Den Stoffkreislauf in Schwung bringen: Wie Gebäudematerialpässe die Baubranche revolutionieren
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Ressourcen schonen, wo immer es geht: Die Bundesregierung legte vor vier Monaten einen Entwurf der nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie vor. Deren Ziel ist es, die deutsche Wirtschaft Schritt für Schritt unabhängiger von Rohstoffimporten zu machen. Gleichzeitig soll sie einen Beitrag zu Ressourcenschonung und Klimaschutz leisten.
Der Baubranche kommt dabei eine ganz besondere Verantwortung zu. Sie gehört zu den materialintensivsten Wirtschaftssektoren in Deutschland. Der sogenannte Gebäudematerialpass soll hier Abhilfe schaffen.
Kreisverkehr statt Einbahnstraße
Noch ist der sogenannte Materialkreislauf unserer Industriegesellschaft als Einbahnstraße ausgelegt. Metalle, Brennstoffe, Holz, Mineralien - Rohstoffe werden abgebaut, verarbeitet, verkauft, benutzt und schließlich entsorgt. In der Abfallwirtschaft spricht man deshalb von Downcycling und von Cradle-to-Grave. Im Kontrast dazu steht das Cradle to Cradle-Prinzip, zu Deutsch "von der Wiege in die Wiege". Demnach sollen sämtliche Materialien und Konstruktionen so gestaltet werden, dass sie entweder vollständig biologisch abbaubar sind oder in gleichbleibender Qualität in technischen Kreisläufe zirkulieren. Damit das funktioniert, müssen die Bauteile frei von Schadstoffen und sortenrein trennbar sein. Oft scheitert die nahtlose Weiterverwertung an der Unkenntnis, welche Materialien in Gebäuden stecken und wie sich durch kluges Design von Beginn an CO2-Emissionen und Primärmaterial einsparen lassen. Vollständige Transparenz bieten Materialausweise, die sämtliche Bauteile und Konstruktionen bis ins kleinste Detail dokumentieren.
Materialausweise revolutionieren Baubranche
Bereits seit neun Jahren erstellt EPEA unter dem Namen "Circularity Passport® - Buildings" solche Materialausweise für Gebäude. Sie dienen zur Dokumentation des gebauten Zustandes sind aber auch ein wichtiges Instrument, um Gebäude anhand messbarer Kennwerte zu optimieren. Hohe Punktzahlen in den Ausweisen gibt es beispielsweise, wenn Materialien entweder aus erneuerbaren Quellen wie nachwachsenden Rohstoffen stammen oder wenn sie als Sekundärrohstoff schon einmal im Bau eingesetzt wurden und nun ein nächstes Leben bekommen. Abzüge gibt es dagegen bei Produkten, die untrennbar miteinander verschmolzen sind. Der Materialausweis dient somit auch als Planungsinstrument und entfaltet sein volles Potenzial, wenn er bereits in der Konzeption eingesetzt wird.
Farbskalen zeigen Optimierungspotenziale in der Planung
Messbare Kennwerte dafür liefert die Auswertung ebenfalls: Bei konventionellen Neubauten werden allenfalls Metalle wie Bewehrungsstahl aus Sekundärmaterialien wiederverwendet. Das entspricht nicht einmal 10 Prozent. Wird dagegen mit dem Ressourcenpass über den gesamten Lebenszyklus geplant, sind schon heute Werte über 40 Prozent gut möglich. Durch die messbaren Kennwerte haben Planungsteams daher die Möglichkeit, ihre Gebäude nach Kreislaufgesichtspunkten zu optimieren. Um eine solche Menge an Materialinformationen beherrschbar zu machen, werden sämtliche Daten im Idealfall mit der digitalen Planungsmethode Building Information Modeling, kurz BIM, verknüpft. Die Materialien werden über eine ID mit den zugehörigen Bauteilinformationen verbunden und lassen sich somit im digitalen Zwilling jederzeit lokalisieren. Außerdem helfen eindeutige Ampel-Farbskalen dabei, unterschiedliche Qualitäten zu identifizieren und zu bewerten. Ist zum Beispiel die einfache Trennbarkeit der Materialien noch nicht oder nicht ganz gewährleistet, erscheint der zugehörige Datensatz in Rot oder Gelb. Kreislauffähige Produkte erscheinen in Grün. Damit wird nicht nur der Planungs- und Bauprozess erleichtert: Wenn ein Gebäude am Ende seiner Nutzungszeit um- oder rückgebaut wird, liegt automatisch ein digitaler Plan mit allen wichtigen Informationen vor.
