Small Caps zum Durchstarten: Warum jetzt gerade die kleinen Unternehmen angesagt sind
Nebenwerte: Oft bleiben Weltmarktführer vor den Blicken der Investoren verborgen. Spezielle Fonds sind eine Lösung. Warum Anleger gerade jetzt zugreifen sollten.
Werte in diesem Artikel
von Christian Bayer, Euro am Sonntag
Der deutsche Mittelstand ist ein weltweit anerkanntes Erfolgsmodell. In ausgesuchten Nischen haben oft "Hidden Champions" erfolgreich ihren Platz gefunden. Das sind Unternehmen, die auf dem Heimatkontinent in ihrer Nische die Nummer 1 sind oder die weltweit zu den führenden ersten drei Playern gehören. Ein Beispiel dafür ist die Orgelbauerfamilie Klais. Das familiengeführte Unternehmen wurde 1882 in Bonn gegründet. Die Orgeln finden sich nicht nur im Kölner Dom, sondern auch im Pekinger Nationaltheater, in Auckland und Buenos Aires.
Oft sind die Produkte weniger spektakulär, dafür umso erfolgreicher. Börsennotierte Nebenwerte gelten als besonders renditestark, aber auch risikoreicher als Bluechips. Ein Blick auf die Fakten lohnt sich: Die Experten der Fondsgesellschaft Lupus alpha haben im Zeitraum vom Jahresbeginn 2000 bis zum 30. Oktober 2020 europäische Nebenwerte und Large Caps untersucht und dabei den Stoxx Europe 50 mit dem Stoxx Europe TMI Small verglichen.
Klare Performance-Sieger
Mit Blick auf die maximalen Kursverluste zeigte sich ein differenziertes Bild. Während in der Finanzkrise von 2007 bis 2009 die Small Caps mehr verloren, sah es in der Dotcom-Krise anders aus. Von Januar 2000 bis Dezember 2003 schrieben die Bluechips mit minus 61,5 Prozent größere Verluste als die Nebenwerte mit minus 52,9 Prozent.
Bei der Performance geht der Sieg ganz klar an die Nebenwerte. Im untersuchten Zeitraum lieferten sie eine annualisierte Rendite von 6,3 Prozent ab, während Large Caps nur auf 0,3 Prozent kamen.
Besonders in der aktuellen Situation interessant: In Phasen steigender Zinsen lieferten Small Caps eine Outperformance von 5,4 Prozent per annum gegenüber Large Caps, wie Sven Lehmann von HQ Trust anhand der für US-Aktien existierenden langen Datenreihen errechnet hat. Viele kleinere Unternehmen verfügen über solide Finanzen und sind daher weniger auf teurer werdende Fremdfinanzierungen angewiesen.
Deshalb ist auch hier die Rotation von Growth- zu Value-Titeln ein Thema. Davon könnte der ETF SPDR MSCI Europe Small Cap Value Weighted profitieren. Der Mutterindex ist der marktkapitalisierungsgewichtete MSCI Europe Small Cap. Bei der Value-Weighted-Variante werden für die Gewichtung fundamentale Kriterien wie Umsätze und Gewinne genutzt, um niedrig bewertete Aktien zu identifizieren. Je attraktiver bewertet, umso höher ist ein Titel in der Benchmark gewichtet.
Wachstumsstarke Marktführer
Fondsmanager René Kerkhoff investiert im Fonds DJE Mittelstand & Innovation in Unternehmen aus der DACH-Region: "Mein Fokus liegt im Fondsportfolio auf Wachstumswerten aus der zweiten Reihe. Die Unternehmen sollten Marktführer in ihrer Nische sein und strukturelles Wachstum aufweisen. Ein Fokus liegt auf Technologie- und Health-Care-Werten, aber auch bei Industrietiteln mit guten Wachstumsperspektiven werde ich fündig. Dazu zählen beispielsweise Unternehmen, die Maschinen für die Chipproduktion herstellen oder die Ladeinfrastruktur für E-Mobilität zur Verfügung stellen. Kleinere Firmen haben teilweise 40 bis 60 Prozent Weltmarktanteil in ihrer Nische." Die Firmen sollten aus seiner Sicht in einem Zyklus beim Umsatz mit mehr als zehn Prozent wachsen. "Bei den Gewinnen liegen die Zuwachsraten dann oft bei 15 bis 20 Prozent", so der Fondsmanager. Bei Familienunternehmen schätzt der Experte die langfristige Perspektive: "Inhabergeführte Unternehmen denken eher in Dekaden als von jetzt bis zum nächsten Quartalsbericht."
