Das Geschäft mit der Liebe

Ob Partnervermittlung oder App: Was Amors Dienste kosten

21.09.21 13:28 Uhr

Ob Partnervermittlung oder App: Was Amors Dienste kosten | finanzen.net

Corona hat die kommerzielle Anbahnung von Beziehungen weiter gepusht, zumal online. Wer aber nicht aufpasst, gerät schnell in eine Kostenfalle.

von Sabine Hildebrandt-Woeckel, Euro am Sonntag

Es begann bereits im Jahr 1650. Damals, so ist es überliefert, eröffnete ein gewisser Henry Robinson in London neben einer Arbeitsvermittlung die erste dokumentierte Partnervermittlung der Welt - oder, genauer gesagt, das erste Eheanbahnungsinstitut.

Seitdem hat sich viel getan beim kommerziellen Geschäft mit der Partnersuche und -vermittlung. Vor allem, seit Ende der 1950er-Jahre erstmals Computer, sprich Algorithmen, bei der Auswahl passender Partner halfen. Gleich und gleich gesellt sich gern, lautete das Prinzip. Seitdem wurden die Algorithmen immer mehr verfeinert - und die Kundschaft findet es immer normaler, die Dienste der Vermittler in Anspruch zu nehmen und dafür auch Geld auszugeben. Je nach Vermittlungsweg sind da Summen von ein paar Euro bis zu einigen Zehntausend Euro drin. Traute man sich noch vor ein paar Jahren kaum zuzugeben, dass man sich für die Partnersuche Unterstützung holt, werden Onlineportale und Apps zur Beziehungsanbahnung heute ganz offen genutzt. 28 Prozent der Deutschen, so eine Erhebung des Onlineportals Statista, haben sich schon mal im Netz um erfüllende Zweisamkeit bemüht. Mit Beginn der Corona-Pandemie nahm das Interesse nochmals deutlich zu. 42 Prozent der männlichen Nutzer und 34 Prozent der Frauen seien dort heute aktiver als vor Corona, berichtet Marion Graff, Marketingexpertin bei der Meetic Group. Meetic ist unter anderem der Mutterkonzern der Plattform LoveScout24.

Was jedoch viele nicht wissen: Online-Partnervermittlung ist keineswegs gleich Online-Partnervermittlung. Bei den Kosten, aber auch bei den Abläufen gibt es große Unterschiede - auch wenn die Begrifflichkeiten teilweise bunt durcheinandergeworfen werden. Genau betrachtet gibt es drei digitale Wege, mit professioneller Unterstützung auf die Suche nach der womöglich besseren Hälfte zu gehen.

Der jüngste dieser Wege sind Dating-Apps wie Lovoo oder Tinder. Sie sind seit 2011 beziehungsweise 2012 auf dem Markt und werden fast ausschließlich auf dem Smartphone genutzt. Die Nutzer erstellen Profile mit Fotos und können dann aktiv die Selbstdarstellungen der anderen durchstöbern. Als Filter fungieren Alter und Entfernungsradius, und durch kurzes Liken oder Wischen nach rechts beziehungsweise links wird angezeigt, ob eine Person gefällt. Sind beide interessiert, können sie Kontakt aufnehmen. Kleine, aber feine Unterschiede im Detail machen die Sache noch interessanter. So kann der erste Schritt bei Bumble, gegründet im Jahr 2014, nur von Frauen unternommen werden.

Ohne Eigeninitiative läuft nichts

Selbst aktiv werden müssen die Nutzer aber auch bei den sogenannten Singlebörsen wie Lovescout24. Internetportale dieser Art wurden zum Teil schon um die Jahrtausendwende etabliert. Wer sich registriert, gibt zunächst nur ein paar Grunddaten an und sucht dann mithilfe von Suchmasken selbst nach einem passenden Pendant. Wobei einige Anbieter zusätzlich einen Suchalgorithmus nutzen, der ebenfalls Vorschläge macht, in der Regel aber auch mit deutlichen Mehrkosten verbunden ist. Auch wer wissen will, wer denn das eigene Profil anschaut, kommt um 20 bis 25 Euro monatlich meist nicht herum. Und je mehr Zusatzleistungen gewünscht sind, desto teurer wird es.

