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Steuer: Wie kann man Abgaben auf Pleiteanleihen zurückholen?

21.05.17 14:00 Uhr

Steuer: Wie kann man Abgaben auf Pleiteanleihen zurückholen? | finanzen.net

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von Michael Schreiber, €uro am Sonntag

Ich besitze noch Anleihen der insolventen WGF und wollte diese an einen Bekannten veräußern, um den steuerlichen Verlust zu realisieren. Das Wertpapier wird an der Börse nicht mehr gehandelt und daher in meinem Depot mit null Euro bewertet. Obwohl ich vertraglich einen Kaufpreis von nur noch ein Prozent des Nominalwerts der Anleihe mit dem Käufer vereinbart habe, will meine Bank den Depotübertrag nicht mit diesem Kaufpreis durchführen. Sie verweist auf gesetz­liche Bestimmungen, nach denen sie verpflichtet ist, bei Übertragung von Wertpapieren ohne aktuelle Börsennotierung einen fiktiven Ertrag zu versteuern. Obwohl ich also nach der Pleite der WGF-Gruppe einen Totalverlust erlitten habe, soll ich nach dem Verkauf des Papiers noch Abgeltungsteuer zahlen. Was kann ich dagegen tun?



€uro am Sonntag: Ihre Bank beruft sich auf Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes. Demnach ist sie gesetzlich verpflichtet, bei Depotüberträgen von Wertpapieren ohne aktuelle Börsennotierung zunächst von einem "fiktiven Ertrag" in Höhe von 30 Prozent der ursprünglichen Anschaffungskosten auszugehen. Darauf werden 25 Prozent Abgeltungsteuer zuzüglich Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer fällig. Die Abzüge sind bei privatem Weiterverkauf nicht verhinderbar.
Betroffene Anleger können sich aber die abgezogenen Abgaben mit der entsprechenden Steuerbescheinigung der Bank über die jährliche Steuererklärung zurückholen. Dazu müssen sie die Anlage KAP korrekt ausfüllen: In Zeile 5 ist eine "Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge" zu beantragen. In Zeile 7 trägt man die bescheinigten Kapitalverluste und in Zeile 9 (linke Spalte) die von der Bank ausgewiesene "Ersatzbemessungsgrundlage" ein. Das sind 30 Prozent der ursprünglichen Anschaffungskosten für die verkaufte WGF-Anleihe. In der rechten Spalte ist der tatsächlich erzielte Verkaufsverlust des Wertpapiers anzugeben. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen den ursprünglichen Anschaffungskosten und dem beim privaten Verkauf erzielten Kaufpreis. Als Nachweis sind die alte Kauf­abrechnung und der Vertrag über den Weiterverkauf der Anleihen nötig. Auf der Rückseite der Anlage KAP übernimmt man in den Zeilen 47 bis 49 die von der Bank bescheinigten Steuerabzüge. In Zeile 47 gehört die abgezogene Abgeltungsteuer, in Zeile 48 der bescheinigte Solizuschlag und in Zeile 49 die einbehaltene Kirchensteuer.

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