Euro am Sonntag-Exklusiv

Wirtschaftsminister Kwieciński: "Deutschland ist unser wichtigster Handelspartner"

21.07.18 15:00 Uhr

Wirtschaftsminister Kwieciński: "Deutschland ist unser wichtigster Handelspartner" | finanzen.net

Der für Polens Wirtschaft verantwortliche Minister Jerzy Kwieciński über den Streit mit der EU, den starken Aufschwung seines Landes und die Gaspipeline Nord Stream 2.

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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag

Zwischen Brüssel und Warschau knirscht es ­seit 2015 gewaltig, seit die rechtskonservative Partei PiS die Regierung stellt. Zuletzt sorgte eine beschlossene Justizreform für großen Ärger innerhalb der EU.



€uro am Sonntag: Herr­ ­Kwieciński, zwischen Polen und der EU gibt es Konflikte. Hat das konjunkturell Folgen?
Jerzy Kwieciński:
Wir können keinerlei negative Effekte feststellen. Investitionen, der Export und der Konsum haben die polnische Wirtschaft in den vergangenen drei Quartalen jeweils um rund fünf Prozent wachsen lassen. Davor gab es zwei Quartale mit vier Prozent Plus. Sie sehen, Polen hat ein sehr stabiles und zugleich kräftiges Wirtschaftswachstum, es ist das höchste und stabilste aller großen Volkswirtschaften in Europa. Andere Länder mit ähnlich guten Konjunkturdaten wie Malta oder Lettland sind meist viel kleiner.

Wie reagieren deutsche Geschäftsleute auf das politische Stimmungstief?
Auch hier können wir keine ­negativen Effekte feststellen. Deutschland bleibt unser wichtigster Handelspartner. Knapp 28 Prozent aller Exporte gehen nach Deutschland. Insgesamt beläuft sich das deutsch-polnische Handelsvolumen auf weit über 100 Milliarden Euro. Tendenz stark steigend. Und auch die deutschen Unternehmen investieren weiter kräftig. So hat die Lufthansa vor einem Jahr entschieden, in Südwest-Polen zu investieren. Und Daimler hat in Polen einen neuen Standort für eine moderne Motorenfa­brik für Mercedes ausgewählt. Aber auch umgekehrt steigen die Investitionen von polnischen Firmen in Deutschland immer weiter an.


Für viele kam ein so positiver Wirtschaftstrend überraschend.
Einige Ökonomen haben einen Rückgang der Wirtschaft sowie ein hohes Budgetdefizit von bis zu fünf Prozent sowie einen Anstieg der Arbeitslosigkeit vorausgesagt. Doch das Gegenteil ist der Fall, wir haben ein stabil hohes Wachstum und mit 6,1 Prozent eine sehr niedrige Arbeitslosenquote. Nach Eurostat sind es sogar nur 3,8 Prozent, was uns ganz vorn unter den EU-Mitgliedsländern positioniert.

Worauf führen Sie das zurück?
Ein Grund ist, dass wir uns beim Start der neuen Regierung Ende 2015 entschieden haben, eine mittelfristig orientierte Wirtschaftsstrategie vorzubereiten, die wir Strategie für nachhaltige Entwicklung genannt haben. Diese wird in Polen auch häufig "Morawie­cki-Plan" nach unserem heutigen Premier Mateus Morawie­cki genannt, der Wirtschafts- und Entwicklungsminister der Vorgängerregierung war. Und danach haben wir den Plan einfach implementiert.


Was beinhaltet der Plan?
Die bisherige wirtschaftliche Entwicklung Polens hängt sehr stark von ausländischem Kapital und niedrigen Lohnkosten ab. Das wollten wir nun ändern. Daher sieht der Entwicklungsplan massive Investitionen über die nächsten 25 Jahre vor. Ziele sind dabei die Reindustrialisierung des Landes mit produktiveren Firmen und hochwertigeren Arbeitsplätzen. Das heißt innovative statt arbeitsintensive Technologien.

Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren in Gang gesetzt, die Zuschüsse für Polen sollen ab 2021 massiv gekürzt werden. Welche Folgen hätte dies für die Wirtschaft? Trotz der wirtschaftlichen Erfolge der vergangenen Jahre bleibt es im Interesse des ganzen gemeinschaftlichen Markts, dass Mitteleuropa seine postkommunistischen Verzögerungen schnellstens nachholt. Wir sind bereit, nach geeigneten Kompromissen zu suchen, wobei die Teilung der Mittel aus dem Strukturfonds gerecht sein muss, und die einzelnen Länder der Region sollten in Anbetracht anderer Bedürfnisse und anderer Regionen fair behandelt werden.

Der EU-Austritt des Nettozahlers Großbritannien macht den Subventionskuchen kleiner.
Natürlich sehen wir objektive, aus dem Brexit resultierende ­Begrenzungen der Finanzen, und die Kürzungen in den Strukturfonds werden viele Länder betreffen, auch in Mittelosteuropa. Doch die vorgeschlagene Senkung der Gelder für Polen und für andere Länder Mittel­europas ist nicht akzeptabel. Der Haushalt der Europäischen Union wird jedoch einstimmig angenommen, und aus diesem Grund werden alle Vorschläge mit diskriminierendem Hintergrund gegenüber Polen und der Region von uns abgelehnt.

Ein Grund für den Ärger mit Deutschland ist das Nord-­Stream-2-Projekt, bei dem Gas von Russland direkt nach Deutschland über die Ostsee transportiert werden soll.
Was stört Polen daran?
Die Gasleitung Nord Stream 2 stellt eine grundlegende Gefährdung der Sicherheit Polens dar, die polnische Regierung spricht sich entschieden gegen die Realisierung dieser Investition aus. Das Projekt Nord Stream 2 wird negative Folgen für die Konkurrenzfähigkeit auf dem Energiemarkt Mittelosteuropas haben und würde die Erhöhung des russischen Drucks in der Region begünstigen durch die direkten Gaslieferungen an die wichtigsten Abnehmer in Westeuropa bei Ausklammerung der Transitländer. Außer dem energetischen Bereich wird sich die Gasleitung negativ auf den Status der Ostsee auswirken, darunter insbesondere auf die Sicherheit der Schifffahrt.

Investor-Info

KBC Renta Zlotyrenta
Zinsgewinne aus Polen

Starkes Wirtschaftswachstum, eine niedrige Inflation plus eine stabile Währung, die auch unter dem Druck der möglichen Subventionskürzungen aus Brüssel nicht einknickt. Investments in Polen etwa über den KBC Renta Zloty Renta machen daher als Depotbeimischung durchaus Sinn. Der Fonds legt in Anleihen an, die auf polnische Zloty lauten und von der öffentlichen Hand oder von Gebietskörperschaften begeben werden. Diese Anlagestrategie hat sich in der Vergangenheit ausgezahlt. Auf Sicht von fünf Jahren steht ein Plus von 17 Prozent Plus zu Buche. Doch Achtung: Es besteht ein Währungsrisiko.



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Bildquellen: Generalkonsulat Polen

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