Dachfonds: Das Duell Mensch gegen Maschine
An der Börse kämpft Mensch gegen Computer. €uro hat analysiert, wer dieses Duell bei den Dachfonds gewinnt und wer die besten Fondsmanager sind.
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Beim Schach hat der Mensch die Schlacht schon fast verloren. Gegen Computer können selbst Großmeister nur noch ab und an ein Spiel gewinnen. Auch an der Börse tritt der Mensch gegen den Computer an. Dort ist das Match aber noch offen. Deshalb wollte die €uro-Redaktion herausfinden, wer hier im Duell Geist versus Maschine vorn liegt. Gerade bei Dachfonds lässt sich dies gut beobachten. Bei Fonds also, deren Manager wiederum in andere Fonds investieren. Hier agieren die Portfoliostrategen besonders unterschiedlich. Eckhard Sauren verlässt sich ausschließlich auf sein Gespür für Menschen. Arne Sand nutzt dagegen ein selbst entwickeltes Handelssystem. Zwischen diesen Polen liegen Manager wie Johanna Kyrklund und Thomas Romig, die ganz pragmatisch mal auf den Menschen und mal auf die Maschine setzen.
Faktor Mensch
Kein Dachfondsmanager ist in Deutschland so bekannt wie Eckhard Sauren. „Ich investiere nicht in Fonds, sondern in Fondsmanager“, lautet das Motto, das der Wahlkölner seit Jahren wie eine teure Marke pflegt. Doch Sauren liefert mehr als gutes Marketing. Sieben seiner Dachfonds tragen eine €uro-FondsNote, vier davon die Bestnote 1 und zwei weitere die gute Note 2. Sauren und seine Kollegen sprechen oft und regelmäßig mit Managern von Aktien-, Renten- oder Absolute-Return-Fonds. Insbesondere, wenn diese ihren Arbeitgeber gewechselt haben wie Miles Geldard. „Ich dachte, er würde nicht wieder bei mir investieren“, sagt der einstige JP-Morgan- und heutige Jupiter-Manager, „so genau und kritisch hat er mich gefragt.“
Am Ende war Geldard überrascht, dass Sauren das Okay zum Kauf gab. Grund: Er traut ihm weiterhin zu, seinen Vergleichsindex auf Dauer zu schlagen, so wie 200 weitere Manager auch. Allein diese Fähigkeit zählt für ihn. Wie Sauren tickt, zeigte sich jüngst bei einer Gala in Frankfurt, als er die „Sauren Golden Awards“ verlieh. Er zeichnete nicht Fonds, sondern deren Manager aus. Nicht der Mainfirst Top European Ideas bekam einen Preis, sondern dessen Manager Olgerd Eichler. Nicht der Loys Global wurde geehrt, sondern Portfoliolenker Christoph Bruns.
Ungewöhnlich auch, dass Sauren Fonds beider Manager in seinen Dachfonds hält, obwohl sie konträre Meinungen vertreten: Eichler warnt nach dem Aktiencrash vom August 2011 eindringlich vor weiterhin schwierigen Börsenzeiten. Bruns freut sich dagegen über die tiefer notierenden Aktienmärkte, weil er so günstiger einsteigen kann. Sauren stören derartige Unterschiede nicht. Er ist überzeugt, dass Manager wie Eichler und Bruns am besten wissen, ob sie ihr Portfolio defensiver oder offensiver auszurichten haben.
Daher agierte Sauren im August 2011 auch nicht hektisch, als die Aktienkurse einbrachen: „An der Asset Allocation haben wir nichts geändert“, sagt er. „Wir diversifizieren unsere Portfolios breit über Manager und Anlageklassen. Somit sind wir auch in schwierigen Zeiten gut positioniert“. Temporäre Rückschläge müssen Anleger auf diese Weise aber in Kauf nehmen. Langfristig jedoch erzielten die Sauren-Dachfonds bislang Renditen, die über dem Durchschnitt liegen.
Faktor Maschine
Auch für Arne Sand zählt, wie gut ein Fondsmanager arbeitet. Doch setzt der Macher des Dachfonds smart-invest Helios AR seine Prioritäten anders. Für ihn ist das Timing das A und O, das heißt der Kauf und Verkauf zum richtigen Zeitpunkt. Sand will in guten Börsenphasen Geld verdienen, vorrangig aber starke Verluste von mehr als zehn Prozent vermeiden. „Diese kann man kaum wieder aufholen. Das haben wir in der Asien-Krise 1997/98 gelernt“, sagt der Chef der Stuttgarter Vermögensverwalter Sand und Schott. „Momentan befindet sich die Mehrzahl der Weltbörsen im Abwärtstrend“, erklärt Sand. „Daher ist der Helios-Fonds komplett in Geldmarktfonds investiert.“ So wählt er nur Geldmarktprodukte aus, die mit Staatsanleihen sehr guter „AAA“-Bonität besichert sind, etwa aus Deutschland, Finnland oder den Niederlanden. Der Vorteil des Helios-Fonds: Sand kann die Aktienquote zwischen null und 100 Prozent völlig frei variieren, je nach Börsenlage.
