Wohnen in Deutschland, arbeiten in der Schweiz: Lohnt sich das Grenzgängertum?
Etliche Menschen zieht es von Deutschland in die Schweiz, da im kleinen Alpenland durchschnittlich deutlich höhere Gehälter gezahlt werden. Das höhere Einkommen wird in der Schweiz jedoch durch höhere Lebenshaltungskosten ausgeglichen. Viele entscheiden sich deshalb, in Deutschland zu wohnen und in der Schweiz zu arbeiten - doch lohnt sich das Grenzgängertum?
Unter welchen Voraussetzungen darf man in der Schweiz arbeiten?
Nicht jeder darf einfach so in der Schweiz arbeiten. Hierbei stellt nicht der allgemeine Zugang zum Arbeitsmarkt eine Hürde dar, sondern vielmehr die Aufenthaltserlaubnis. Wie das Portal Grenzgängerdienst schreibt, profitieren Staatsangehörige der sogenannten EU-/EFTA-Staaten "vom freien Personenverkehr und können sich generell drei Monate im Land aufhalten, um eine Arbeit zu finden". Für längere Aufenthalte sei eine Aufenthaltsbewilligung der Wohnbehörde erforderlich, welche sich für Grenzgänger aber erübrige, da diese schließlich ihren Wohnsitz in Deutschland behalten.
Wurde eine passende Stelle gefunden, benötigt der Arbeitnehmer in der Regel eine weitere Aufenthaltsbewilligung. Laut der Website Grenzgänger entfällt diese für deutsche Berufspendler aber ebenfalls. Statt einer Aufenthaltsbewilligung, den sogenannten L- oder B-Ausweisen, benötigen Grenzgänger einen G-Ausweis. Dieser wird ausschließlich an Personen aus EU-/EFTA-Staaten ausgehändigt, die in ebendiesen Ländern, wie zum Beispiel Deutschland, leben und in der Schweiz arbeiten. Die Voraussetzung ist allerdings, dass die entsprechenden Arbeitnehmer mindestens einmal in der Woche an ihren ausländischen Wohnsitz zurückkehren. Eine Grenzgängerbewilligung richtet sich an der Dauer des Arbeitsvertrags. Handelt es sich jedoch um eine mehrjährige oder gar unbefristete Beschäftigung, so besitzt sie eine Gültigkeit von fünf Jahren.
Wie lukrativ ist ein Job in der Schweiz?
Die Durchschnittsgehälter sind in der Schweiz deutlich höher als in den umliegenden Nachbarländern. Laut der Website Gehaltsreport beträgt das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen in der Schweiz 78.000 Schweizer Franken, was in etwa 74.826 Euro entspricht. Pro Monat bedeutet das ein Bruttogehalt von ca. 6.235 Euro. Zum Vergleich lag der durchschnittliche Monatsverdienst in Deutschland im Jahr 2020 nach Angaben von Statista bei 3.975 Euro brutto. In der Schweiz lässt sich somit deutlich mehr Geld verdienen als in Deutschland. Das höhere Einkommen wird allerdings durch die ebenfalls deutlich höheren Lebenshaltungskosten aufgezehrt. Grenzgänger umgehen diese Ausgaben aber, indem sie weiterhin in Deutschland leben und dort von den niedrigeren Lebenshaltungskosten profitieren.
Die Arbeitsbedingungen in der Schweiz sind sehr ähnlich zu denen in Deutschland. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt laut Grenzgänger zwischen 40 und 44 Stunden. Überstunden werden entweder mit Freizeit abgegolten oder mit einem Aufschlag ausbezahlt. Einen Mindestlohn gibt es trotz der höheren Gehälter nicht. Laut Grenzgänger orientieren sich die Löhne in den meisten Fällen an den Arbeitsjahren, sodass Dienstältere in der Regel höhere Einkommen beziehen. Der Urlaubsanspruch beläuft sich auf mindestens vier Wochen im Jahr. Unter 20-Jährige sollen sogar einen Mindestanspruch von fünf Wochen im Jahr haben.
Welche Steuern und Versicherungen muss man zahlen?
Zum höheren Gehalt gesellen sich in der Schweiz auch noch relativ niedrige Steuern. Im Durchschnitt liegt der Einkommenssteuersatz laut Grenzgänger bei 33,83 Prozent. Je nach Kanton könne dieser aber variieren. So bezahlen Bewohner des Kanton Zug mit 22,38 Prozent Einkommensteuer deutlich weniger als Ansässige im Kanton Genf mit 44,75 Prozent.
Für Grenzgänger sind diese Steuersätze allerdings unerheblich. Sie bezahlen in der Schweiz nämlich nur eine sogenannte Quellensteuer in Höhe von 4,5 Prozent. Die Einkommensteuer wird wie üblich in Deutschland an das Finanzamt entrichtet. Dies regelt das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Von niedrigeren Einkommensteuersätzen können Grenzgänger somit nicht profitieren.
Nach der Arbeitsaufnahme in der Schweiz ist es nach Angaben von Grenzgänger auch für Pendler verpflichtend, eine Schweizer Krankenversicherung abzuschließen. Diese decke die Grundversorgung nach dem Krankenversicherungsgesetz KVG ab. Anders als in Deutschland übernimmt der Arbeitgeber keinen Teil der Kosten, sodass die Krankenversicherung vollständig vom Arbeitnehmer getragen wird. Dafür sei diese aber günstiger als in Deutschland. Für Grenzgänger ist es mit dieser Krankenversicherung auch immer noch möglich, ohne zusätzliche Kosten deutsche Ärzte aufzusuchen.
Wie ist das Grenzgängertum?
Wer in der Schweiz arbeiten und in Deutschland leben möchte, der sollte sich auf viele Bus-, Bahn- oder Autofahrten einstellen. Tägliches oder wöchentliches Pendeln ist ein absolutes Muss. Die Bodenseeregion oder grenznahe Städte wie Lörrach und Weil am Rhein bieten allerdings kurze und schnelle Verbindungen zur Schweiz. Lörrach ist beispielsweise nur neun Kilometer von Basel entfernt. Laut der Website Auswandern-Handbuch biete sich aber auch Freiburg als Wohnsitz an, da man von dort mit dem ICE Basel in knapp 45 Minuten erreiche und die Züge tagsüber beinahe im Halbstundentakt abfahren.
Das Grenzgängertum ist abschließend betrachtet für all diejenigen ein guter Deal, denen häufiges Pendeln nichts ausmacht. Das Ausnutzen der höheren Gehälter in der Schweiz und der niedrigeren Lebenshaltungskosten in Deutschland ist eine Win-Win-Situation. Indes sind die Arbeitsbedingungen, Steuerlast sowie Versicherungskosten für Grenzgänger in beiden Ländern nahezu gleich.
Nicolas Flohr / Redaktion finanzen.net
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