Euro am Sonntag-Interview

Flixbus-Chef: "Die Ticketpreise bleiben tief"

15.08.16 11:01 Uhr

Flixbus-Chef: "Die Ticketpreise bleiben tief" | finanzen.net

André Schwämmlein, Geschäftsführer des Fernbusbetreibers Flixbus, über den aktuellen Kauf des Konkurrenten Postbus und das Geschäftsmodell mit den Billigstpreisen.

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von Andreas Güntert und Martin Reim

Die Farbenspiele in der Fernbusbranche gehen weiter. Doch es wird etwas weniger farbenfroh zugehen: Kommenden Winter verschwinden die gelben Postbusse von der Bildfläche - sie werden grün. Flixbus wird die Post-Tochter übernehmen. Die "Erwartungen an die Wirtschaftlich­keit" hätten sich nicht erfüllt, sagt der Geschäftsführer von Deutsche Post Mobility, Joachim Wessels.



Damit steigt die nicht börsen­notierte Firma Flixbus zum Beinahe-Monopolisten auf und wird 81  Prozent des deutschen Fernbusmarktes beherrschen. Mit weitem Abstand folgen die Deutsche-Bahn-Töchter IC-Bus mit ihren Fahrzeugen im weiß-roten Bahn-Design und Berlinlinienbus mit insgesamt neun Prozent. Doch auch das muss nicht von Dauer sein - Bahnchef Rüdiger Grube hat bereits einen Ausstieg angedeutet.

Erst eineinhalb Jahre ist es her, dass sich die Pioniere - Flixbus und Mein Fernbus - auf dem frisch liberalisierten Markt zusammentaten. Flix­bus gab sein Himmelblau auf und stieg auf Grün um, Mein Fernbus verzichtete auf den Markennamen. André Schwämmlein, einer der drei Flixbus-Chefs, über die Zukunft des Unternehmens und des Marktes.


uro am Sonntag: Heben Sie nach der Übernahme die Fahrpreise an?
André Schwämmlein:
Wir planen keine Preiserhöhungen, die Ticketpreise bleiben also tief. Auch nach der Übernahme der Fernbussparte der Deutschen Post stehen wir im intensiven Wettbewerb. Wir müssen unseren Kundinnen und Kunden daher nach wie vor immer das beste Angebot und Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

Was wird mit den Strecken von ­Flixbus und Postbus geschehen?
Ab November wird das Postbus-Netz in unser Netz integriert. Parallel­­verkehre, die ökonomisch und ökologisch ineffizient sind, werden wir reduzieren, dafür unser Angebot aber an anderen Stellen ausbauen. Es werden vor allem kleinere Orte in Deutschland sein, zum Beispiel in den Küstenregionen, die von diesen Plänen profitieren. International erweitern wir unser Angebot derzeit vor allem in Mittel- und Osteuropa und wir sind dabei, nationalen Verkehr in Kroatien aufzubauen. Zudem erhöhen wir die Takte auf internationalen Linien von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Benelux.


Welche Überlegungen stecken hinter diesem Zukauf?
Unsere beiden Marken haben bisher unterschiedliche Kundengruppen angesprochen: Flixbus hat vor allem junge und online-affine Fahrgäste, während der Postbus durch einen starken Offline-Vertrieb auch Senioren und Familien angesprochen hat. Wir möchten jetzt ein Produkt und eine einheitliche Marke für alle Alters- und Zielgruppen und eine noch bessere Alternative zum Individualverkehr schaffen. Flixbus ist Europas Marke für komfortable und nachhaltige Mobilität.

Was kostet Sie die Übernahme?
Wir haben mit der Post Stillschweigen über den Kaufpreis vereinbart.

Sie sind auch außerhalb Deutschlands extrem gut aufgestellt, jüngst schluckte Ihre Firma das britische Unternehmen Megabus. Man könnte sagen: Sie haben Europa Fernbus-mäßig gut im Griff. Was bleibt da noch zu tun für Sie?
Wir haben noch sehr viele Chancen und Möglichkeiten. Unsere Ideen reichen für die nächsten zehn Jahre - da ist es sehr spannend, diesen Weg mitzugestalten.

