Fonds

Absolute Return: Vorsicht bei zu großen Versprechen

22.09.11 10:20 Uhr

Positive Renditen in jeder Marktlage - so preist die Fondsindustrie ihre angeblichen Alleskönner an. Doch nur wenige erreichen dieses Ziel tatsächlich.

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von Andrea Martens, €uro am Sonntag

„Ein jeder Wechsel schreckt den Glücklichen“, wusste anno 1803 bereits Friedrich Schiller. Dass dieser Satz im Jahr 2011 zutreffender denn je sein würde, hätte sich der deutsche Dramatiker aber wohl nicht träumen lassen. Dotcom-Hype und Platzen der Blase, Wirtschafts­krise, Aufschwung, Finanzkrise, Aufschwung, Schuldenkrise: Der schnelle Wechsel von Boom und Bust schreckt heute viele Privatanleger. Und angesichts der Achterbahnfahrten an den internationalen Börsen wünschen sie sich Sicherheit und stabile Renditen.

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Absolute-Return-Fonds wollen Investoren beide Wünsche erfüllen. „Diese Anlagen zielen darauf ab, unabhängig von Marktentwicklungen positive Renditen zu erwirtschaften“, erklärt Andrej Brodnik, Deutschland-Chef des weltgrößten Vermögensverwalters, BlackRock.

Mit diesem Ziel stehen die Fonds bei Investoren derzeit hoch im Kurs, wie Zahlen des Fondsanalysehauses Lipper zeigen. Allein im vergangenen Jahr investierten Anleger europaweit knapp 23 Milliarden Euro in diese Produkte. Am Ende des ersten Quartals 2011 belief sich die verwaltete Summe auf rund 140 Milliarden Euro – und lag damit höher als im bisherigen Boomjahr 2007. Waren es in Deutschland 2009 noch 119 Fonds, ist die Zahl der vermeintlichen Alleskönner den Lipper-Daten zufolge inzwischen auf 195 gestiegen.

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Die absolute Euphorie teilt Andreas Beck allerdings nicht. „Absolute-Return-Konzepte geben ein Versprechen, das sie kaum halten können“, sagt der Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau. Um trotz der oft hohen Kosten konstante Renditen oberhalb sicherer Bundesanleihen zu erzielen, müssten die Fonds zwangsläufig gewisse Risi­ken eingehen. Zwar könnten sie diese mit den ihnen zur Verfügung stehenden Strategien modellieren. „Ob das dann aber klappt, hängt immer auch vom Zufall ab, da ein Restrisiko bleibt“, erklärt Beck. Zudem lassen sich die Anbieter die höheren Risiken vergüten. Damit werden als sicher deklarierte Geldanla­gen schnell teurer als tatsächlich sichere wie etwa Bundeswertpapiere.

Auch die Ratingagentur Fitch sieht die angeblichen Rundum-sorglos-Pakete kritisch. Da keine anerkannte Definition für Absolute-Return-Produkte existiere, könnten private Investoren in die Irre geführt werden, warnte Fitch bereits im Juli. Zumindest dann, wenn ihnen nicht klargemacht werde, dass es auf „konsistente Renditen“ keine Garantie gebe. Und nach den sommerlichen Börsencrashs lieferte eine Studie der Ratingagentur den Beweis dafür, dass versprochen noch lange nicht garantiert bedeutet: In den ersten drei August­wochen machten europäische Absolute-Return-Fonds durchschnittlich 2,5 Prozent Verlust.

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Die schlechten Durchschnittszahlen sollten aber nicht den Blick darauf verstellen, dass sich einzelne Fonds selbst in den jüngsten Börsenturbulenzen mehr als gut geschlagen haben. Die Strategien, mit denen erfolgreiche Fonds eine ansehnliche Performance erzielen, sind sehr unterschiedlich. „Im Unterschied zu traditionellen Investmentfonds folgen die Manager den Freiheiten, die ihnen der Gesetzgeber einräumt“, sagt Iven Kurz, Fondsmanager beim Bankhaus Metzler.

So dürfen Absolute-Return-Fonds flexibel in unterschiedliche Assetklassen investieren. Je nach Marktlage können sie bis zu 100 Prozent in Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren halten. Auch hohe Bar­positionen sind möglich. Der Einsatz verschiedener Derivate erlaubt den Fonds, Long- und Short-Positionen auf Aktien, Anleihen, Währungen, Rohstoffe oder gar auf die Schwankungsbreite einzelner Anlageklassen und Papiere aufzubauen.

Damit setzen die Fonds je nach Erwartung auf steigende beziehungsweise fallende Kurse oder halten ihr Portfolio durch gegenläufige Strategien marktneutral. Sogenannte CTA-Konzepte wiederum richten ihre Anlagetechnik an computergestützten Trendfolgeprogrammen aus.

„Trendfolgestrategien werden derzeit gern umgesetzt“, hat Metzler-Experte Kurz festgestellt. Mit Erfolg, wie eine Studie des Hamburger Researchhauses Absolut Research beweist. „Wir haben die Entwicklung von rund 670 alternativen Fonds während der Börsenturbulenzen zwischen dem 1. Juli und dem 24. August untersucht“, sagt Geschäftsführer Michael Busack. Das Ergebnis: Von den zehn Krisengewinnern gehören acht zur Strategieklasse der Managed Futures, die computer­gestützt auf Trends in unterschiedlichen Anlagekategorien setzen.

