Discounter als Nahversorger

Aldi, Lidl und Co.: Können Lebensmitteldiscounter die E-Auto-Branche verändern?

26.03.20 06:09 Uhr

Aldi, Lidl und Co.: Können Lebensmitteldiscounter die E-Auto-Branche verändern? | finanzen.net

Mit der Installation von Ladepunkten auf eigenen Parkplätzen steigern Discounter wie Aldi oder Lidl nicht nur den eigenen Umsatz. Die Marketing-Maßnahme könnte auch die deutsche E-Auto-Branche voranbringen.

Ladestationen auf dem eigenen Parkplatz zu installieren, ist eine Strategie, die längst nicht mehr neu ist. Bereits 2015 begann Lebensmittel-Riese Aldi als Vorreiter, seine Filialen mit Ladesäulen auszustatten. An den mittlerweile 80 Ladestationen, die sich meist in Ballungsgebieten befinden und durch eigene Photovoltaik-Anlagen versorgt werden, können Kunden ihre E-Autos - kostenlos - aufladen. Auch Lidl ließ nicht lange auf sich warten: Die 30 bereits bestehenden Ladestationen sollen bis März 2020 auf 400 erweitert werden und den eigenen Kunden ebenfalls kostenfrei zur Verfügung stehen. Die Marketing-Maßnahme könnte größere Auswirkungen auf die Branche haben, als die Unternehmer zunächst dachten.

Stärkung des "grünen Images" oder des Umsatzes?

Die Grundidee dahinter ist zunächst, den Kunden den besten Service anzubieten. Dadurch stärkt man sich nicht nur das eigene Image als Einzelhändler, sondern auch dasjenige als "Umweltschützer". Darüber hinaus ist es eine gute Gelegenheit, den eigenen Umsatz zu steigern. Denn während ein Kunde sein E-Auto gerade aufladen lässt, ist die Chance recht hoch, dass er sich auch in die Filiale begibt und vielleicht sogar 20 Minuten länger bleibt, um einzukaufen. Nicht zuletzt werde die Entwicklung laut Jan-Oliver Heidrich, Vorsitzender des Energieausschusses im Handelsverband, durch die starke Konkurrenz vorangetrieben.

Die Initiative kommt aber nicht allein vonseiten der Unternehmen. Sie kann auch als Vorbereitung auf eine Regelung angesehen werden, die ab März 2020 in Kraft treten soll. Demnach ist bei Neubauten und Renovierungen an Nichtwohngebäuden mit mehr als zehn Parkplätzen je ein Ladepunkt anzubringen. Und davon sind nicht nur Lebensmittelhändler betroffen. Auch Möbelhändler IKEA investierte sechs Millionen Euro, um an 53 Möbelhäusern 113 Stromtankstellen aufzubauen.

Deutschland liegt europaweit noch zurück

Eine Maßnahme, die hierzulande nicht ganz unwillkommen ist. Denn europaweit liegt Deutschland mit seiner Anzahl an Ladestationen noch deutlich zurück. Derzeit verteilen sich auf 100.000 Einwohner gerade einmal 31 Ladestationen. In der Schweiz hingegen sind es 237 und in Norwegen 215 je 100.000 Einwohner. Ein Grund hierfür könnten die staatlichen Förderrichtlinien sein, die sich für Einzelhändler derzeit noch als ungünstig erweisen.

Das von der Regierung aufgelegte Förderprogramm sieht zwar vor, die Einrichtung von Ladesäulen zu finanzieren. Allerdings sieht die Fördermaßnahme vor, nur solche Projekte zu unterstützen, die rund um die Uhr erreichbar sind. Da die Parkflächen von Händlern nachts vor Dauerparkern aber abgeriegelt werden müssen, sind ihre Ladestationen nicht immer zugänglich. Somit müssen die Händler die hohen Investitionskosten derzeit selbst übernehmen. Häufig kooperieren sie mit Energieversorger und teilen sich dabei die Kosten.

Starker Einfluss auf die E-Branche

Heidrich sieht ein großes Problem in den Förderrichtlinien. Diese würden "den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur im Handel" bremsen, wie der Experte gegenüber Handelsblatt äußerte. "Wenn die Politik will, dass der Handel mehr Ladepunkte anbietet, muss sie da den Unternehmen entgegenkommen", so Heidrich weiter. In dem Ausbau der Ladestationen auf Parkplätzen steckt tatsächlich großes Potenzial für die deutsche E-Auto-Branche. Denn Frank Meyer, Leiter der Bereiche Innovation und B2C Solutions bei E.ON, gab gegenüber Business Insider an, dass es nicht darauf ankommt, viele Ladestationen, sondern sie an den richtigen Standorten aufzubauen.

Die meisten Menschen würden ihre E-Fahrzeuge dort aufladen, wo sie sich in der Regel mit sonstigen Tätigkeiten beschäftigen - beispielsweise bei sich in der Garage oder auf der Arbeit. Die wenigsten würden gezielt auf Haltestellen zufahren, um sich das Auto auftanken zu lassen. Und zu den günstigen Standorten zählen eben auch Supermärkte, Hotels oder Restaurants. Wenn es anschließend viele Ladestationen gibt, die flächendeckend und an den richtigen Orten verteilt sind, werden sich mehr Menschen dazu entscheiden, sich ein E-Auto zuzulegen. Denn das ist bisher einer der Hauptgründe, weshalb viele Kunden noch zögern, sich ein elektrisch betriebenes Fahrzeug anzuschaffen.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Ian Francis / Shutterstock.com