Euro am Sonntag-Spezial

Frontier Markets: Das sind die boomenden Märkte von morgen

26.02.17 15:00 Uhr

Frontier Markets: Das sind die boomenden Märkte von morgen | finanzen.net

Investments in die Nachwuchs-Schwellenländer sind riskant und schwierig. Aber sie bieten im aktuellen Marktumfeld sehr gute Rendite-Chancen. Wie es geht.

von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag

Terror, Korruption und bittere Armut: Die Schlagzeilen, die hierzulande die Berichterstattung zu Pakistan dominieren, sind meist wenig erfreulich. Erst vergangene Woche wurde das Land von einer schweren Anschlagserie erschüttert. Zumindest wirtschaftlich entwickelt sich das Land jedoch seit Jahren positiv.



Reformen wurden angegangen, Steuer­einnahmen erhöht und Investitionen getätigt. Seit 2009 wächst die Wirtschaft kontinuierlich. Um mehr als fünf Prozent könnte sie laut ­Internationalem Währungsfonds (IWF) dieses Jahr zu­legen.

Der Erfolg spiegelt sich im Aktienmarkt des Landes wider: 2016 verzeichnete der Karachi-Index, der die 100 größten Unternehmen Pakistans abbildet, ein Plus von 46 Prozent. Die Börse Pakistans war damit eine der erfolgreichsten weltweit. Auf Fünfjahressicht legten die Papiere um mehr als 250 Prozent zu, nur die stark inflationsgetriebenen Aktien aus Venezuela liefen besser. Trotz solcher Erfolgsgeschichten werden Länder wie Pakistan, die zu den sogenannten Frontier Markets - auch Grenzmärkte genannt - gehören, von Anlegern weitestgehend ­gemieden. Direktinvestments sind schwierig, zudem ist die Furcht vor Verlusten groß.


Tatsächlich sind exotische Aktienmärkte riskant. Doch vieles spricht dafür, dass die Nachwuchsschwellenländer die klassischen Emerging Markets im laufenden Jahr überflügeln könnten. Pakistan ist nicht der einzige Frontier Market mit brummender Börse. Unter den zehn erfolgreichsten Aktienmärkten des vergangenen Jahres finden sich noch vier weitere Grenzmärkte: Kasachstan, Namibia, Venezuela und Marokko. Deren Abgrenzung zu den Schwellenländern ist fließend. Nicht die wirtschaftliche Stärke und das Wachstum sind für die Klassifizierung ausschlaggebend, sondern die Größe des Finanzmarkts. Ist dieser unterentwickelt und wenig liquide, wird ein Land als Grenzmarkt definiert. So zählt der US-Finanzdienstleister MSCI beispielsweise auch einige wohlhabende Länder wie Kuwait zu den Frontier Markets.

Binnenmärkte stützen Wirtschaft

In den meisten Grenzmärkten hat der wirtschaftliche Aufschwung allerdings gerade erst begonnen. Die erwarteten Wachstumsraten der Länder liegen für die kommenden fünf Jahre mit sechs Prozent rund zwei Prozentpunkte über denen der Schwellenländer.

Viele Länder profitieren - ähnlich wie Pakistan - von Reformen und In­vestitionsprogrammen, die zum Wirtschaftswachstum beitragen. Vor allem in die Infrastruktur fließt Geld. Namibia baut seinen Walvis Bay Harbour zu einem der bedeutendsten Frachthäfen des afrikanischen Kontinents aus. Kenia verlegt unter riesigem Aufwand Eisenbahngleise, die die Großstädte Mombasa und Nairobi und später auch die Nachbarländer verbinden sollen. In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba entsteht, abgesehen von Südafrika, das erste städtische Metrosystem südlich der Sahara. Davon profitieren nicht nur die jeweiligen Länder, sondern ganze Regionen.


Noch wird der Aufschwung in vielen Frontier Markets aber vor allem von starken Binnenmärkten getragen. Eine wachsende, meist junge Bevölkerung mit steigendem Einkommen stützt die heimische Nachfrage. Höhere Gewinne der Unternehmen sowie mehr und mehr auch die zunehmende Nachfrage nach Investments lassen die Aktienkurse in vielen Ländern steigen.

Noch sind 95 Prozent der Aktien in Frontier Markets in heimischer Hand. Sie korrelieren darum nur wenig mit den Aktienmärkten der Industrie- und Schwellenländer, in denen wesentlich mehr internationales Kapital steckt. Auch die meist geringere Verflechtung der Länder mit der Weltwirtschaft sorgt für eine gewisse Immunität gegenüber internationalen Schocks. In Zeiten, in denen der Brexit, die protektionistischen Ankündigungen Donald Trumps oder die Sorgen um den Euro Investoren verunsichern, werden Frontier Markets von einigen Analysten darum schon als "sichere Häfen" ins Spiel gebracht.