Rollen Sie schon mal eine Idee aus!
Nach einer sehr starken Wachstums­phase geht es jetzt darum, unsere Kunden ein ganzes Stück zufriedener zu machen, also unsere Leistung perfekter und qualitativ einheitlicher zu gestalten. Grundsätzlich möchte ich erreichen, dass Flixbus in Europa zum Begriff für Fernbusreisen wird. So weit sind wir heute noch nicht, auch wenn wir mittlerweile schon der wichtigste Anbieter sind.

Europa genügt Ihnen?
Vor zwei Jahren dachten wir, unser Produkt funktioniere nur in Deutschland. Jetzt klappt es in zahlreichen Ländern Europas. Heute glaube ich, dass Flixbus überall auf der Welt erfolgreich sein kann. Zurzeit erstreckt sich unser Netz von Bordeaux bis nach Bukarest. Ich kann mir vorstellen, dass es in zehn Jahren von São Paulo über Stuttgart bis nach Singapur reicht.

Sind nach dem Postbus-Deal weitere Zukäufe möglich?
Ich würde das nicht ausschließen. Aber unser Geschäftsmodell funk­tioniert auch organisch weiter, wir eröffnen jeden Tag neue Linien. Vor Kurzem kam beispielsweise Düsseldorf-Barcelona neu hinzu. Die Linie wurde vor zwei Jahren noch als ­Aprilscherz gehandelt. Jetzt fahren wir sie. Aber natürlich schauen wir uns parallel dazu auch an, ob und was man zukaufen könnte.

Können Sie sich vorstellen, auch bei der Deutschen Bahn zu akquirieren?
Dank unserem tollen Team, einem großartigen Produkt und einem nachhaltig erfolgreichen Geschäftsmodell hat unser Unternehmen ­bereits von sich aus alle nötigen Eigenschaften, um organisch zu wachsen. Trotzdem wiederhole ich: ­Zukünftige Übernahmen sind nicht ausgeschlossen. Wir sind offen für vieles.

Was ist Ihre Konkurrenz in und ­außerhalb der Fernbusbranche?
Wir definieren Wettbewerb nicht ­innerhalb der Fernbusbranche, ­sondern über die einzelnen Mobilitätskonzepte im Fernreise­verkehr hinweg: Um Kundinnen und Kunden kämpfen Fernbus, Bahn, Billigfluggesellschaften und vor allem der Individualverkehr und Mitfahrgelegenheiten. Sparpreisaktionen der Bahn, niedrige Benzinpreise und Tiefstpreise auf innerdeutschen Flugverbindungen haben natürlich auch Einfluss auf die Kaufentscheidungen unserer Fahrgäste.

Wie viele Kunden hat Flixbus, wenn man die Postbus-Übernahme mal außen vor lässt?
Im Jahr 2016 werden wir insgesamt rund 30 Millionen Fahrgäste befördern, ein Wachstum von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vom aktuellen Wachstum stammt ein großer Teil von neuen Angeboten in Ländern wie Italien oder Frankreich.

Dank dem Geschäftsmodell mit ­ausgelagerten Transportfirmen kann Flixbus Dumpingpreise anbieten. Wie nachhaltig ist Ihr Modell auf der Ertragsseite?
Von Dumping möchte ich nicht ­sprechen. Fernbusreisen sind ein Produkt, das sich kostengünstig produzieren lässt, wenn man es richtig macht. Aber natürlich will man dabei auch Geld verdienen. Erste Priorität hat, dass die Partnerunternehmen, die unsere Busse bewegen, rentabel sind. Die Firma Flixbus hat dabei etwas mehr Zeit.

Wenn ein Flixbus-Kunde für 33 Euro von Hamburg nach Mailand fährt, kann dabei doch unmöglich Gewinn herausschauen.
Es ist eine Mischrechnung. Zu Ihrem Beispiel: Wir leben auf dieser Strecke nicht primär davon, dass wir Passagiere für 33 Euro von Hamburg nach Mailand fahren. Unter 50 Prozent Auslastung kann das kein Geschäft sein. Auf solch langen Linien leben wir natürlich davon, dass an all den Haltestellen entlang der Strecke ständig Passagiere zu- und aussteigen. Statt einmal 33 Euro sind das dann fünf- oder sechsmal zehn oder 15 Euro - da sieht die Rechnung dann schon besser aus.

