Deutscher Immobilienmarkt

Immobilienkauf: Sonnig-warm oder zu heiß?

12.07.15 15:00 Uhr

Immobilienkauf: Sonnig-warm oder zu heiß? | finanzen.net

Deutsche Immobilien sind bereits zu teuer. Doch so pauschal stimmt das nicht. Wo und für wen sich der Erwerb noch lohnt.

von Kruno Crepulja, Gastautor von Euro am Sonntag

Lohnt es sich in der aktuellen Marktsituation noch, eine Immobilie zu kaufen? Und ist es noch sinnvoll, jetzt eine Projektentwicklung zu beginnen? Oder ist der Markt schon überhitzt? Diese Fragen haben sich Privatanleger und professionelle Investoren in den vergangenen Monaten häufig gestellt, denn die Kaufpreise sind vielerorts in Deutschland deutlich gestiegen - und die Anfangsrenditen entsprechend geschrumpft.

Um die Fragen beantworten zu können, sind zwei Dinge notwendig. Zum einen gilt es, einige wesentliche volkswirtschaftliche Einflussfaktoren zu analysieren. Und zum anderen ist ein Blick auf die Entwicklung der Mieten notwendig, wie dies beispielsweise im diesjährigen Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen geschehen ist.

Die allgemeine Konjunkturentwicklung in Deutschland stimmte im vergangenen Jahr zwar nicht euphorisch, gab aber auch keinen Anlass zur Skepsis. Denn im Vergleich zu den meisten europäischen Nachbarn entwickelte sich Deutschland durchaus robust. Bemerkenswert ist die weiterhin sehr stabile Situation am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit ist weiter zurückgegangen, und in manchen Branchen und Regionen herrscht nahezu Vollbeschäftigung.

Das sorgt für eine positive Entwicklung der verfügbaren Einkommen - und entsprechend höhere Mieten und Kaufpreise können sich die Betreffenden leisten. Gleichzeitig verharren die Zinsen weiter auf Rekordtief - mit der Folge, dass viele herkömmliche Anlagemöglichkeiten nicht mehr zur Verfügung stehen, weil sich damit keine realen Vermögenszuwächse mehr erzielen lassen.

So ist der risikolose Zins auf dem traditionellen Sparbuch inzwischen zu einem zinslosen Risiko geworden. Denn die Inflation führt zu einem Realwertverlust des Ersparten. Und der Abstand zwischen einem faktisch risikolosen Zins, wie beispielsweise dem Kupon einer zehnjährigen Bundesanleihe, und den mit Immobilieninvestments erzielbaren Anfangsrenditen ist immer noch beträchtlich, auch wenn diese inzwischen aufgrund steigender Immobilienpreise vielerorts niedriger liegen als noch vor einem oder zwei Jahren.

Insbesondere in den großen Metropolen und in deren Umland, aber auch an kleineren und mittleren Wachstumsstandorten sind zudem die Wohnungsmieten in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen. Dadurch ist der Renditerückgang infolge des Preisanstiegs zumindest teilweise abgefedert worden.

Will ich eine Immobilie selbst nutzen
oder sie vermieten?

Potenzielle Immobilienkäufer sollten diese Entwicklung unter zwei verschiedenen Aspekten betrachten - je nachdem, ob sie das betreffende Objekt selbst nutzen oder zur Anlage erwerben und vermieten möchten. Wer ein Haus oder eine Eigentumswohnung zur Selbstnutzung kaufen will, muss heute in der Tat an vielen Standorten deutlich mehr bezahlen als noch vor zwei oder drei Jahren. Der finanzielle Aufwand für den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum ist also gestiegen.

Gleichzeitig hat sich aber auch die erreichbare Mietersparnis deutlich erhöht, die für viele Käufer ein zentrales Motiv zum Erwerb von Wohneigentum ist. Und für den Investor, der mit seiner Akquisition Mieterträge erzielen will, relativiert sich der höhere Kaufpreis dadurch, dass er in seinem Businessplan nun auch von Mieten ausgehen kann, die am deutschen Wohnungsmarkt vor einigen Jahren noch unrealistisch hoch erschienen wären.

Insofern wird der Preisauftrieb, der in den zurückliegenden Monaten an ­vielen Standorten in Deutschland zu beobachten war, durchaus von einer entsprechenden Entwicklung der Fundamentaldaten unterstützt. Abgesehen von möglichen Überhitzungen in einzelnen Lagen, kann von einer Blasenbildung daher nicht die Rede sein.

Für Investoren heißt das: Wer sein Vermögen so anlegen möchte, dass es eine reale Verzinsung erwirtschaftet, kommt bis auf Weiteres an Immobilienanlagen wie vermieteten Eigentumswohnungen oder Zinshäusern nicht vorbei. Allerdings sind die Anforderungen an die Standortwahl heute höher. Nur dort, wo die Bevölkerung durch Zuzüge per saldo wächst, besteht eine dauerhafte Aussicht auf Wertsteigerungen.

Kurzvita

Kruno Crepulja,
Geschäftsführer bei Formart

Crepulja ist seit Mai 2008 Mitglied der Geschäftsführung von Form­art (früher: Hochtief Solutions).
Mit jährlich mehr als 700 veräußerten Wohnungen an Eigennutzer, private und institutionelle Kapitalanleger ist Formart einer der ­führenden deutschen Wohnungsentwickler. Aktuell werden rund 45 Projekte mit einem ­Volumen von etwa einer Milliarde Euro betreut.

Bildquellen: r.nagy / Shutterstock.com, formart GmbH & Co. KG