Zwangsenteignung nur in Zypern?
Trügerische Sicherheit: Deutsche Sparer werden längst enteignet
Von Susanne Woda, Portfoliomanagerin bei MERITO Asset Management GmbH
Über eine Zwangsangabe sollten zyprische Anleger an der Rettung ihres eigenen Landes beteiligt werden, hierbei sollten laut ursprünglichem Plan zwischen 6,75 und 9,9 Prozent Steuern auf Kontoguthaben fällig werden. Ein Aufschrei ging durch die Bevölkerung, dabei kassierten die Zyprioten in den letzten 5 Jahren dicke Zinsen auf ihr Vermögen. Auf ihre Zinserträge zahlten sie zudem kaum mehr als 10 Prozent Steuern. In Deutschland hingegen erhielten Sparer im Schnitt gerade einmal 2 Prozent Zinsen und die Steuerlast ist mehr als dreimal so hoch. Auf diese Weise werden Sparer in Deutschland in höherem Maße enteignet als zypriotische Anleger durch die Zwangsabgabe. Sie nehmen es mit stoischer Gelassenheit hin. Oder merken die deutschen Sparer nicht, dass sie still und heimlich enteignet werden?
Im Zuge der Euro-Einführung haben sich die Zinsen in den Euro-Ländern angeglichen, doch mit Ausbruch der Finanzkrise nahmen die Differenzierung der Schuldnerbonitäten und die Zinsunterschiede wieder zu. Offensichtlich ist dies nicht nur bei Anleihen der Fall gewesen, auch die Verzinsung von Kontoguthaben in verschiedenen Ländern weist gravierende Unterschiede auf. Seit Ausbruch der Finanzkrise werden zyprische Sparer für das höhere Risiko ihrer Einlagen durch hohe Guthabenzinsen entlohnt. Zwischen vier und fünf Prozent Zinsen haben sie seit 2008 jährlich gutgeschrieben bekommen. Noch im Januar 2013 lag der einjährige Einlagenzins bei 4,5 Prozent. Der Chefvolkswirt der italienischen Unicredit rechnet vor: Aus 100.000 EUR hätten sich seit 2008 auf dem Konto bei einer zypriotischen Bank stattliche 131.000 EUR angesammelt. Vor diesem Hintergrund scheint die Zwangsenteignung der Bankengläubiger in Zypern in einem anderen Licht. Und auch die ursprünglich geplante Zwangsabgabe zwischen 6,75 und 9,9 Prozent der Einlagen verliert ihren Schrecken. Dennoch herrscht in Zypern Entrüstung.
In Deutschland hingegen nichts dergleichen. Anleger haben eine Engelsgeduld, hier geht keiner auf die Barrikaden, dabei hat die lautlose Enteignung hier bereits viel früher eingesetzt. Zur Veranschaulichung: Gerade einmal mit 1,5 Prozent wurden deutsche Bankeinlagen in den letzten vier Jahren durchschnittlich verzinst, der durchschnittliche Zinssatz für einjährige Anlagen lag zu Jahresbeginn 2013 bei mickrigen 0,9 Prozent. Vor Steuerabzug wäre das Vermögen im gleichen Zeitraum in Deutschland gerade einmal um 8.000 EUR angewachsen. Die Differenz ist der Beitrag der Deutschen zur Bewältigung der Schuldenkrise – ein unsichtbarer Transmissionsmechanismus. Folglich wurden die deutschen Vermögen weit stärker belastet, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Die schmerzliche Erkenntnis bleibt den meisten Bürgern durch eine geschickte Strategie der Politik jedoch erspart.
Dass die Zinsen niedrig sind, hat sich mittlerweile herumgesprochen, nicht ohne Grund hat die Jagd auf Sachwerte eingesetzt, die stabile Erträge und Werterhalt versprechen. Und wer sich mit seinem Vermögen eingehend beschäftigt, den ereilt ein böses Erwachen, denn in obiger Berechnung sind noch nicht einmal Steuern und Inflation berücksichtigt. Der Steuerabzug in Deutschland ist beinahe dreimal so hoch, wie in Zypern. Schlussendlich sorgt die Inflation, die 2012 zwar „nur“ bei 2 Prozent lag, dafür, dass sogar ein realer Vermögensverlust eintritt. Diese schleichende Enteignung hat bereits Mitte 2011 eingesetzt, denn seitdem ist der Realzins in Deutschland negativ.
Die Sparer sehen sich nicht nur mit der Frage konfrontiert, wie Sie ihr Vermögen noch vermehren können, sondern auch damit, welche Anlagen heute noch sicher sind. Es macht sich die Erkenntnis breit, dass Aktienanleger zwar temporäre Kursrisiken tragen, aber als Eigentümer am Produktivkapital der Wirtschaft besser gestellt sind, als ein Gläubiger einer Bank.
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.
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