Letter to investors: Der Markt als Wille und Vorstellung
Drei Dinge beschäftigen die Anleger derzeit. Weiß der Markt mehr? Schafft der Markt sich seine eigene Realität? Sind dies Kaufkurse?
"Marktkorrekturen dienen stets auch der Überprüfung eigener Annahmen. "
Ist sie das, die große Wende? Lassen Sie mich mit einer Gegenfrage antworten. Wären Sie überrascht, wenn es nach vielen Sonnentagen plötzlich orkanartig stürmt? Einerseits ja, denn verblüffend häufig ist das Wetter so wie am Vortag. Andererseits weiß jeder Meteorologe, dass es nach längeren stabilen Phasen zu einem plötzlichen Kippen kommen kann, oft scheinbar ohne "guten" Grund. Das ist der berühmte Schmetterlings-Effekt.
An den Märkten geht es manchmal ähnlich zu. Der Konjunkturzyklus ist aus unserer Sicht längst im Herbst angekommen. Da nehmen die Risiken zu. Natürlich hatten auch wir - das muss man ehrlich zugeben - diese Art von Marktverwerfungen gleich zu Jahresbeginn nicht im Sinn, als wir im letzten November für 2016 ein volatiles Aktienjahr mit moderaten Renditen ausriefen. Wer aber glaubt, dass hier "nur" ein unerfahrenes chinesisches Währungsregime, ein schwacher Ölpreis und politische Spannungen zur falschen Zeit kumuliert auf Illiquidität im Markt trafen, der greift zu kurz. Die Kurseinbrüche sind keine alberne Laune der Anleger, sondern zwingen einen, Annahmen neu zu überdenken sowie positive und negative Szenarien anders zu gewichten.
Auch wir haben seit Jahresbeginn einige Prognosekorrekturen vornehmen müssen. Seien es Rohstoffpreise, Wechselkurse, Gewinndynamiken, Inflations- und Zinsentwicklung oder eben unsere Annahmen für das Wirtschaftswachstum. Die Marktstürme selbst reichen aus, um über schlechtere Stimmungsindikatoren und Finanzierungskonditionen die Realwirtschaft negativ zu beeinflussen. Die Konjunktursorgen machen sich an zwei Regionen fest: dem undurchschaubaren China, das womöglich ein noch größeres Schulden- und Wachstumsproblem mit sich rumschleppt als angenommen. Und den USA, wo die Dynamik im verarbeitenden Gewerbe ja längst gelitten hat, nicht zuletzt wegen des absehbaren Rückgangs der energienahen Investitionen. Der Konsum sollte eigentlich vom niedrigeren Ölpreis profitieren, doch die Zweifel mehren sich, angesichts der zuletzt bröckelnden Frühindikatoren auch im US-Dienstleistungssektor. Gleichzeitig scheinen die Zentralbanken an Zauber, vielleicht sogar an Gestaltungsspielraum, zu verlieren. Was also, wenn US-Firmen aufgrund steigender Lohnkosten und der für 2016 erwarteten Gewinnstagnation anfangen, im großen Stil zu entlassen? Derzeit spielen viele Anleger solche Negativszenarien durch. Das gibt auch Hoffnung. Denn damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Markt zurzeit nach unten übertreibt und den Börsenstürmen bald bessere Zeiten folgen. Wir warnen zwar davor, in einige noch fallende Messer zu greifen, etwa bestimmte Schwellenländer. Aber bei sorgfältiger Titelauswahl sehen wir gute Chancen innerhalb des Aktien- und Unternehmensanleihensektors in der Eurozone, Japan und den USA.
Stefan Kreuzkamp
Chief Investment Officer
Mit 160 Milliarden Euro betreutem Kundenvermögen ist DWS Investments im Publikumsfondsgeschäft Marktführer in Deutschland*. 1956 gegründet, ist DWS Investments heute integraler Bestandteil der Deutschen Asset & Wealth Management, die weltweit fast eine Billion Euro** treuhänderisch für ihre Kunden verwaltet und eine der vier strategischen Säulen der Deutschen Bank ist.
Als aktiver Vermögensverwalter ermöglicht die DWS Kunden den Zugang zu einer umfassenden Palette an Anlageprodukten. Mehr als 500 Research- und Investment-Experten weltweit identifizieren Markttrends und setzen diese zum Nutzen unserer Anleger um. Führende Positionen in Rankings unabhängiger Ratingagenturen und Auszeichnungen belegen unseren Erfolg, die überdurchschnittliche Performance der DWS-Produkte und den herausragenden Service.
*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte
**Stand: 30. Juni 2013
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