Corona-Tests bei der Arbeit

Darf der Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen?

10.07.21 21:37 Uhr

Darf der Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen? | finanzen.net

Corona-Tests für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten sind bundesweit verpflichtend. Aber dürfen Arbeitgeber Corona-Tests anordnen, wenn Mitarbeiter aus einem Nicht-Risikoland zurückkehren?

Einstufung als Risikogebiet

Zusammen mit der Bundesregierung prüft das Robert Koch Institut (RKI) fortlaufend, welche Länder aktuell als Risikogebiete einzustufen sind, in welchen Gebieten also ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV-2 besteht. Die Analyse zur Einstufung als Risikogebiet basiert auf zwei Kriterien. Zum einen werden Staaten betrachtet, in denen in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.00 Einwohner festgestellt wurden. Zum anderen wird qualitativ geprüft, ob Länder unter diesem kritischen Grenzwert eventuell trotzdem ein erhöhtes Infektionsrisiko aufweisen.

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Verpflichtende Corona-Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten

Nur wer mit einem ärztlichen Zeugnis vorweisen kann, dass keine SARS-CoV-2-Infizierung vorliegt, ist von den bundesweit verpflichtenden Corona-Tests nach Rückkehr aus einem Risikoland ausgenommen. Für alle anderen gilt laut der aktuellsten Bekanntmachung von Gesundheitsminister Jens Spahn: Nach dem Urlaub in einem Risikogebiet ist eine Absonderung in Form eines Corona-Tests verpflichtend, außerdem müssen Urlaubsrückkehrer nach der aktuellen Bekanntmachung ihre Identität (einschließlich Geburtsdatum), Reiseroute und Kontaktdaten einschließlich Anschrift des Wohnsitzes gegenüber der zuständigen Behörde bekannt geben.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Auch Arbeitgeber fürchten sich vor den Folgen des Coronavirus und ergreifen entsprechende Maßnahmen, um ihre Mitarbeiter und den Betrieb zu schützen. Viele Führungskräfte sind dabei unsicher, wie sie unter Einhaltung aller rechtlichen Bedingungen richtig handeln können. Gem. § 618 BGB besitzen Arbeitgeber eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern. Das heißt, Arbeitgeber haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten im Betrieb ohne Risiken für die eigene Gesundheit arbeiten können.

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Berechtigtes Interesse der Arbeitgeber muss vorliegen

Ist es also rechtlich einwandfrei, Urlaubsrückkehrer, die sich nicht in einem Risikoland aufgehalten haben, trotzdem auf SARS-CoV-2 zu testen? Laut Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin, ist dies unter bestimmten Bedingungen sehr wohl möglich: "Der Arbeitgeber braucht ein besonderes Interesse dafür", erklärt Bredereck. Ein "berechtigtes Interesse" läge vor, wenn konkrete Anhaltspunkte darauf hinweisen, dass eine erhöhte Infektionsgefahr besteht, so Bredereck gegeüber der dpa. In Zeiten einer Pandemie sei dieses Risiko laut dem Fachanwalt jedoch überall erhöht.

Außerdem besteht für Arbeitgeber laut der Neuen Juristischen Wochenschrift 2020 (NJW) nach Sagan/Brockfeld die Möglichkeit, die Vorlage eines ärztlichen Attests oder eine betriebsärztliche Untersuchung zu verlangen. Dies ist jedoch ebenfalls nur möglich, falls ein begründeter Verdacht besteht, dass Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert sein könnten.

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Vertrauen auf Beurteilung durch Behörden

Bedeutend ist laut Bredereck, dass Arbeitgeber nicht selbst beurteilen, ob eine erhöhte Infektionsgefahr bei der Rückkehr besteht. Hierfür verweist der Experte auf die Verordnungen und Analysen des Robert-Koch-Instituts (RKI) und auf die Landesbehörden, die eigene Quarantäne-Verordnungen erlassen.

Homeoffice als primäre Maßnahme zum Schutz von Mitarbeitern

Allerdings entfällt das Recht des Arbeitgebers auf Anordnung eines Corona-Tests, falls die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice besteht. Laut dem Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin müssen Arbeitgeber zunächst immer zum verhältnismäßig mildesten Mittel greifen. Daher ist ein verpflichtender Corona-Test nur rechtlich vertretbar, falls es keine Möglichkeiten gibt, dass betroffene Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten. Nach einer Statistik des Branchenverbandes Bitkom arbeiten daher Mitte März infolge der Corona-Krise ca. 49 Prozent aller Beschäftigten ganz oder zumindest teilweise im Homeoffice.

Redaktion finanzen.net

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