Gehaltsverhandlung in Inflationszeiten: Vorbereitung ist das A und O
Lebensmittelpreise, Fahrtkosten und Mietausgaben steigen stetig an. Daher scheint es naheliegend, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. Doch wie geht man dabei am besten vor?
Vorsicht bei der Wahl der Argumente
Die hohe Teuerungsrate oder gar den Fachkräftemangel als eigenständige Argumente zu nutzen, davon rät Annina Hering, Arbeitsmarktexpertin beim Jobportal Indeed im Gespräch mit ntv.de ab. Sie können die Bedeutung der persönlichen Leistungen untermauern, sollten jedoch nicht im Fokus stehen, da sie leicht auszuhebeln seien. Es besteht nämlich keine Ausgleichspflicht seitens des Arbeitgebers, eine Gehaltserhöhung aufgrund steigender Preise zu verlangen, wird also eher nicht von Erfolg gekrönt sein: "Kein Chef und keine Chefin lässt sich gerne über die Maße unter Druck setzen", erklärt Hering.
Persönliche Leistungen hervorheben
Um die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Verhandlungsgesprächs zu erhöhen, ist es wichtig, sich gut vorzubereiten. Besonders die Begründung der Gehaltserhöhung sollte hieb- und stichfest sein, um eine Grundlage für die Verhandlung zu bieten. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, die Argumente auf Basis der persönlichen Leistungen zu formulieren. "Normalerweise sollte der Wunsch nach einer Gehaltserhöhung mit der eigenen Leistung begründet und dem Beitrag zum Erfolg des Unternehmens untermauert werden", erklärt Hering gegenüber ntv.de. Die Forderungen müssen gut begründet und sachlich vorgetragen werden, konstatiert die Expertin weiter. Persönliche Gründe können dabei die Erweiterung des Aufgabengebiets oder des Kundenstamms sein. Aber auch die Optimierung von Prozessen, welche die Abläufe des Unternehmens erleichtern, sei ein Grund für eine Gehaltserhöhung. Darüber hinaus existieren noch viele weitere persönliche Gründe, die eine Forderung angemessen erscheinen lassen.
Gespräch üben
Neben den eigenen Argumenten sollten sich auch Gegenargumente überlegt werden. Die Antizipation möglicher Gegenwehr ermöglicht es, diese im Keim zu ersticken. Außerdem kann es hilfreich sein, das Gespräch im Vorhinein zu trainieren. Eine klare Struktur der eigenen Argumente sorgt für ein selbstbewusstes, entschlossenes und überzeugendes Auftreten. Auf diese Weise bekommt der Gesprächspartner den Eindruck, man sei der Überzeugung, das höhere Gehalt wirklich zu verdienen.
Bis zu 25 Prozent möglich
Bei der Vorbereitung sollten auch die eigenen Vorstellungen und Forderungen bedacht werden. Grundsätzlich kann das eigene Einkommen als Anhaltspunkt dienen. Das Portal arbeitsrechte.de empfiehlt bei gleichbleibender Tätigkeit und einem Zeitraum von mindestens 18 Monaten "nicht mehr als drei bis zehn Prozent" zu fordern. Bei neuen Aufgabengebieten oder einer Beförderung seien jedoch Forderungen von 10 bis 15 Prozent erfolgsversprechend. Verhandlungsexpertin und Coachin Claudia Kimich ist jedoch anderer Meinung. Ihr zufolge sei weitaus mehr möglich: "Tatsächlich sind im Normalfall zehn bis 25 Prozent drin. Wenn ich gut vorbereitet bin", erklärt sie gegenüber ZDFheute. Einer ihrer Kundinnen sei sogar eine Gehaltserhöhung von 80 Prozent zugesprochen worden, dies sei allerdings ein Ausnahmefall.
Nicht aufgeben
Verläuft das Gespräch nun anders als erwartet, ist es wichtig, sich nicht unterkriegen zu lassen. Aufgeben sollte keine Option sein. Kimich rät noch "ein zweites, drittes, viertes, fünftes Gespräch [zu] führen". Die Angst, sein Gegenüber zu nerven, sei unbegründet. Im Gegenteil: "Ich höre immer 'Ich will die doch nicht nerven' - doch! Weil sonst passiert nämlich nichts - ganz oft", verdeutlicht Kimich im Gespräch.
Wenn alle Stricke reißen und partout kein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann, ist es immer hilfreich, Alternativen parat zu haben. Statt der Gehaltserhöhung können Benefits ausgehandelt werden, die den Arbeitsalltag ebenfalls erleichtern. Beispiele hierfür sind Arbeiten im Homeoffice, einen Dienstwagen oder -fahrrad, mehr Urlaubstage oder ein anderes Zeitarbeitsmodell. Es existieren vielfältige Wege, diese sollten jedoch von den jeweiligen Möglichkeiten des Berufsfelds und den eigenen Präferenzen ausgehen.
J. Vogel / Redaktion finanzen.net
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