Berliner Testament: Wissenswertes über das gemeinschaftliche Testament zwischen Ehegatten
Das sogenannte Berliner Testament bezeichnet eine gemeinschaftliche Verfügung über den letzten Willen von Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartnern. Diese Form der letztwilligen Verfügung bietet viele Vorteile, birgt aber auch einige Risiken. Doch worum handelt es sich bei dieser besonderen Form des Testaments genau?
Was versteht man unter einem Berliner Testament?
Die den letzten Willen betreffenden gesetzlichen Regelungen sind nicht immer in allen Situationen für alle Parteien am günstigsten. Wie die Rechtsanwaltskanzlei Rose und Partner erklärt, entstehen beispielsweise innerhalb von Familien, die bei einem Todesfall per Gesetz in Erbgemeinschaften mit mehreren Erben aufgeteilt werden, oft Konflikte zwischen den Parteien, im Besonderen im Fall von Ehegatten mit noch minderjährigen Kindern als Erben. Das sogenannte Berliner Testament bietet daher die Möglichkeit, die Erbfolge zunächst zugunsten des länger lebenden Ehegatten abzuändern. Durch die Enterbung der Kinder wird somit das Entstehen einer Erbgemeinschaft verhindert, sodass der hinterbliebene Ehegatte hinsichtlich der gesamten Erbmasse unabhängig vom Nachwuchs agieren kann. Zudem enthält ein Berliner Testament in der Regel einige weitere Klauseln, die beispielsweise den Widerruf bestehender letztwilliger Verfügungen, Wiederverheiratung, Regelung der Anfechtungsmöglichkeiten im Erbfall, Vormundschaftsregelungen und ggf. Testamentsvollstreckung für minderjährige Kinder betreffen.
Besonderheiten und Vorteile
Das Berliner Testament zeichnet sich Rose und Partner zufolge besonders dadurch aus, dass es aufgrund der darin enthaltenen wechselbezüglichen Verfügungen, welche für die Ehegatten verbindlich sind, nicht einfach widerrufen werden kann. Die einzige Möglichkeit, ein solches Testament einseitig zu widerrufen, besteht in einem Widerruf in notarieller Form, der dem Ehegatten förmlich zugestellt werden muss. Sollte einer der beiden Partner versterben, scheidet ein Widerruf sogar gänzlich aus. Für die Wiedererlangung seiner Testierfreiheit müsste der Hinterbliebene die Erbschaft in diesem Fall ausschlagen. Der Reiz an einer solchen Verfügung besteht laut Finanztip darin, dass der überlebende Ehegatte ohne jegliche Erbauseinandersetzung an das Vermögen gelangt, was insbesondere dann vorteilhaft ist, wenn der überwiegende Teil jenes Vermögens in einer Immobilie besteht, die der länger Lebende weiterhin bewohnen möchte. Darüber hinaus stellt diese Option den sichersten Weg dar, den Lebensstandard des Hinterbliebenen so weit wie möglich zu sichern. Erst nach dem Tod beider Eltern wird dann der Nachlass gerecht unter den Kindern aufgeteilt.
Risiken und Gefahren
Neben diesen Vorteilen sollte jedoch beachtet werden, dass die gemeinsame Aufsetzung eines Berliner Testaments nicht ganz frei von gewissen Risiken ist. So ist gerade bei einer solchen gemeinschaftlichen Verfügung ganz besonders darauf zu achten, dass der Text des Testaments sehr exakt formuliert ist, um etwaige ungewollte rechtliche Folgen auszuschließen, und dass sich die Ehegatten im Vorfeld genauestens darüber klar werden, in welchem Ausmaß sich die Bindungswirkung des Berliner Testaments entfalten soll. Eine mögliche Komplikation besteht darin, dass die Kinder unabhängig von den familiären Verhältnissen Pflichtansprüche geltend machen, da es diese in vielen Fällen nicht hinnehmen wollen, dass sie bei der Erbschaft zunächst komplett leer ausgehen und auf eine gerechte Verteilung nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten vertrauen müssen. Durch sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln zulasten der Kinder lässt sich diese Problematik zwar eingrenzen, jedoch nicht vollständig beheben. Außerdem ist der steuerliche Nachteil zu beachten, der mit der Enterbung der Kinder einhergeht. Da die Freibeträge der Kinder nicht genutzt werden, muss der hinterbliebene Ehegatte Erbschaftssteuer abführen. Kommt es dann zum zweiten Erbfall, geht das gesamte Vermögen als Ganzes an die Kinder, was zur Folge haben kann, dass die Freibeträge dann nicht mehr ausreichen und ein zweites Mal Erbschaftssteuer anfällt. Eine steuerliche Entschärfung kann jedoch durch Vermächtnislösungen erreicht werden, auch ohne die Entstehung einer Erbengemeinschaft in Kauf nehmen zu müssen.
Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: MakroBetz / Shutterstock.com