Echte Kreislauffähigkeit rechnet sich
Investitionen in Gebäude nach dem Cradle to Cradle-Designprinzip mögen zunächst zwar höher ausfallen als bei konventionellen Gebäuden. Über den gesamten Lebenszyklus betrachtet rechnen sich die anfänglichen Mehrkosten jedoch und machen Sachwertsteigerungen durch die Nutzung der Gebäude als Rohstoffdepots von bis zu zehn Prozent möglich. Denn das für die Baustoffe gebundene Kapital geht nicht länger verloren, sondern wird ähnlich einer mittel- bis langfristigen Wertanlage bei der Umnutzung oder im Rückbau wieder freigegeben. Die Immobilie wird damit zu einer echten Materialbank, deren Wert in Zeiten einer sich verschärfenden Rohstoffknappheit zudem noch kontinuierlich steigen könnte.
Um die Kreislaufwirtschaft weiter anzukurbeln, braucht es ambitionierte aber realistische Mindestquoten: Bis zum Jahr 2030 sollten mindestens 40 Prozent aller Materialien für Bauvorhaben aus nachwachsenden Rohstoffen oder Sekundärmaterialien kommen. Neben den rein wirtschaftlichen Vorteilen ist es aber vor allem die Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft, die eine echte Kreislaufwirtschaft unumgänglich machen. Um Rohstoffe zu schonen und klimagerecht zu bauen, ist Kreislauffähigkeit keine Kür, sondern oberste Pflicht.
Zum Autor:
Pascal Keppler, Teamleiter Digital Services & LCA bei EPEA GmbH
Pascal Keppler ist Teamleiter Digital Services & LCA bei der EPEA GmbH einem Tochterunternehmen von Drees & Sommer SE. Bereits während seines Studiums der Umweltschutztechnik an der Universität Stuttgart spezialisierte er sich auf den Bereich "Nachhaltiges Bauen". Seit 2016 treibt er bei EPEA kreislauffähiges Bauen voran und zeichnet als Projektleiter für die Themenfelder Circular Engineering und Digital Circularity verantwortlich. Er hat erfolgreich Materialpässe für Gebäude und Produkte sowie drei Softwareprodukte entwickelt und verwaltet, die den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft unterstützen. Pascal Keppler leitet die Entwicklung von Conpli, einem Tool zur Organisation von Produktfreigaben in Bauprojekten, proca, einem Service zur Überprüfung von Bauprodukten auf ESG-Anforderungen, und der Trustee Material Toolbox (TMT), einem Tool zur Optimierung von Lieferketten. Zudem ist er für die Materialpässe von EPEA und die Lebenszyklusanalysen (LCA) bei Drees & Sommer und EPEA verantwortlich.
Drees & Sommer: Uniting opposites to create a world we want to live in.
Nachhaltige, innovative und wirtschaftliche Lösungen für Immobilien, Industrie, Energie und Infrastruktur zu beraten, umzusetzen – oder den Kunden sogar beides aus einer Hand zu bieten – das zeichnet das partnergeführte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE aus. Im Jahr 1970 gegründet und seitdem als Nachhaltigkeitspionier und Digitalisierungstreiber der Real Estate Branche bekannt, beschäftigt das Unternehmen mehr als 5.100 Mitarbeitende an 59 Standorten. Interdisziplinär zusammengesetzte Teams arbeiten in mehr als 5.000 Projekten weltweit daran, eine lebenswerte Zukunft zu schaffen und scheinbare Gegensätze zu vereinen: Tradition und Zukunft, Analog und Digital, Effizienz und Wohlbefinden. Als Unternehmer im Unternehmen steht dafür eine persönlich verantwortliche Partnerschaft ein.
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Bildquellen: Drees & Sommer