Der Threadneedle Global Smaller Companies ist ein Klassiker unter den weltweit anlegenden Nebenwertefonds. Der Investmentansatz ist klar, die Ergebnisse sind überzeugend. "Ich suche nach qualitativ hochwertigen Unternehmen mit langfristigen Wettbewerbsvorteilen, die steigende Erträge erwirtschaften - relativ unabhängig vom Marktumfeld", erläutert Fondsmanager Scott Woods seine Vorgehensweise. "In schwierigen Marktphasen achten wir noch stärker auf Qualität und richten unser Augenmerk auf neue Kaufgelegenheiten, die vorher zu teuer waren."
Der Investmentansatz setzt darauf, dass nachhaltige Wettbewerbsvorteile bei Unternehmen oft vom Markt unterschätzt werden. Zu den Wettbewerbsvorteilen zählen nachhaltige Kostenvorteile oder Marken und Patente, die Barrieren gegenüber dem Markteintritt der Konkurrenz bilden. Zu den Top-Holdings gehört beispielsweise Cargojet, eine kanadische Frachtflug-Airline mit quasi monopolistischer Stellung und 95 Prozent Marktanteil. Durch ein festes Kundennetz und Regulierung gibt es gegenüber der Konkurrenz einen starken Burggraben. Das Unternehmen profitiert darüber hinaus vom zunehmenden Wachstum des E-Commerce-Sektors in Kanada.
"Mit dem Ende der quantitativen Lockerung wird sich das künftige Umfeld jedoch von dem der letzten fünf Jahre unterscheiden, in denen schon die Aussicht auf Wachstum belohnt wurde", so Woods. "Dies wird sich wahrscheinlich nicht wiederholen. Es wird darauf ankommen, die Gewinner zu finden, die wachsenden Unternehmen mit einem Wettbewerbsvorteil, die wachsen können und dies auf profitable Weise tun." Zudem achtet der Fondsmanager darauf, dass die Unternehmen nicht zu hoch verschuldet sind. Nicht nur für Käufe, sondern auch für Verkäufe gibt es eine strikte Disziplin.
INVESTOR-INFO
Europe Small Cap Value ETF
Nebenwerte mit Value-Fokus
Der zugrunde liegende Index ist mit über 1.000 Titeln aus 15 europäischen Industrieländern hoch diversifiziert. Mit 30,9 Prozent ist Großbritannien am stärksten vertreten, gefolgt von Deutschland und Frankreich. Unter den Sektoren dominieren Industrie- und Finanztitel. Die spanische Banco Sabadell sowie der britische Energieversorger Centrica gehören zu den Top-Positionen.
Small-Cap-Aktienfonds DACH
Hidden Champions im Blick
Fondsmanager René Kerkhoff setzt auf Nebenwerte mit Innovationskraft und Wachstumsstärke aus der DACH-Region. Deutsche Aktien dominieren das Portfolio. Technologie- und Healthcare-Titel sind am stärksten vertreten. Zu den Top-Holdings zählen Mensch und Maschine, der Hörsystemeanbieter Sonova und der Schokoladeproduzent Barry Callebaut. In den vergangenen drei Jahren legte der Fonds um 17,5 Prozent zu.
Small-Cap-Aktienfonds Global
Globales Small-Cap-Portfolio
Fondsmanager Scott Woods investiert weltweit in ausgesuchte Qualitätsaktien aus dem Nebenwertesegment. Im Portfolio ist der Industriesektor mit 31,0 Prozent am höchsten gewichtet, gefolgt von Informationstechnologie (19,4 Prozent) und Healthcare (14,7 Prozent). Zu den am stärksten gewichteten Aktien zählen Ritchie Bros. Auctioneers, ein Auktionator gebrauchter Land- und Baumaschinen, und Willscot Mobile Mini Holdings, ein Anbieter von mobilen Speicher- und Bürolösungen. In den vergangenen drei Jahren verdienten Anleger mit dem Columbia-Threadneedle-Fonds 26 Prozent.
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