Fokus: Frischer Wind
Das Ende der ultralockeren Geldpolitik naht. Was das bedeutet, hängt nicht zuletzt vom Einfluss der Geldpolitik auf die Erwartungen ab.
"Das Leben ist nicht verpflichtet, uns zu geben, was wir erwarten", schreibt Margaret Mitchell ironisch in ihrem Bestseller "Vom Winde verweht". Die Geldpolitik scheint hier keine Ausnahme zu sein. Nehmen wir die Fed , deren Präsidentin Janet Yellen die Zinsen offensichtlich gern endlich wieder anheben würde. Die Aufregung darüber hat die Finanzmärkte über einen guten Teil des Jahres beherrscht.
Natürlich machen Spekulationen immer Spaß: "Wird sie oder wird sie nicht?" Die Finanzmärkte hatten bereits genügend hysterische Anfälle, die selbst Mitchells berühmter Heldin Scarlett O‘Hara die Röte ins Gesicht treiben würden. Hinter all dem Lärm stehen aber fundamentale Fragen über den Einfluss der Geldpolitik auf Erwartungen.
Eine Art, sich die Volkswirtschaft vorzustellen, ist als eine große hydraulische Maschine, deren Hebel die Fed bedient. Eine Reihe neuer unkonventioneller Maßnahmen wie die Anleihekaufprogramme trieben die Vermögenspreise nach oben - so wollte die Fed den Konjunkturmotor wieder zum Laufen bringen. Verspätet scheinen sich die Vorteile jetzt über die Wall Street und Unternehmensbilanzen hinaus zu verbreiten. Die Arbeitslosigkeit ist auf ein Niveau gefallen, bei dem Löhne und schließlich auch Preise steigen sollten.
Die Geldpolitik wirkt sich nur mit Verzögerung auf Löhne und Preise aus. Daher versteht sich die US-Zentralbank historisch als "die Anstandsdame, die schon das Abservieren der Bowle anordnet, wenn die Party erst richtig los geht", wie es William Martin, Ökonom und der Fed-Präsident mit der längsten Dienstzeit, einmal ausdrückte.
Natürlich verbreitet ein Blick über die Börsenkurse hinaus auf US-Löhne und mittlere Haushaltseinkommen noch nicht gerade Partylaune. Aber die Stimmung unter den US-Konsumenten mit niedrigerem Einkommen ist auf ein Niveau geklettert, das zuletzt in den zügellosen Tagen vor der Finanzkrise erreicht worden war. Nach den Umfrageergebnissen rechnen sogar die Haushalte, die nach Einkommen zum untersten Drittel gehören, in den nächsten zwölf Monaten mit einer Besserung ihrer finanziellen Situation.
Der Haken ist nur, dass die Wirtschaft keine oder zumindest nicht nur eine große Maschine ist. Sie besteht aus Menschen, die mit den verfügbaren Informationen die besten Entscheidungen zu treffen versuchen. Und deshalb sind geld- und fiskalpolitische Entscheidungen ein heikles Unterfangen.
Die unglaublichen Geschichten
Der erste Zinsschritt mit einer Anhebung der Kurzfristzinsen auf etwa 0,5 Prozent dürfte mit Blick auf unmittelbare Auswirkungen auf Produktion und Inflation zu vernachlässigen sein. Am stärksten wird er die Erwartungen beeinflussen, und damit trübt sich das Bild ein.Auf kurze Sicht hoffen einige Investoren, dass die erste Zinserhöhung riskanten Anlagen einen Schub verleihen könnte. Die Entscheidung zu diesem Schritt könnte wie ein Vertrauensvotum für die US-Wirtschaft wirken. Bereits die drohende US-Zinserhöhung hat dazu geführt, dass sich an den Devisenmärkten die US-Stärke umso deutlicher gegenüber den gebeutelten Schwellenländern und der fortlaufenden Unsicherheit in Europa abhebt.
Auf längere Sicht könnte die Hauptquelle des Übels aber in den USA selbst liegen. Seit 2008 dümpelt die Federal Funds Rate bei 0 bis 0,25 Prozent herum. Über Jahre haben sich zumindest jene Unternehmen und Haushalte, für die das problemlos ging, ausgiebig über Fremdkapital finanziert und ihr Verhalten entsprechend umgestellt. Ganze Sektoren wie Yield Cos in der Energie- und Immobilienbranche verdanken ihre Entstehung günstigen Fremdmitteln. Diese Unternehmen spüren den Schmerz bereits. Fracking und Hochzins-Schuldner sind zwei weitere offensichtliche Beispiele. Nimmt man aber frühere Zinserhöhungszyklen als Richtschnur, so dürften in den nächsten Quartalen an vielen unerwarteten Stellen Probleme auftreten.
Wie Robert Barro 1976 argumentierte, gründet sich die Effektivität einer proaktiven Geldpolitik nicht zuletzt auf der Verwirrung der Menschen und das Verschleiern von Signalen an die Marktteilnehmer. Das kann das Wirtschaftswachstum vorübergehend ankurbeln, jedoch auf Kosten einer später höheren Varianz.1 Aber wenn es mal so kommt, werden es die Marktteilnehmer so schnell nicht realisieren. Scarlett O‘Hara hätte dazu Folgendes gesagt: "Darüber kann ich jetzt nicht nachdenken. Wenn ich das tue, werde ich verrückt. Ich werde morgen darüber nachdenken."
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*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte
**Stand: 30. Juni 2013
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