Online-Arztbesuch

Neue Umfrage zeigt: Videosprechstunden beim Arzt gewinnen immer mehr an Beliebtheit

20.06.22 22:55 Uhr

Neue Umfrage zeigt: Videosprechstunden beim Arzt gewinnen immer mehr an Beliebtheit | finanzen.net

Immer mehr Deutsche freunden sich mit dem Konzept der Online-Sprechstunde beim Arzt an. Eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom zeigt, dass deutlich mehr Patienten als noch im Vorjahr bereits eine Videosprechstunde bei einem Arzt oder Psychotherapeuten in Anspruch genommen haben - die Corona-Krise hat den bereits vorher begonnenen Trend noch zusätzlich verstärkt.

Die Videosprechstunde wird immer beliebter

Die Corona-Pandemie gilt zwar in weiten Teilen als überstanden, doch die Nachwirkungen zeigen sich noch immer in den verschiedensten Bereichen des täglichen Lebens. So zum Beispiel auch beim Arztbesuch: Laut der im März 2022 durch den Branchenverband Bitkom in Auftrag gegebenen repräsentativen Befragung, an der 1.003 Menschen in Deutschland ab 16 Jahren teilgenommen haben, gaben 18 Prozent der Befragten an, bereits eine Videosprechstunde bei einem Arzt oder Psychotherapeuten in Anspruch genommen zu haben. Dies stellt einen Zuwachs von mehr als vier Prozent gegenüber 2021 dar und beweist die immer weiter wachsende Beliebtheit von Online-Arztbesuchen.

Auch im Detail zeigt die Befragung, wie sehr sich immer mehr Menschen für die Videosprechstunde beim Arzt erwärmen. So sagten zum Beispiel 71 Prozent der Befragten, die bereits an einer Online-Sprechstunde teilgenommen haben, dass ihre Erfahrungen "überwiegend positiv" waren. Ganze zwei Drittel gaben sogar an, dass sie die Behandlung per Video als genauso gut wie die traditionelle, persönliche Sprechstunde empfanden. 79 Prozent wünschten sich ein noch größeres Angebot an Videosprechstunden.

Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer von Bitkom, ordnet die Ergebnisse der Umfrage folgendermaßen ein: "Gerade wenn es um eine einfache Nachkontrolle, das Einholen einer Zweitmeinung oder eine reine Informations-Sprechstunde geht, erleichtert die Online-Sprechstunde den Alltag für Arzt und Patient enorm." Weiter erklärt Dr. Rohleder: "Patienten werden die Hemmungen vor dem Gang in die Praxis genommen und auch der Arzt hat Vorteile: Er reduziert den Andrang im Wartezimmer und kann die Online-Sprechstunde flexibler handhaben als Termine in der Praxis."

60 Prozent der Internetnutzer wissen bei Videosprechstunden den Umstand zu schätzen, dass das Problem des Zugangs zu räumlich weit entfernten Ärzten, wie zum Beispiel speziellen Fachärzten, komplett entfällt. 58 Prozent sehen in dem vollständigen Ausbleiben der Wartezeit in der Praxis einen großen Vorteil. Der Wegfall des Ansteckungsrisikos durch physischen Kontakt ist für 41 Prozent ein wichtiger Grund, die Videosprechstunde vorzuziehen.

2018 wurde das gesetzliche Verbot aufgehoben

Im Mai 2018 wurde die rechtliche Blockade für Videosprechstunden entfernt, als der Deutsche Ärztetag mit großer Mehrheit für die Aufhebung des Fernbehandlungsverbots stimmte. Wie heise online berichtet, dürfen Patienten und Patientinnen seitdem auch online krankgeschrieben werden und können eine (elektronische) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten, die für bis zu sieben Tage gelten kann, sofern der Arzt den betreffenden Patienten kennt. Ansonsten liegt die längste mögliche Geltungsdauer bei drei Tagen.

Vor der Aufhebung des Verbots war es Ärzten nur dann erlaubt, Patienten aus der Ferne zu behandeln, wenn bereits Erstkontakt stattgefunden hatte. Die beiden Hauptkritikpunkte bei der reinen Online-Behandlung sind der Datenschutz und die Qualität der Behandlung. Zur Gewährleistung des Datenschutzes sind für den Einsatz bei Fernsprechstunden lediglich Anwendungen zertifizierter Videodienstanbieter zugelassen.

Die Pandemie wirkte als starker Katalysator

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren zweifellos ein treibender Faktor bei der voranschreitenden Entwicklung der Online-Kultur im deutschen Medizinwesen. Im Zeitraum zwischen März 2020 und März 2022 war es Ärzten und Psychotherapeuten ohne jegliche Beschränkungen möglich, Fernsprechstunden durchzuführen und vergütet zu werden. Nun dürfen seit April 2022 zwar nur noch 30 Prozent der Sprechstunden als Fernsprechstunden abgerechnet werden, was jedoch im Vergleich zu den 20 Prozent, die es noch vor der Krise waren, eine deutliche Erhöhung darstellt. Die gesetzliche Grundlage für die Anhebung ist heise online zufolge das im Juni 2021 auf den Weg gebrachte "Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege" (DVPMG).

Abgesehen davon konnten Patienten und Patientinnen während der Zeit der Pandemie auch Heilmittelbehandlungen wie Krankengymnastik oder Atemtherapie über einen Videotermin in Anspruch nehmen. Zu der Zeit noch eine Sonderregelung, wurden diese sowie weitere außerordentliche Regelungen inzwischen durch den G-BA in die Regelversorgung überführt. Ob und inwieweit die Möglichkeiten für Online-Arztbesuche in Deutschland noch weiter ausgebaut werden, bleibt abzuwarten.

Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net

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