Arbeitsrecht

Arbeits- und Betriebssprache: Kann der Chef vorschreiben, welche Sprache gesprochen wird?

06.02.24 23:04 Uhr

Sprachpolitik im Betrieb: Kann der Arbeitgeber die Arbeits- und Betriebssprache vorschreiben? | finanzen.net

In den meisten Unternehmen mit Sitz in Deutschland wird Deutsch gesprochen. Was aber, wenn der Chef das ändern will? Müssen sich Arbeitnehmer in jedem Fall anpassen oder gibt es Ausnahmen?

Es kann insbesondere in internationalen Unternehmen vorkommen, dass nicht alle Mitarbeiter oder Kunden Deutsch sprechen. Haben diese Unternehmen einen Sitz in Deutschland, gilt für Arbeitsverträge deutsches Recht - und deswegen gelten genau wie für deutsche Unternehmen auch die deutschen Regelungen für Betriebs- und Arbeitssprache.

Der Unterschied zwischen Betriebs- und Arbeitssprache

Zunächst einmal ist der Unterschied zwischen der Betriebs- und der Arbeitssprache wichtig: Die Betriebssprache ist die Sprache, die im allgemeinen und alltäglichen Umgang unter Kollegen verwendet wird - also die Sprache, die auch an der Kaffeemaschine gesprochen wird beziehungsweise werden soll. Die Arbeitssprache hingegen ist die Sprache, die für offizielle Schreiben oder Arbeitsanweisungen & Co. verwendet wird. Arbeitgeber können beide oder nur eine der beiden Sprachen festlegen oder ändern. Dafür gibt es aber bestimmte Regeln und Voraussetzungen. Und für Arbeitgeber, die sich nicht an diese Regeln halten, kann es Konsequenzen geben.

Im Arbeitsvertrag festgelegte Sprachen

Ganz allgemein gilt: Was im Arbeitsvertrag steht, wird angewendet. Wenn also im Arbeitsvertrag eindeutig Englisch als Arbeitssprache festgelegt ist, dann ist der Arbeitnehmer auch dazu verpflichtet, Englisch als Arbeitssprache zu nutzen. Das gilt natürlich nicht nur für Englisch, sondern ebenfalls für alle anderen Sprachen - auch im Bereich der Betriebssprache: Hat sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag dazu verpflichtet, auch beim Kaffeeklatsch nur Englisch zu sprechen, so muss er dies tun.

Wurde im Arbeitsvertrag festgelegt, dass eine Änderung der Arbeits- und/oder Betriebssprache etwa von Englisch zu Deutsch vorgesehen ist, hat der Arbeitnehmer auch diesen Wechsel mitzumachen.

Wechsel der Arbeits- oder Betriebssprache ohne vertragliche Regelung

Wie sieht es aber aus, wenn im Arbeitsvertrag keine Regelung bezüglich der Arbeits- und/oder Betriebssprache festgelegt ist oder explizit eine andere Arbeits- und/oder Betriebssprache vereinbart wurde?

In diesem Fall ist der Arbeitnehmer nicht automatisch dazu verpflichtet, in die andere Sprache zu wechseln - schließlich beherrscht er sie möglicherweise gar nicht auf dem dafür nötigen Niveau. Deswegen kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht einfach aufgrund fehlender Sprachkenntnisse kündigen, sondern muss für Fortbildungsmöglichkeiten sorgen. Das erklärt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein laut anwaltsregister.de. Erst wenn sich der Arbeitnehmer ungerechtfertigt weigert, diese Fortbildungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, ist eine Kündigung möglich.

Aber Achtung: Arbeitnehmer, die in ihrer Bewerbung angegeben haben, sie sprächen eine Sprache ‘fließend’, müssen diese im Falle eines Wechsels der Arbeits- und/oder Betriebssprache auch tatsächlich fließend sprechen können. Andernfalls haben sie in ihrer Bewerbung falsche Angaben gemacht, was rechtliche Konsequenzen haben kann.

Betriebssprache kann nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats gewechselt werden

Paragraf 87, Absatz 1, Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) besagt: Sofern keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, muss der Betriebsrat bei "Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb" mitbestimmen. Die Betriebssprache ist wichtiger Bestandteil des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb - weswegen kein Arbeitgeber sie ohne Zustimmung des Betriebsrats ändern kann (Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln im Jahr 2009). Tut er dies doch und daraus resultieren Verständigungsprobleme, welche wiederum zu einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung führen, so wird er für den unrechtmäßigen Wechsel der Betriebssprache belangt.

Übrigens: Alexander Bredereck, ebenfalls Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt auf anwalt.de, dass ein Wechsel der Arbeits- und/oder Betriebssprache nicht ohne guten Grund erfolgen kann. Arbeitgeber müssen eine Änderung der Sprache also mit einer Begründung rechtfertigen.

Olga Rogler / Redaktion finanzen.net

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