Unliebsame Kostenfaktoren

Sonderkündigungsrecht: Unter diesen Umständen können Verträge außerordentlich gekündigt werden

25.10.22 06:07 Uhr

Sonderkündigungsrecht: Unter diesen Umständen können Verträge außerordentlich gekündigt werden | finanzen.net

Langfristige Verträge können sich für den Verbraucher schnell zu unliebsamen Kostenfaktoren entwickeln. Um bestimmte Verträge vorzeitig kündigen zu können, müssen jedoch bestimmte Aspekte erfüllt sein. Unter welchen Umständen man vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen kann, wird folgend erläutert.

Häufig schließen Verbraucher langfristige Verträge mit Fitnessstudios, Telekommunikationsanbietern, Versicherungen sowie mit Strom- und Gasanbietern ab, ohne sich über die möglichen Konsequenzen einer langen Vertragsdauer im Klaren zu sein. In der Regel wird im Vorfeld eine ordentliche Kündigungsfrist festgelegt, die entweder mehrere Monate oder sogar Jahre betragen kann, beziehungsweise auf einen bestimmten Zeitpunkt festgelegt wird.

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Doch welche Rechte und Möglichkeiten haben die Verbraucher, wenn sich die Konditionen und Verhältnisse des Vertrages ändern, sodass eine Aufrechterhaltung des Vertrags als unzumutbar gilt?

Unter speziellen Umständen können Verbraucher dann vom sogenannten "Sonderkündigungsrecht" Gebrauch machen, wie etwa t-online berichtet. Das heißt, es wird dem Verbraucher ermöglicht, aus einem Vertrag auszusteigen, ohne dabei die festgelegte ordentliche Kündigungsfrist zu wahren, wenn entweder ein "besonderes Ereignis" eingetroffen ist oder eine "einseitige Änderung" des Vertrages vorgenommen wurde.

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Was bedeutet ein "besonderes Ereignis"?

Als besondere Ereignisse zählen Veränderungen der eigenen Lebensumstände, welche den Vertrag von Seiten des Verbrauchers nicht mehr tragbar machen. So kann ein schwerer Unfall dazu führen, dass ein Vertragspartner keinen Sport mehr treiben kann, wodurch ein Sonderkündigungsrecht bei der Fitnessstudiomitgliedschaft entstehen würde.

Ein besonderes Ereignis tritt auch dann ein, wenn der Verbraucher den Wohnort wechselt und entsprechend den Internet- und Telekommunikationsanbieter wechseln möchte, beziehungsweise muss.

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Was ist eine "einseitige Änderung"?

Eine einseitige Änderung tritt dann auf, wenn der Vertragspartner die Bedingungen oder Konditionen des abgeschlossenen Vertrages eigenhändig ändert. Wenn also die Preise, Versicherungsprämien oder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einseitig geändert werden, entsteht ein Sonderkündigungsrecht.

Telekommunikationsverträge

Die Laufzeit von Telekommunikationsverträgen beträgt in der Regel 12 bis 24 Monate, entsprechend kann der Vertrag ohne triftigen Grund nicht vorzeitig vom Verbraucher aufgelöst werden. Um hierbei vom Sonderkündigungsrecht gebraucht machen zu können, reicht ein besonderes Ereignis - wie ein Umzug - nur dann aus, wenn der Vertragspartner die vereinbarten Vertragsleistungen am neuen Wohnort nicht mehr erfüllen kann, wie t-online.de erklärt.

In solch einem Fall kann innerhalb von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden.

Auch wenn der Anbieter die Preise während der Vertragslaufzeit anhebt oder die vertraglich vereinbarten Leistungen kürzt, kann vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht werden.

Krankenversicherungen

Wenn die gesetzliche Krankenkasse ohne Mehrleistung die Beiträge erhöht oder die vertraglich vereinbarten Leistungen kürzt, kann der Verbraucher aufgrund von einseitiger Änderung der Vertragsbedingungen vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und innerhalb von vier Wochen kündigen. Dies geht aus Paragraph 40 des Versicherungsvertragsgesetz hervor.

Bei privaten Krankenversicherungen kann außerordentlich gekündigt werden, wenn das Jahreseinkommen des Versicherten unter die Jahresbeitragsgrenze fällt und dieser jünger als 55 Jahre ist. In solch einem Fall ist laut dem Magazin Finanztip.de ein Wechsel zur gesetzlichen Krankenkasse möglich.

Strom- und Gasverträge

Auch bei Strom- und Gasverträgen gilt ein Sonderkündigungsrecht, wenn die Preise vom Anbieter erhöht werden. Die außerordentliche Kündigung ist auch dann möglich, wenn die Energiepreise aufgrund von Steuererhöhungen gestiegen sind und der Anbieter diese auf den Verbraucher umlegt.

Mietverträge

Bei einem Mietvertrag gilt unter bestimmten Umständen ebenfalls das Recht auf außerordentliche Kündigung. Sofern der Mieter nach Renovierung und Modernisierung der Immobilie die Miete erhöht, hat der Mieter gemäß Paragraph 555e BGB einen Zeitraum von zwei Monaten, um zu entscheiden, ob er in der Wohnung bleiben möchte oder nicht. Entscheidet sich der Mieter gegen das Fortbestehen des Mietvertrags, kann dieser mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten kündigen, ohne die erhöhte Miete in diesem Zeitraum zahlen zu müssen.

Ein Sonderkündigungsrecht besteht auch dann laut Paragraph 540 Absatz 1 Satz 2 BGB, wenn der Vermieter ohne triftigen Grund die Untervermietung der Wohnung untersagt.

Mitgliedschaft im Fitnessstudio

Mitgliedschaften in Fitnessstudios sind meist an lange Verträge mit einer Laufzeit von 12 bis 24 Monaten gebunden. Hier besteht die Möglichkeit auf außerordentliche Kündigung dann, wenn der Verbraucher erkrankt und von einem Arzt eine Sportuntauglichkeit attestiert bekommt.

Auch wenn das Fitnessstudio den Standort wechselt und sich so die Anfahrt des Verbrauchers verlängert, greift das Sonderkündigungsrecht. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Verbraucher - unabhängig vom Grund - umzieht und den Wohnort wechselt. In solch einem Fall kann der Vertrag nicht ohne weiteres außerordentlich gekündigt werden.

Henry Ely / Redaktion finanzen.net

Bildquellen: ER_09 / Shutterstock.com