Private-Equity-Aktien: Jung, attraktiv, außerbörslich
Gerade kleine und mittlere Unternehmen in privater Hand bieten Investoren große Renditen. Privatanleger haben vor dem Börsengang allerdings kaum Chancen auf eine Beteiligung. Oder doch?
von Federico Schiffrin, Gastautor von Euro am Sonntag
Ein Großteil aller Waren und Dienstleistungen, die wir täglich nutzen, stammt von kleinen und mittleren Unternehmen in privater Hand. Auch viele erfolgreiche Großunternehmen weltweit gehörten lange Zeit zu diesem Marktsegment, das Privatunternehmen mit einem Wert von bis zu einer Milliarde US-Dollar umfasst. Auch Apple hat mal klein angefangen.
Anlegern, die nur börsennotierte Wertpapiere halten, geht daher viel verloren. Gerade Technologieunternehmen bleiben seit den 90er-Jahren zunehmend länger in Privatbesitz und wachsen zunächst auf beachtliche Größe, bevor sie an die Börse gehen. Ein erheblicher Teil ihres Wachstumspotenzials ist dann aber bereits abgeschöpft. Eine mögliche Lösung hierfür bieten Investitionen in Private Equity, denn sie ermöglichen Investoren den Zugang zum hohen Renditepotenzial privater Unternehmen.
Beim Stichwort Private Equity denken viele an Megadeals aus den Schlagzeilen. Wir bei Unigestion sind jedoch der Ansicht, dass das höchste Potenzial eher bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu finden ist, die weniger im Rampenlicht stehen. Dafür gibt es drei Gründe: Erstens sind die Preise für KMU oft attraktiver als die vergleichbarer größerer Unternehmen. Bezogen auf den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kosten KMU oft nur die Hälfte. Gleichzeitig ist der Anteil der Deals, die einen wettbewerbsintensiven Verkaufsprozess durchlaufen, niedriger - so gibt es keinen teuren Bieterwettstreit.
Kleine Unternehmen bringen
Private Equity mehr Rendite
Zweitens arbeiten mittelständische Firmen in der Regel mit 20 Prozent weniger Fremdkapital als größere Unternehmen, denn Banken zeigen sich bei der Kreditvergabe an kleinere Unternehmen meist zurückhaltender. Der geringere Finanzierungshebel bedeutet auch, dass solche Unternehmen das niedrigere Risiko aufweisen. Sie konzentrieren sich darauf, Wertsteigerungen durch "echtes" Umsatzwachstum zu erzielen, während große Player vielfach damit beschäftigt sind, ihre Schulden zu tilgen.
Und drittens bieten KMU oft hohes Potenzial für Optimierungen im operativen Geschäft: Damit sie weiter wachsen können, brauchen sie leistungsfähigere Managementteams und -verfahren. Wenn Private-Equity-Investoren auf den Plan treten, optimieren sie das Management, um Veränderungen durch nachhaltige Umsatzsteigerungen, die Identifikation neuer Märkte oder die Einführung neuer Produkte herbeizuführen.
Erhebungen von Unigestion zeigen, dass bei einem mittleren Unternehmen Steigerungen des Kapitalwerts zwischen Übernahme und Exit vor allem aus konkreten Fortschritten erzielt werden: So resultieren 64 Prozent des Mehrwerts aus Umsatzsteigerungen, Margensteigerungen und Multiple Arbitrage, also dem Verkauf zu einem höheren Ebitda-Multiple. Lediglich 36 Prozent sind dem Fremdkapitaleinsatz zuzuschreiben. Dies steht in starkem Kontrast zur Strategie bei vielen großen Unternehmen, wo bis zu 79 Prozent der Kapitalwertzunahme allein durch Leverage erzielt wird.
