für die eigenen vier Wände drauf.
Der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring schlägt in einer Reaktion auf die IW-Erhebung vor, den Studenten ihre Wohnkosten regional gestaffelt über das Bafög zu erstatten. Der baupolitische Sprecher der FDP, Daniel Föst, sieht dagegen die Lösung im seriellen und modularen Bauen und fordert eine entsprechende Anpassung der Bauordnung: "In einer alternden Gesellschaft mit immer mehr Single-Haushalten brauchen wir innovative und flexible Wohnkonzepte."
Laut der hochschul- und wissenschaftspolitischen Sprecherin der Linke-Fraktion, Nicole Gohlke, ist die Zahl der Studierenden in den vergangenen zehn Jahren deutlich stärker gestiegen als die der Wohnheimplätze. Sie fordert neben bezahlbarem Wohnraum und einer wirksamen Mietpreisbremse ein Bund-Länder-Programm, das speziell Wohnraum für Studierende schafft.
Die Zahl der Studenten habe in Berlin, im Ruhrgebiet sowie in München, Köln und Hamburg stark zugenommen, heißt es in der IW-Studie. Besuchten im Wintersemester 2010/2011 noch 2,22 Millionen Menschen Deutschlands Hochschulen, waren es zum vergangenen Wintersemester bereits 2,84 Millionen Menschen. Erstsemester überlegten aus diesem Grund vermehrt, ob sie nicht in Städten mit weniger starkem Zulauf studieren wollten, sagt Voigtländer.
Der Experte sieht in dieser Entwicklung Chancen: "In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen, die einen erheblichen Fachkräftebedarf haben, wo aber die Mieten deutlich moderater sind." Beispiele dafür seien die Regionen um Jena, Oberfranken oder Südwestfalen. Doch nicht nur Studenten profitieren von den vergleichsweise günstigeren Mieten dort: Weil die Hochschulen die jungen Menschen ausbildeten und diese oftmals auch nach dem Studium in der Region blieben, profitiere die Gegend ebenfalls vom Zuzug. Ferner stießen die Universitäten Innovationen an, die den Unternehmen vor Ort Wettbewerbsvorteile sicherten, hieß es.
Dennoch gibt es laut Studie deutliche regionale Unterschiede: So seien nicht alle Hochschulstandorte gewachsen - in den ostdeutschen Städten Jena, Magdeburg und Greifswald gebe es heute sogar weniger Studierende als noch vor sieben Jahren.
BERLIN/KÖLN (dpa-AFX)
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