Je mehr Fahrgastwechsel, desto besser für die Flixbus-Kasse?
Diese Korrelation gibt es, auch wenn es nicht ganz so simpel ist. Die He­rausforderung für uns ist es, einen guten Mix zu erreichen. Und Fahrpläne genau nach dem Reisebedarf der Leute zu gestalten, auf der Lang- wie auf der Kurzstrecke. Das sogenannte Yield-Management spielt dabei natürlich auch eine Rolle: Auf der Strecke München-Zürich können wir am Freitagnachmittag einen höheren Preis durchsetzen als am Dienstagvormittag. Wir müssen also den Fahrplan so bauen, dass wir dann zur Stelle sind, wenn genügend Leute reisen wollen.

Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann an die Börse zu gehen?
Wir konzentrieren uns aktuell auf unser Kerngeschäft, daher ist ein Börsengang derzeit kein Thema für uns.

2015 beteiligte sich die Private-­Equity-Firma General Atlantic mit rund einem Drittel an Flixbus. Bis wann haben Sie den Amerikanern Gewinne versprochen?
Wir haben zwei Ziele: Erstens wollen wir dafür sorgen, dass unsere Partnerunternehmen Geld verdienen. Ziel 2: Wir müssen aufzeigen, dass wir in Märkten, in denen wir schon etwas länger operieren, rentabel arbeiten können. In diesem Fall ist das der DACH-Raum, also die Länder Deutschland, Österreich und Schweiz. Hier wollen wir dieses Jahr den Break-even hinkriegen.

Wie wollen Sie die Gewinnzone denn erreichen?
Zwei Dinge müssen uns besser gelingen. Erstens: Neukunden zu finden für das bestehende Netz. Zweitens: Wir müssen unsere Fahrpläne noch besser auf die tatsächliche Nachfrage ausrichten. Wenn die Nachfrage von München nach Zürich am Freitagnachmittag größer ist als am Dienstagmorgen, dann müssen am Freitagnachmittag deutlich mehr Busse fahren.

Airlines füttern Passagiere in der Holzklasse mit Ramschpreisen an und verdienen ihr Geld in der Business Class. Bleibt Flixbus bei der Einheitsbilligklasse?
Wir machen uns Überlegungen in diese Richtung. Aber nicht in der von Ihnen geschilderten Airline-Manier. Was wir uns fragen: Gibt es Angebote, die der Kunde gerne hinzukaufen möchte? In unseren Doppeldeckerbussen etwa sind die vordersten Plätze im oberen Stock sehr begehrt. Diese Plätze könnten wir reservierbar machen und etwas dazuverdienen. Passagiere, die bloß mit einem Rucksack reisen, könnten von einem günstigeren Preis profitieren als solche, die zwei Koffer dabeihaben.

Sie sind Parteimitglied bei den Grünen. Wie kann ein Grüner eine Firma führen, die mit Tiefstpreisen Zusatzverkehr erzeugt?
Wenn ich sehe, wie voll wir unsere Busse machen, dann sind wir öko­logischer unterwegs als jeder andere Verkehrsträger. Und es kommt der soziale Aspekt hinzu: Wir ermög­lichen vielen Menschen Reisen, die sie sich sonst nicht leisten könnten.

Kurzvita

Ganz schön bus-y
André Schwämmlein (34) absolvierte ein Wirtschaftsinge­nieurstudium an der Universität Erlangen-Nürnberg. Der gebürtige Nürnberger startete seine Karriere 2005 als Praktikant bei Porsche. 2006 gründete er die Beratungsfirma KS Consulting, deren Geschäftsführer er bis 2007 war. Von 2008 bis 2011 arbeitete er als Strategieberater bei der Boston Consulting Group. 2011 war er einer der Gründer des Fernbusunternehmens ­Flixbus, das heute zu den größten Anbietern in Europa zählt. Schwämmlein, wohnhaft in München, ist seitdem einer der drei Geschäftsführer.

Anmerkung der Redaktion: Teile des Interviews wurden der Schweizer"Handelszeitung" entnommen.

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