Allerdings: Der Studie zufolge machte der beste Fonds mit dieser Strategie im genannten Zeitraum ein Plus von 16,68 Prozent, der schlechteste aber ein Minus von 26 Prozent. Erfolgsgarantie ade! So kommt auch diese Untersuchung zu dem Schluss, dass nur einzelne Topmananger unabhängig von diversen Strategien gute Ergebnisse erzielen können. Einer von ihnen ist Vincent Devlin, der den BlackRock-Fonds BSF European Absolute Return A2 managt. Der Spezialist für europäische Aktien nutzt in großem Umfang Derivate. Im Portfolio befinden sich zwischen 50 und 100 Positionen. Erwartet er steigende Kurse, hält er eine Long-Position, andernfalls geht er short. Um Risiken abzusichern, nutzt er sogenannte Pair Trades. Dabei kombiniert er eine Long- und eine Short-Position auf zwei Aktien desselben Sektors. Mit seiner Strategie gelang es dem Fondsmanager, seit Anfang 2010 eine Rendite von rund fünf Prozent zu erzielen – während der Euro Stoxx 50 um ungefähr 30 Prozent nachgab.

Wesentlich höhere Erträge erwirtschaftete im selben Zeitraum der AC Risk Parity 12. Die Fondsmanager Harold Heuschmidt und Jan Auspurg verteilen das Fondsvermögen risikogewichtet auf vier liquide, nicht korrelierte Anlageklassen. Mit dieser Strategie ­bescherte der Fonds Anlegern seit Anfang 2010 eine Rendite von knapp 25 Prozent. Auf Dreijahres­sicht legte der AC Risk Parity 12 sogar um mehr als 45 Prozent zu.

Die Beispiele beweisen es: An­leger, die sich von einem Investment in Absolute-Return-Fonds Sicherheit plus Rendite erhoffen, können sich nicht an einzelnen Strategien orientieren. „Vor allem aber sollten sie sich von generellen Renditeversprechen nicht blenden lassen“, sagt Kritiker Andreas Beck. Denn konstante Erträge über eine längere Zeit sind ebenso wenig garantiert wie der Erfolg einzelner Anlagemodelle.

Das Einzige, was hilft, ist eine genaue Analyse des Fondsprospekts. Immer auch mit Blick auf die zum Teil beträchtlichen Kosten, die besonders ärgerlich sind, wenn die Fonds ihre Versprechen nicht halten können. „Wo kein Gewinn zu hoffen, droht Verlust.“ Auch das wusste Friedrich Schiller bereits 1803.

Investor-Info

AC Risk Parity 12
Erfolg mit Anlageklassenmix
Der Fonds, Anfang September 2008 aufgelegt, ist die ­offensivere Variante des AC Risk Parity 7. Wie dieser investiert er risikogewichtet in die vier Anlageklassen Aktien, Anleihen, Rohstoffe und kurz laufende Zinsen (siehe Interview rechts). Dabei soll eine jährliche Volatilität von zwölf Prozent nicht überschritten werden. Bisher war die Strategie sehr erfolgreich. Selbst im Krisenmonat August ­erzielte der Fonds ein Plus von 0,9 Prozent.

SEB Asset Selection
Flexibler Krisengewinner
Der Fonds ist global ausgerichtet und investiert vor allem in Aktien und aktienähnliche Wertpapiere von Unter­nehmen aus der ganzen Welt. Fondsmanager Hans-Olov ­Bornemann erwirbt je nach Marktlage zudem festverzinsliche Wertpapiere, Wandelschuldverschreibungen, Anleihen, Zerobonds und Genussscheine sowie Anteile an anderen Fonds. Das Ergebnis: ein Plus von rund 20 Prozent in den vergange­nen drei Jahren.

Nordea-1 Heracles LongShort MI
Gegengewicht zum Aktienmarkt
Der Fonds nutzt Anlagechancen sowohl bei steigenden als auch fallenden Kursen – und zwar in bis zu 50 Märkten. Das Fondsmanagement versucht, unabhängig von der jeweiligen Marktlage einen Ertrag von zwei bis vier Prozentpunkten über der aktuellen Geldmarktverzinsung zu erreichen. Aufgrund seiner geringen Korrelation zum Aktienmarkt ist der Fonds als Beimischung geeignet, um in einem Depot Aktienri­siken auszubalancieren.

BSF European Absolute Return A2
Chancen mit Europa-Aktien
Fondsmanager Vincent Devlin ist ein erfahrener Stock-­Picker und Experte für den europäischen Aktienmarkt. Diese Erfahrung setzt er in dem Absolute-Return-Fonds von BlackRock um, indem er mithilfe von Long-Short-Strategien sowohl auf steigende als auch fallende Aktienkurse setzt. Die vergangenen Monate zeigen, wie gut die Strategie in schwierigen Zeiten funktioniert.