Sand vergleicht die heutigen Kursverläufe dabei mit jenen aus der Vergangenheit. Spricht die Historie eher für steigende Kurse, erhöht er den Aktienanteil. Andernfalls senkt er ihn. Dafür hat der Elektroingenieur vor rund zehn Jahren eigens ein automatisches Handelssystem entwickelt. Mittlerweile analysiert das Modell 8000 Fonds, die in mehr als 140 Aktien- und Anleihemärkten investiert sind. „Vorboten für einen Trendwechsel könnten in der derzeitigen Börsenphase erneut Nebenwerte und die Börse Hongkong sein“, sagt Sand. „Wir müssen aber sicher eine gute Zeit lang warten, bis sich wieder ein Aufwärtstrend etabliert.“
Doch für den Aufbau des Helios-Portfolios ist seine persönliche Meinung unerheblich. Relevant ist, ob sein Handelssystem Kauf- oder Verkaufssignale liefert. So wie im Frühjahr 2003, als es zum Einstieg beim HSBC GIF Indian Equity riet. Sand investierte, obwohl er nicht überzeugt war. Nichts deutete für ihn auf eine Kurswende hin. Am Ende gewann er mit dem Indien-Fonds so viel wie mit kaum einem anderen Aktienfonds. „Rückblickend betrachtet war das System wie so oft treffsicherer als der Mensch“, erklärt der Schwabe. Bedeutsamer als ein hoher Gewinn ist für den Vermögensverwalter jedoch, dass der smart-invest Helios AR die starke Baisse vom Sommer 2007 bis zum Frühjahr 2009 ohne herbe Verluste überstanden hat. Zwar sprang der Fonds danach nicht wie erhofft wieder an, doch hat Sand sein System mittlerweile „evolutionär“ angepasst.
Die Bilanz von Sand ist beachtlich. Im Juli 2003 übernahm er den Helios-Fonds. Seither hat er mit seinem Handelssystem um über 50 Prozentpunkte besser abgeschnitten als der MSCI-World. Ähnlich wie Sand investieren andere Anbieter. Dazu zählen die Dachfonds von Assenagon, Avana Invest, C-Quadrat oder der ETF-Dachfonds. In den Details arbeiten ihre Handelssysteme anders, doch die Prinzipien sind vergleichbar. Gemäß dem Motto von Sand: „Risiken meiden, Chancen nutzen – genau in dieser Reihenfolge.“ Das sei derzeit wieder das oberste Gebot. Sauren und Sand sind jedoch nicht typisch für die Branche. Viele Dachfondslenker müssen enge Vorgaben einhalten und können nicht eigenständig entscheiden. Das gilt gerade für Manager in großen Fondsgesellschaften. Nicht immer ist dieses Vorgehen dann von Erfolg gekrönt. Aber auch dort gibt es erfolgreiche Pragmatiker. Dazu zählt etwa Thomas Romig von Union Investment, der bei der Fondstochter der Volks- und Raiffeisenbanken unter anderem den UniStrategie: Ausgewogen verantwortet. Im Normalfall hält er darin 50 Prozent Aktien-, 40 Prozent Renten- und zehn Prozent Geldmarktfonds. Romig kann davon jedoch abweichen und die Aktienquote zwischen 30 und 70 Prozent hin und her bewegen. „Damit können wir ausreichend flexibel reagieren“, sagt er. So hat er im August 2011 den Aktienanteil nach und nach von 51 auf 39 Prozent gesenkt und dabei zugleich in defensive Dividendenwerte umgeschichtet.
Auch bei Anleihen hat er das Risiko reduziert und konnte den Fondspreis so vergleichsweise stabil halten, auch wenn er Verluste nicht komplett vermeiden konnte. Auf längere Sicht hat sich der Fonds aber ordentlich entwickelt. Auch Matthias Hoppe dreht beim Franklin Templeton Strategic Conservative Fund an ähnlichen Stellschrauben und liefert ordentliche Renditen ab. Weil er maximal nur 15 Prozent in Aktien investiert, kommt er in einer Aktienbaisse meist glimpflich davon.
Die Teamspielerin
Johanna Kyrklund investiert ebenfalls in Aktien, Anleihen und den Geldmarkt. Für die Managerin des britischen Fondshauses Schroders ist dieser klassische Mix aber nicht genug. Sie hat das Portfolio des Schroder Global Diversified Fund um Infrastruktur, Immobilien, Private Equity und -Rohstoffe erweitert. Je nach Börsenlage, richtet sie das Portfolio des Fonds dann offensiver oder defensiver aus. So hat sie im August stärker in Gold und den Geldmarkt investiert, um das Depot zu stabilisieren. -Kyrklund will Renditen erzielen, die mit Aktien vergleichbar sind, aber in der Zwischenzeit keine so hohen Einbußen erleiden. Ein Ziel, das sie bislang erreichen konnte. Ähnlich breit gestreut, aber eine Spur defensiver managt Gregor Hirt den Schroder Global Dynamic Balanced. Denn während Kyrklund zwischen 25 und 75 Prozent in Aktien halten kann, liegt Hirts Bandbreite hier zwischen null und 50 Prozent. Derzeit hält er 14 Prozent in Aktien.
Die Fondsmanager Kyrklund und Hirt entscheiden bei Schroders allerdings nicht allein darüber, was ins Portfolio ihrer jeweiligen Fonds kommt. Zuvor müssen sie etwa Chefvolkswirt Keith Wade oder einen anderen leitenden Kollegen des Investmenthauses von ihren Ideen überzeugen. So wollen sie grobe Anlagefehler vermeiden. Motto: Wer diskutiert, entscheidet besser.Dagegen ist Holger Schmitz der klassische Vermögensverwalter, der auf sein eigenes Urteil baut. „Politiker sind nicht die Lösung, sondern das Problem“, sagt er zur Eurokrise. Im Schmitz & Partner Global Defensiv hat er daher in Schweizer Franken, skandinavische Währungen sowie physisches Gold und Silber investiert. Zudem hält er Value-Aktien. „Aktien sind Sachwerte. Dazu gibt es keine Alternative“, sagt er.
Mensch oder Maschine? An der Börse endet das Spiel remis. Arne Sand fährt gut mit dem Computer – aber Eckhard Sauren, Johanna Kyrklund oder Holger Schmitz reüssieren auch ohne ihn.
Ralf Ferken