Milliarden Euro: Das passiert mit Geld auf vergessenen Bankkonten
Auf deutschen Sparkonten liegen Milliarden von Euro herum und niemand erhebt Anspruch darauf. Was geschieht mit dem vergessenen Geld?
Lange vergessene Konten
Bankkonten, bei denen seit mindestens 30 Jahren keinerlei Kontakt mehr besteht und auf denen es ebenso lang keine Umsätze mehr zu verbuchen gab, werden von den Kreditinstituten als sogenannte "nachrichtenlose Konten" bezeichnet. Laut capital.de schätzen Experten, dass auf solchen vergessenen Konten in Deutschland zwischen zwei und neun Milliarden Euro ungenutzt vor sich hinschlummern. Diese Konten können ihren rechtmäßigen Inhabern auf verschiede Arten "verloren" gegangen sein: Es kann sich um ein Sparbuch handeln, das irgendwann einmal für ein Kind eingerichtet wurde und dann in Vergessenheit geraten ist, oder um das Konto eines Verstorbenen, von dem die Erben keinerlei Kenntnis haben.
Wem steht das Geld zu?
Geht es um ein Sparbuch, gilt tatsächlich die Sonderregel: "Wer’s findet, darf’s behalten". Wer das Sparbuch in seinem Besitz hat, hat Anspruch auf das Geld, unabhängig davon, ob er der rechtmäßige Erbe ist. Nicht einmal das Vorlegen einer Sterbeurkunde oder eines Erbscheins ist hierfür erforderlich. Bei einem Girokonto hingegen muss das Testament des Verstorbenen der Bank vorgelegt werden. Hat aber nach Ablauf von 30 Jahren noch niemand Anspruch auf das Konto erhoben, dürfen sich die Banken das Geld selbst zuschreiben. Das Geld auf dem verwaisten Konto muss aus bilanzrechtlichen Gründen von dem Kreditinstitut als Gewinn verbucht und versteuert werden. Jedoch muss die Bank das Geld auch danach noch auszahlen, sollten sich die Erben unter Vorlage einer Berechtigung melden, worauf finanztip.de hinweist.
Kritik an "Minimalrecherche" der Banken
Aufgrund dieser Regelung fallen die Bemühungen der Banken, die Erben ausfindig zu machen, nachvollziehbarerweise eher spärlich aus. Wie das Abendblatt berichtet, beklagt der Verband Deutscher Erbenermittler den Umstand, dass von Seiten der Banken schon Anfragen beim Einwohnermeldeamt oder die Nutzung der Umzugsdatenbank der Deutschen Post als ausreichend gelten. Mit diesen minimalen Rechercheaufwendungen hat die Bank aus rechtlicher Sicht ihren Teil nämlich bereits erfüllt. Somit fällt die Aufgabe, die richtige Bank ausfindig zu machen, meist dem Erben zu. Diese Suche kann sich jedoch oft als sehr schwierig erweisen.
Soziale Lösung am Beispiel der Briten
Sozialunternehmer des Vereins Social Entrepreneurship Network Deutschland sowie Teile der FDP fordern deshalb eine alternative Umgangsweise mit nachrichtenlosen Konten. Man solle sich, anstatt das Geld den Banken zu überlassen, ein Beispiel an Großbritannien nehmen: Tritt dort ein Fall auf, bei dem ein Konto seit 15 Jahren nachrichtenlos ist, so wird das Geld von den Kreditinstituten auf eine Förderbank umgebucht, die es dann wiederum sozialen Zwecken zukommen lässt. Wie die Westdeutsche Zeitung berichtet, ist man auf Seite der Banken von dieser Idee wenig begeistert: Steffen Pörner, Geschäftsführer des Bankenverbands NRW, nennt eine solche Regelung einen "Eingriff in die Vermögensrechte des Kunden, unabhängig vom Zweck des Eingriffs".
Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net
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