Ganz anders funktionieren dagegen Online-Vermittlungsagenturen wie Parship oder eDarling. Sie sind den traditionellen Heirats- und Vermittlungsinstituten am ähnlichsten. Das heißt, hier suchen die Nutzer nicht selbst, sondern sie erhalten Partnervorschläge. Während die klassischen Institute jedoch stolz darauf sind, dass ihre erfahrenen Berater alle Angaben der Kandidaten hinterfragen und einordnen, erfolgt das Online-Matching automatisch. Wie ihre analogen Vorbilder arbeiten auch die Portale mit mehr oder weniger wissenschaftsbasierten Persönlichkeitstests, die - wie beim Branchenriesen ElitePartner - auch schon mal fast 90 Fragen umfassen können und zusätzlich 149 Euro kosten.

50 bis 80 Euro pro Monat

Die Rechnungen analoger Institute können laut Simone Jansen vom Berufsverband der klassischen Ehe- und Partnervermittlungen auch fünfstellig sein. Da sind die Onlinevermittlungen dank ihrer automatisierten Verfahren günstiger, allerdings gleichzeitig merklich teurer als die digitale Konkurrenz. eDarling beispielsweise verlangt bei einer kurzen Laufzeit von sechs Monaten 50 Euro im Monat, ElitePartner 70 Euro und Parship sogar 80 Euro.

Wie früher die klassischen Vermittlungen sind es heute die Onlineportale, die sich oft den Unmut von Verbraucherschützern zuziehen. Zahlreiche Gerichte haben sich in den vergangenen Jahren kritisch vor allem mit Datenschutz, Vertragsgestaltung und Zahlungsmodalitäten auseinandergesetzt oder sind nach wie vor damit beschäftigt (siehe "Zoff ums Geld" unten).

Streit gab und gibt es zwar auch mit den Singlebörsen und Dating-Apps, die Kritikpunkte sind aber oft etwas anders gelagert. Hauptsorgen bereiteten hier jahrelang vor allem Fake-Portale - wobei die großen Anbieter inzwischen selbst hart gegen Betrüger vorgehen: Sie filtern durch Mechanismen oder eigene Sicherheitsteams falsche Profile heraus und sperren sie. Trotzdem raten Verbraucherschützer nach wie vor bei allen Online-Partnervermittlungen zur Vorsicht (siehe Tipps unten).

Allen Anbietern ist gemeinsam: Es gibt kaum eine Branche, die sich so verschwiegen präsentiert wie diese. "Zu Mitgliedern können wir keine Angaben machen", formuliert nicht nur Leonie Meyer von Heroes & Heroines, der in Berlin und Wien ansässigen Marketingagentur von Bumble. Fast niemand nennt freimütig die Zahl potenzieller Flirtpartner, sprich Nutzer. Von Angaben zu erfolgreichen Vermittlungen ganz zu schweigen.

Aus der Sicht von Verbraucherschützern besonders ärgerlich: Wer als Nutzer in Erfahrung bringen will, was das virtuelle Tête-à-Tête exakt fürs eigene Portemonnaie bedeutet, muss ebenfalls intensiv recherchieren. Vor allem die Internetportale locken mit Basismitgliedschaften. Wer dann aber wirklich ernst machen will, stößt sehr schnell an die Grenzen des Gratisflirtens. Echte Kommunikation, bei der beide Partner wirklich etwas übereinander erfahren und Kontakt aufnehmen können, ist ohne Geldeinsatz fast immer unmöglich.

Man zahlt mit Geld oder mit Daten

Eine Ausnahme bildet die Singlebörse Finya, bei der - wie bei den meisten Dating-Apps - alle für die Kontaktaufnahme notwendigen Funktionen gebührenfrei sind. Was jedoch nicht heißt, dass der Kunde tatsächlich nichts bezahlt, wie Ilona Husemann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen betont. Die Anbieter finanzieren sich aus Werbung. "Tatsächlich zahlt man hier also mit seinen Daten." Wer auf der Suche nach einem geeigneten Angebot ist, kommt daher nicht darum herum, sich mit den Feinheiten der einzelnen Vermittlungsmodelle zu befassen und mit eigenen Vorstellungen abzugleichen.

