Fokus: Zinswende in Sicht
Die positive Entwicklung am US-Arbeitsmarkt spricht für eine Leitzinserhöhung der Fed noch in diesem Jahr.
Einfach, schnell verständlich und aussagekräftig - das sind die Bedingungen, die ein Indikator erfüllen sollte. Ein Beispiel dafür ist der Misery-Index . Dieser Indikator ergibt sich aus der Addition zweier wirtschaftlicher Grundübel - der Inflation und der Arbeitslosigkeit. Damit ist der Index ein Wegweiser für die Geldpolitik. Derzeit ist die Inflation niedrig und die US-Arbeitslosenrate fällt. Die Fed kann dies als Erfolg ihrer ultralockeren Geldpolitik verbuchen. Allerdings zwingt dieser Erfolg die US-Notenbank, eine Erhöhung der Leitzinsen ins Auge zu fassen.
Wann dies exakt passiert, ist noch offen. Dass es passiert, ist nahezu sicher. Der Arbeitsmarkt dürfte dabei eine zentrale Rolle spielen. Für eine Zinserhöhung spricht, dass sich die Zahl der offenen Stellen auf dem höchsten Stand seit 2001 befindet und die Zahl der Langzeitarbeitslosen stark abgenommen hat. Zudem zeigt ein Blick auf den Employment Cost Index - einen Arbeitskostenindikator, der nicht durch strukturelle Veränderungen innerhalb der Unternehmen verzerrt wird -, dass der Lohndruck zunimmt. Dies lässt einen Anstieg der US-Kerninflationsrate im kommenden Jahr vermuten.
Das wahrscheinliche Ziel von US-Notenbankchefin Janet Yellen dürfte es sein, frühzeitig und in kleinen Schritten zu agieren, statt zu spät und unter Druck die notwendigen Maßnahmen zur Preisstabilisierung durchzuführen. In der ersten Phase, die bis weit in das kommende Jahr hinein dauern dürfte, findet die Rückkehr zur geldpolitischen Normalität statt. Setzt sich die Verbesserung am Arbeitsmarkt fort und zieht die Inflation weiter an, folgt danach die geldpolitische Straffung. Lehren aus der Vergangenheit
Damit folgt der anstehende Zyklus einem bekannten Muster. Die Inflation war zu Beginn der letzten vier Zinserhöhungszyklen moderat und die US-Wirtschaft war mehrere Quartale solide gewachsen. In diesem stabilen Umfeld startete die Fed ihre Leitzinserhöhungen. Sie betrieb damit eine vorausschauende Politik der Vermeidung künftiger Inflation. In allen vier Fällen führte die geldpolitische Straffung innerhalb des Zinserhöhungszyklus nicht zu einer Rezession. Erst nach Beendigung des Zinserhöhungszyklus wurde es gefährlich. So war in den Jahren 1990, 2001 und 2008 nach der Phase steigender und hoher Leitzinsen eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu beobachten.
Nicht immer bestand dabei aber ein unmittelbarer Zusammenhang zu dem vorhergehenden Zinserhöhungszyklus. 1991 belastete der Irak-Krieg die Wirtschaft und 2001 sorgte der Terroranschlag auf das World Trade Center für große Verunsicherung unter den Konsumenten. Anders sah es beim letzten Zinserhöhungszyklus aus. Von Juni 2004 bis Juni 2006 erhöhte die Fed ihren Leitzins von einem auf 5,25 Prozent und behielt dieses Niveau trotz der Wirtschaftsabschwächung bis September 2007 bei. Die Folge war ein Platzen der Immobilienblase. Und damit kam auch der Kreditsektor, der vom US-Immobilienboom profitiert hatte, unter Druck. Es folgten Kreditausfälle, die die nachfolgende Finanzkrise mit auslösten.
Vorsichtige Gangart
Die Erfahrung dürfte die Fed bei der anstehenden Zinswende zu einer vorsichtigen Gangart bewegen. Bei jedem weiteren Schritt dürfte sie nicht nur realwirtschaftliche Größen wie den Arbeitsmarkt, das Wachstumstempo und die Inflation, sondern auch die Kapitalmärkte und den Finanzsektor im Blick behalten. Aus Anlegerperspektive bedeutet dies, dass die Trendwende der Fed zwar einige Marktunruhen verursachen, aber als solche mit hoher Wahrscheinlichkeit keine großen Volatilitätssprünge hervorrufen dürfte.
In den letzten vier Zinserhöhungszyklen kamen langfristige Anleihen unter Druck. Aktien zählten dagegen zu den Gewinnern. Schließlich wurden die Leitzinsen erhöht, weil die Wirtschaft besser lief. Und davon profitierte wiederum der Unternehmenssektor. Von 2011 bis Mitte 2015, also in der Phase niedriger Leitzinsen, sorgten der Anstieg der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) und steigende Unternehmensgewinne bei Aktien für deutliche Kurssteigerungen. Speziell für die USA dürfte der erste Auftriebsfaktor aufgrund der höheren Aktienbewertung und steigender Zinsen entfallen. Bleibt das Gewinnwachstum. Auch dies könnte angesichts des bereits fortgeschrittenen Stadiums des Zyklus und rekordhoher Gewinnmargen eher unterdurchschnittlich ausfallen. Das Kurspotenzial dürfte damit für 2016 zwar begrenzt, das Umfeld für Aktien aber positiv bleiben.
Geringer Einfluss
Dass Zinserhöhungen Aktien auf Talfahrt schicken, wird von der Empirie nicht gestützt. In der Phase hoher Inflation, die die Fed von 1977 bis 1981 zu massiven Leitzinserhöhungen zwang, verteidigte der S&P 500 Index sein Niveau. In den vier nachfolgenden Zinserhöhungszyklen war die Inflation deutlich geringer. Der S&P 500 Index legte in diesem Umfeld einmal leicht und in drei Fällen sogar stärker zu.
Negativ korreliert
Arbeitslosigkeit und Inflation werden im Misery-Index aufaddiert. Ein Blick zurück zeigt, dass die Bewertung steigt, wenn der Misery-Index fällt und umgekehrt. Erklärbar wird das dadurch, dass ein Inflationsanstieg zu Zinserhöhungen führt, was die Attraktivität von Aktien schmälert. Wenn hohe Zinsen noch dazu auf hohe Arbeitslosigkeit treffen, spricht das für ein strukturell schwaches Wirtschafsumfeld, was wiederum die Aktienbewertung belastet.
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*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte
**Stand: 30. Juni 2013