Arbeitsunfähigkeit: Wann Zweifel an einer Krankschreibung legitim sind
Wer länger als drei Tage krank ist, muss eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber vorlegen. In seltenen Fällen kann diese jedoch angezweifelt werden. Das Bundesarbeitsgericht klärt nun auf, in welchen Fällen Arbeitgeber diese Option ziehen dürfen.
Urteil vom 8. September 2021
"Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst", so lautet das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9. September 2021. Zuvor klagte eine kaufmännische Angestellte auf Entgeltfortzahlung. Nachdem die Klägerin nach ihrer Kündigung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorlegte, die genau über Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses dauerte, verweigerte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung. Zunächst bekam die Klägerin bei Vorinstanzen Recht. Die Beklagte ging jedoch mit Erfolg in Revision: Das Bundesarbeitsgericht kam zu dem Schluss, dass ein begründeter Zweifel an der Krankschreibung vorliegt. Nachdem die Klägerin das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichend belegen konnte, wurde die Klage abgewiesen.
In solchen Fällen ist der Zweifel an Krankschreibungen berechtigt
Ist ein Arbeitnehmer erkrankt und ist deshalb arbeitsunfähig, muss dies bei mehr als drei Tagen durch eine ärztliche AU bescheinigt werden. Die AU hat die rechtliche Qualität einer Urkunde, weshalb sie vor Gericht auch als Beweismittel eingesetzt werden kann. In seltenen Fällen wird die ärztliche AU jedoch angezweifelt, so Fachanwalt für Arbeitsrecht Patrick Klinkhammer gegenüber der Zeitung "Die Zeit". Der Arbeitgeber kann den Beweiswert einer AU in Frage stellen, wenn dieser ernsthafte und objektiv begründete Zweifel an der Krankschreibung vorbringen kann. "Gelingt das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen", so das Bundesarbeitsgericht.
E. Schmal / Redaktion finanzen.net
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