Führungskräfte: Implementierung von KI im Berufsalltag
Die Frage nach dem richtigen Umgang mit KI-Tools treibt einige Führungskräfte umher, schließlich haben viele Mitarbeiter brennende Ideen. Doch welche Tools sind tatsächlich notwendig und wie können sie richtig eingebunden werden?
KI-Tools im Trend
Im November 2022 wurden mit dem Sprachbot ChatGPT neue Möglichkeiten eröffnet. Durch die Alltagstauglichkeit des Tools wurde die Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI) immer beliebter. Diese Entwicklung stellt auch Werner Binsmaier fest. Binsmaier ist Informatiker und seit sechs Jahren Führungskraft in einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen. In einem Interview mit dem Handelsblatt erklärt er: "Mindestens einmal pro Woche will jemand mit einem neuen KI-Tool vorhandene Probleme lösen oder sogar solche, die wir nie hatten." Seine größte Sorge ist die Weitergabe von empfindlichen Daten wie firmenspezifischem Know-how oder sensiblen Kundendaten an die Bots und somit auch an die Konkurrenz.
Die Vor- und Nachteile der KIs zu kennen ist essenziell, um den richtigen Umgang mit ihnen zu gewährleisten. Aus diesem Grund stellt sich vielen Führungskräften die Frage, inwiefern KI-Tools tatsächlich im Arbeitsalltag eingebunden werden können. Die Wichtigkeit des Themas geht aus dem HR-Report des Personaldienstleisters Hays und dem Institut für Beschäftigung und Employability IBE hervor. Der Einsatz künstlicher Intelligenz in Unternehmen verändert nämlich die Aufgaben und Rolle einer Führungskraft. "Führungskräfte nehmen bei der Einführung von KI unterschiedliche Rollen ein. Sie sind Begleitpersonen, Projektverantwortliche und Multiplikatoren", so das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa).
Analyse der Teamprozesse
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist immer dann lohnenswert, wenn Prozesse vereinfacht werden können. Um diese ausfindig zu machen, sollte laut Matthias Roggendorf, Partner bei Quantum Black, das Team genau evaluiert werden. In einem Interview mit dem Handelsblatt beschreibt er wichtige Fragen: "Wo generieren wir Texte? Wo durchsuche ich systematisch Dokumente nach bestimmten Informationen? Wie viel Prozent meines Tages nehmen diese Aufgaben ein?" Die Beantwortung dieser Fragen kann dabei helfen, Anknüpfungspunkte für den Einsatz von Tools zu finden.
Auf sich selbst gestellt ist die Führungskraft dabei jedoch nicht. Roggendorf verweist auf die IT-Abteilung. Dort könne man nach bereits verfügbaren Tools fragen. Mögliche Aufgabenbereiche, um die Arbeit der Führungskraft selbst zu erleichtern, ergaben sich aus einer Befragung von rund 972 Führungskräften in deutschsprachigen Ländern. Der HR-Report ergab folgende Einsatzmöglichkeiten: (1) Entlastung von Routineaufgaben; (2) Entlastung von Kontrollaufgaben; (3) Hilfe bei der Entscheidungsfindung; (4) Hilfe bei Ressourcenplanung und (5) Entlastung von Koordinationsaufgaben.
Kontinuierliches Weiterbilden
Innovation und Fortschritt gehen mit neuen Entwicklungen einher. Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz. Diese Veränderungen zu ignorieren, wäre fatal. Um KI sinnvoll einbinden zu können, sollte die Führungskraft selbstständig gewisse Tools ausprobieren und bei Bedarf implementieren. Auch können Schulungen besucht werden, um auf dem neusten Stand zu bleiben. Unabhängig davon, ob das eigene Wissen durch Experimente und Ausprobieren oder Schulungen herrührt - die Hauptsache ist, dass der bevorstehende Wandel der Arbeitswelt bewusst in das Unternehmen integriert wird. Zu beachten ist jedoch, dass nicht nur die Führungskräfte, sondern auch die Mitarbeitenden Qualifikationen und Kompetenzen für die Nutzung von KIs entwickeln müssen.
Prozessbegleitung
Die Integration neuer Tools geht immer mit einem Prozess einher, weshalb insbesondere das Stichwort Change Management für Führungskräfte relevant wird. Die gesamte Organisation muss auf den Einsatz von KI vorbereitet werden. Dazu gehört es, grundsätzlich offen im Umgang mit den Mitarbeitenden zu sein, um mögliche Ängste von Beginn an ernst zu nehmen und zu verringern. Da die wohl größte Angst der Mitarbeiter sich in der eigenen Ersetzbarkeit wiederfindet, sollten Führungskräfte das eigene Team in seiner Funktion bekräftigen. Schließlich können die Tools nur durch das Fachwissen der Angestellten trainiert werden.
Außerdem kann es sinnvoll sein, das Team in den Entscheidungsprozess mit einzubinden. Anna Wiesinger, Partnerin bei McKinsey, erläutert in einem Interview mit dem Handelsblatt die Aufgaben des Mittel- und des Topmanagements. Für das Mittelmanagement sei die Initiative von besonderer Bedeutung, durch Einbinden des Teams ließe sich die Offenheit fördern. Das Topmanagement sollte eine übergreifende KI-Strategie entwickeln, welche insbesondere auf Aspekte wie Datenschutz und Compliance eingeht. Bestenfalls werden Leitlinien festgehalten, welche klare Regeln kommunizieren.
Peter Boenisch ist Manager im Bereich Technical Services bei der Süddeutschen Gelenkscheibenfabrik GmbH & Co. KG. Im Gespräch mit der ifaa sagt er: "Bei der Einführung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz ist es die Aufgabe von Führungskräften, die betroffenen Mitarbeiter im Rahmen einer Stakeholderanalyse abzuholen. Und zwar Betroffene zum einen im positiven Sinn, das heißt, dass irgendetwas leichter wird und Chancen durch die Künstliche Intelligenz bestehen. Zum anderen aber auch Betroffene, denen man etwas wegnimmt. Also das ist bei der Stakeholderanalyse tatsächlich die größte Herausforderung. Den Widerständen sollte dabei mit viel Kommunikation begegnet werden."
Transparenz
Um diese Offenheit weiterhin zu fördern, sollte stets Transparenz herrschen. Wird die Verwendung bestimmter Tools geplant, müssen die Angestellten informiert werden. "Machen Sie nicht den Fehler, die Entscheidung für ein KI-Tool von oben herab zu treffen, ohne genau zu erklären, wie es in den Arbeitsalltag passen könnte", betont Matthias Roggendorf. Dasselbe sei für Fehler oder Rückschläge gültig: "Vielleicht stiftet ein Tool doch nicht den Nutzen, den ich mir erhofft hatte. Dann ist es wichtig, das auch vor dem Team einzugestehen", erklärt er weiter. Einer Studie von Wittpahl aus dem Jahr 2018 zufolge stellt Transparenz die nötige Akzeptanz für Veränderungen her. Sie ist also ein elementarer Baustein im Veränderungsprozess.
Zwischenmenschlichkeit
Nicht in Vergessenheit geraten sollte in einer immer stärker digitalisierten Welt jedoch die Zwischenmenschlichkeit. Regelmäßige Teammeetings oder persönliche Gespräche sind unerlässlich, um die Angestellten weiterhin an das Unternehmen zu binden. Hays-Vorstand Alexander Heise appelliert im Gespräch mit dem Handelsblatt: "Der zwischenmenschliche Kontakt muss intensiver und mehr werden, keinesfalls weniger."
J. Vogel / Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Stock-Asso / Shutterstock.com, Deemerwha studio / Shutterstock.com