Davon sind die Länder jedoch weit entfernt. Anfällig für Turbulenzen sind die Märkte nach wie vor - die Probleme sind allerdings oft hausgemacht. Zum Beispiel in Kasachstan. Dessen Wirtschaft ist stark abhängig vom Energiesektor. Die langjährige Baisse am Rohstoffmarkt hat das Land in Mitleidenschaft gezogen. Erst mit den steigenden Notierungen am Ölmarkt im vergangenen Jahr ging es wieder bergauf. Die Aktien des Landes legten 2016 um knapp 70 Prozent zu, auf Fünfjahressicht gehören sie mit einem Minus von fast 40 Prozent jedoch zu den größten Verlieren.

Politische Risiken sind oft hoch

Täuschen lassen sollte man sich von so mancher Rally nicht. So legte die Börse in Venezuela auf Fünfjahressicht ein Plus von sage und schreibe 10.275  Prozent hin. Dahinter steckten aber keineswegs entsprechende Unternehmensgewinne, sondern hauptsächlich eine hohe Nachfrage: Die mittlerweile galoppierende Inflation im Land hat schlicht und ergreifend zur Flucht in Sachwerte geführt.

Auch die politische Situation kann zum Risiko für Anleger werden. Als sich 2014 die Ukraine-Krise zuspitzte, verlor der Aktienindex des Landes mehr als die Hälfte seines Werts. Viele Investoren haben darum die aktuelle Situation in Rumänien genau im Blick: Seit Tagen fordern Hunderttausende Demonstranten wegen einer Entschärfung der Strafen für Korruption den Rücktritt der Regierung. Käme es tatsächlich zu einem Regierungswechsel, drohten Turbulenzen an den Märkten. Dabei gilt Rumänien als einer der Geheimtipps für 2017. Auch, weil das Land sich bemüht, als Schwellenland gelistet zu werden. Dies hätte Kapitalzuflüsse in Milliardenhöhe zur Folge - mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Aktienmarkt.

Pakistan hat diesen Schritt bereits geschafft. Ab Mai wird das Land von MSCI als Schwellenland geführt. Und die Zeichen stehen weiter auf Wachstum: Nach einer Studie von PricewaterhouseCoopers steigt das Land bis 2030 zu den 20  größten Volkswirtschaften der Welt auf. Zurzeit steht es auf Platz 42.

Investor-Info

Magna New Frontiers
Gute Grenzmarktrendite

Der Fonds investiert vorwiegend in Aktien von Unternehmen, die ihren Sitz in den Frontier Markets haben. Mit jeweils 19 Prozent sind Aktien aus Argentinien sowie den Ver­einigten Arabischen Emiraten am höchsten gewichtet - dicht gefolgt von pakistanischen Titeln. Auf Sicht von fünf Jahren legte der ­Magna New Frontiers um 109 Prozent zu, mehr als jeder andere Fonds seiner Klasse. Die ­zudem vergleichsweise niedrige Volatilität macht ihn zu einer idealen Beimischung.

dbX S & P SELECT Frontier
Großes Plus, wenig Volatilität

Wer lieber in ETFs investieren will, hat derzeit keine Wahl: Es gibt nur noch den S & P Select Frontier von db X-trackers, der den gleich­namigen Aktienindex abbildet. Dieser umfasst die größten und liquidesten Titel von Grenzmärkten. Finanztitel sind mit 37 Prozent am schwersten gewichtet, gefolgt von Grundstoffen mit 15 sowie Energieaktien mit 13 Prozent. In den vergangenen zwölf Monaten hat der ETF um rund 60 Prozent zugelegt. Weil nur wenige internationale Anleger in den Frontier Markets investiert sind, ist die ­Volatilität auch bei diesem Investment gering.

CGS FMS Gl. Evol. Front. Mkts
Weniger Risiko mit Bonds

Die gute Wirtschaftssituation in vielen Frontier Markets hat im vergangenen Jahr auch zu Kursanstiegen bei Anleihen gesorgt. Mit dem CGS FMS Global Evolution Frontier Markets können risikobewusstere Anleger auf die ­Anleihemärkte der Grenzmärkte setzen. Die größten Positionen klingen mit Elfenbeinküste, Irak und Nigeria abenteuerlich, doch ein Plus von 18 Prozent binnen eines Jahres gibt dem Fondsmanagement recht.

Bildquellen: KAZUHIRO NOGI/AFP/GettyImages, Patrick Poendl/iStockphoto