Welches Onlineangebot zu wem am besten passt, ist auch eine Frage des Alters. Dating-Apps sind für die Generation Smartphone konzipiert und sprechen mit vielen spielerischen Zusatzangeboten vor allem die Jungen zwischen 18 und Ende 20 an. "Do it yourself" lautet das Motto: selbst suchen, selbst entscheiden. Vermittlungsportale wie ElitePartner oder Zweisam sprechen dagegen eher die Generation 50 plus an.

Bleibt noch die Frage, welches Format denn am ehesten zum Erfolg führt - wobei gerade sie am schwersten zu beantworten ist. Denn entscheidend ist hier vor allem, was sich die Nutzer versprechen. Dass bei den Singlebörsen beispielsweise die Suche durch deutlich weniger Kriterien bestimmt wird als bei den Partnervermittlungen, sehen die einen als Nachteil, die anderen als Vorteil. Im realen Leben und auch über Matches von Persönlichkeitsprofilen, davon ist beispielsweise die Münchnerin Carmen Stromberger überzeugt, hätten sie und ihr Mann sich nie gefunden. Bei Lovescout24 dagegen landete sie einen Volltreffer und ist inzwischen über 15 Jahre glücklich verheiratet. Das "einfach mal rumprobieren", ist sie überzeugt, brachte ihr letztlich den Volltreffer.

Glaubt man den Anbietern selbst, so warten alle mit enormen Erfolgen auf. Alle elf Minuten verliebe sich ein Single über Parship, trichtert uns die Werbung seit Jahren ein, sogar alle 8,5 Minuten soll es bei Finya so weit sein. 60 Millionen Matches will Tinder schon erreicht haben. Wirklich nachkontrollieren lässt sich das nicht.

Markus Hamer, Geschäftsführer beim Deutschen Institut für Service-Qualität (DISQ), ist da jedenfalls höchst skeptisch. Im Auftrag des Nachrichtensenders n-tv führt DISQ seit ein paar Jahren regelmäßig Befragungen und Tests zu Onlineangeboten durch. 2020 wurden in die Kundenbefragung erstmals auch Dating-Apps einbezogen. 60 Prozent der Befragten gaben an, dass die Partnersuche modernen Stils zu keinem Erfolg geführt habe - und das, obwohl zwei Drittel der Befragten sogar zwei oder mehr Anbieter nutzten.

Rückporto und 300 Goldmünzen

Allerdings: Mit nachvollziehbaren Erfolgsquoten können auch die herkömmlichen Partnervermittlungen nicht aufwarten. Und auch ob Henry Robinson im 17. Jahrhundert mit seinem Vermittlungsgeschäft erfolgreich war, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass auch damals viel Geschäftssinn mitspielte: 300 Guinees beispielsweise verlangte ein Interessent von seiner Zukünftigen. Wobei es, brachte sie die Goldmünzen mit, dann auch keine Rolle mehr spielte, ob sie Jungfrau, Witwe oder schwanger war. Weitere Informationen konnten persönlich oder per Brief angefordert werden - aber nur, wenn das Rückporto übernommen wurde.


Zoff ums Geld:

Vor allem drei Aspekte sorgen seit Jahren für Streit und haben inzwischen zahlreiche Gerichte beschäftigt.

1. Forderungen von Wertersatz bei Widerruf

Werden Verträge nicht in den Geschäftsräumen, sondern direkt beim Verbraucher oder online geschlossen, gilt das ganz normale 14-tägige Widerrufsrecht. Viele Vermittler erschweren dies jedoch, indem sie sehr rasch tätig werden und zum Beispiel bereits Partnervorschläge machen. Widerruft der Kunde dann, verlangen sie einen Wertersatz, der teilweise fast so hoch ist wie die Gesamtkosten. Dem haben inzwischen jedoch sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesgerichtshof einen Riegel vorgeschoben. Demnach darf der Anbieter als Wertersatz nur noch den Teil der Gebühren verlangen, der zeitanteilig auf die bis zum Widerruf vergangenen Tage gerechnet angefallen wäre. Leistungen, die Kunden nach einem Widerruf erhalten, müssen nicht gezahlt werden.