Aus diesen Gründen fallen die Private-Equity-Renditen im KMU-Segment oft deutlich höher aus als im Large- Cap-Segment - wir gehen von im Schnitt 500 Basispunkten jährlich in den letzten 20 Jahren aus. Darüber hinaus bietet der Markt der kleinen und mittleren Unternehmen eine gewaltige Bandbreite an Investitionsmöglichkeiten: Nach unseren Schätzungen sind es derzeit rund 500.000 investierbare Unternehmen weltweit - Tendenz steigend. In einem so breiten Anlageuniversum gibt es eine entsprechend große Zahl von Unternehmen mit viel Potenzial. Die Herausforderung besteht nun darin, diese Unternehmen auszumachen.
Denn auch im KMU-Segment ist nicht alles Gold: Die Unterschiede zwischen den besten und den schlechtesten Unternehmen dieses Segments sind markanter als bei den großen Unternehmen. Der Renditeunterschied zwischen einem Unternehmen im höchsten und niedrigsten Quartil beträgt sieben Prozent pro Jahr bei großen Unternehmen, jedoch 17 Prozent bei den KMU. Das bedeutet, dass die Performance größerer Firmen enger um den Durchschnittswert gestreut ist, während die Leistung im KMU-Segment starken Schwankungen unterliegen kann.
Es gilt also, bei der Auswahl der Investitionen sehr genau hinzuschauen. Besonderes Augenmerk müssen Private-Equity-Investoren dabei auf das Wachstumspotenzial ihres Wunschunternehmens richten.
Ein Beispiel: Als Japan nach der Atomkatastrophe in Fukushima aus der Kernenergie ausstieg, musste das Land von heute auf morgen praktisch 100 Prozent seines Energiebedarfs durch Importe decken. So wurde eine lokale Stromerzeugung - vorrangig mit erneuerbaren Energien - dringend notwendig. Daraus ergaben sich langfristige Wachstumsmöglichkeiten für mittlere Unternehmen aus dem Bereich Renewables.
Privatanleger investieren in
börsennotierte Private Equity
Vergleichbare spanische Unternehmen werden dagegen kein nennenswertes langfristiges Wachstum erzielen: Hier fehlen ähnliche Sachzwänge, eine Rückkehr zu herkömmlichen Energiequel-
len ist jederzeit möglich. Zudem hat die spanische Regierung die Förderung erneuerbarer Energien in den vergangenen Jahren fast vollständig zurückgenommen.
Die Beispiele zeigen, dass ein erfolgreicher Private-Equity-Investor die Möglichkeiten weltweit beobachten muss, und zwar nicht nur in Asien, Europa oder den USA, sondern in allen Regionen, in denen potenzialstarke Unternehmen vorhanden sind.
Bei Großinvestoren gelten Private-Equity-Beteiligungen heute fast als Pflichtinvestment. Für private Anleger dagegen sind die Hürden hoch. Doch auch für sie bestehen diverse Möglichkeiten: Bei Geschlossenen Beteiligungen etwa wird der Anleger selbst zum Mitunternehmer. Sie sind die direkteste Art zu investieren, doch auch die riskanteste. Außerdem brauchen Anleger viel Geduld: Die Laufzeit der Angebote liegt oft bei rund zehn Jahren, in dieser Zeit sind Anteile kaum zu veräußern.
Wer es liquider mag, investiert in Aktien börsennotierter Private-Equity-Gesellschaften. Und mit PE-Fonds, Dachfonds oder Indexfonds können Anleger gleich auf ein ganzes Bündel börsennotierter Beteiligungsfirmen setzen. Das streut das Risiko und eröffnet zusätzliche Chancen, vielleicht beim Aufstieg des nächsten Apple-Konzerns schon früh mit dabei zu sein.
Kurzvita
Federico Schiffrin,
Investment Director
Private Assets bei Unigestion
Schiffrin hat einen Abschluss als Wirtschaftsprüfer der Universidad de Buenos Aires und einen MBA der New York University. Seit dem Jahr 2009 arbeitet er für den Schweizer Asset-Manager Unigestion. Zuvor war er für Three Cities Research in New York tätig.
Unigestion wurde vor mehr als 40 Jahren gegründet und verzeichnet aktuell ein verwaltetes Vermögensvolumen von rund 17 Milliarden Schweizer Franken.Weitere News
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