2. Recht auf Kündigung laut bürgerlicheM Gesetzbuch

Bei klassischen Partnervermittlungen handelt es sich - inzwischen unbestritten - laut bürgerlichem Gesetzbuch um "Dienste höherer Art" (§ 627 BGB). Da hier zwischen Vermittler und Kunde ein besonderes Vertrauensverhältnis herrscht, sind diese Verträge wie jene mit Ärzten und Rechtsanwälten jederzeit kündbar. Verbraucherschützer meinen, dieses Recht sei auch auf Online-Partnervermittlungen anzuwenden und bereiten hierzu eine Musterklage vor (www.musterfeststellungsklagen.de/ partnervermittlung), der sich Betroffene noch anschließen können.

3. Automatische Vertragsverlängerung

Im gleichen Zusammenhang (siehe 2.) wird auch darüber gestritten, ob es rechtens ist, dass sich ungekündigte Premiumverträge automatisch verlängern - teilweise sogar um längere Laufzeiten als zuvor vereinbart. Mehrere Urteile insbesondere des Amtsgerichts Hamburg haben dieser Praxis bereits widersprochen. Eine endgültige gerichtliche Klärung steht hier aber noch aus.


Sechs Tipps für die Online-Partnersuche

1. Vertragspartner prüfen

Viele Portale sind miteinander verbunden und haben ihren Firmensitz oft im Ausland. Überprüfen Sie auf jeden Fall die Kontaktmöglichkeiten: Gibt es für etwaige Beschwerden eine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer, an die Sie sich wenden können? Falls nicht, kann es schwierig werden, Probleme zu klären. Wichtig: Nie 0900-Nummern wählen!

2. Angebot richtig auswählen

Bei Online-Partnervermittlungen gibt es sie eigentlich immer, bei Singlebörsen oft auch: kostenlose und kostenpflichtige Mitgliedschaften. Überprüfen Sie vor der Registrierung, also vor Abgabe Ihrer persönlichen Daten, was exakt im kostenlosen Angebot enthalten ist und wofür Sie zahlen müssen.

3. Zahlungsmodalitäten beachten

Entscheiden Sie sich für eine kostenpflichtige Version, achten Sie vor allem auf die Zahlungsmodalitäten. Oft wird mit hohen Rabatten in eine ein- oder zweijährige Mitgliedschaft gelockt - und Vorauskasse verlangt. Sind Sie dann nicht zufrieden, müssen Sie das Geld zurückfordern. Verbraucherschützer raten daher, trotz der damit verbundenen Mehrkosten kürzere Laufzeiten zu wählen.

4. Kündigungsfristen checken

Oftmals können Sie Singlebörsen nur zum Ende der Laufzeit und mit großem Vorlauf kündigen. Sonst verlängert sich das Abo automatisch. Ob das rechtens ist, darüber wird derzeit noch vor diversen Gerichten gestritten (siehe Kasten "Zoff ums Geld"). Besser auch hier: kürzere Laufzeiten vereinbaren.

5. Widerrufsrecht im Blick haben

Wie bei Vertragsabschlüssen an der Haustür können auch Online-Geschäftsabschlüsse innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Es ist aber rechtens, wenn die Vermittlung bereits erbrachte Leistungen in Rechnung stellt, zum Beispiel das Durchführen eines Persönlichkeitstests. Erscheint Ihnen der Preis dafür zu hoch, lassen Sie sich rechtlich beraten. Wichtig: Ein Widerruf sollte immer schriftlich per Einwurf-Einschreiben erklärt werden.

6. Datenfreigabe klären

Sowohl bei Onlineportalen als auch bei Dating-Apps gilt es, sich bewusst mit der Freigabe der eigenen Daten auseinanderzusetzen. Schließlich gibt man viel Persönliches von sich preis. Verbraucherschützer und die Stiftung Warentest bemängeln seit Jahren, dass die Daten mitunter unverschlüsselt weitergeleitet werden. Zudem enthalten viele allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Klauseln, wonach die eingegebenen Daten auch auf Schwester- oder gar Fremdportalen verwendet werden dürfen. Wer sicher sein will, dass sein Profil nicht irgendwann auf irgendwelchen halbseidenen Portalen zu finden ist, sollte bei der Abfrage üblicher Einverständniserklärungen nie zustimmen.










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