Marktkenner Nick Price: Konsum statt Krise
Wieso der Fidelity-Fondsmanager Nick Price trotz momentaner Probleme weiter an die Schwellenländer glaubt.
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von Ralf Ferken, Euro am Sonntag
Im Sommer brachen die Währungen und Börsen einiger Schwellenländer stark ein. Nick Price hält aber nichts vom Krisengerede. „Ich bin zwar ein vorsichtiger Investor, aber ich bin nicht pessimistisch für die Schwellenländer“, sagt der Fidelity-Fondsmanager.
€uro am Sonntag: Mr. Price, viele Schwellenländer sind 2013 in eine Krise geraten. Was ist da los?
Nick Price: Von einer Krise zu sprechen halte ich für übertrieben. Bei diesem Wort denke ich an die Jahre 1997, 2000 und 2008, als die Asien-, die Technologie- und die Immobilienblase platzten.
Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika und die Türkei wurden aber hart getroffen.
Diese Länder importieren vereinfacht gesagt viele Autos aus Deutschland, verkaufen aber zu wenig eigene Produkte ins Ausland. Das geht auf Dauer selten gut. Deshalb sind ihre Währungen so stark eingebrochen. Das kann diesen Volkswirtschaften aber helfen.
Aber eine schwache Währung bringt doch Nachteile mit sich.
Das stimmt. Diese Länder können sich jetzt weniger Importe leisten oder müssten mehr dafür bezahlen. Die schwächere Währung hat aber auch positive Effekte. Die Unternehmen können nun mehr exportieren, weil ihre Produkte im Ausland günstiger geworden sind. Dieser Prozess ist zunächst schmerzhaft, macht die Länder auf Dauer aber stärker.
Die Aktienkurse in den Schwellenländern stagnieren bereits seit drei Jahren. Ist der Siegeszug der Emerging Markets vorbei?
Viele Anleger hatten lange Zeit zu hohe Erwartungen an die Schwellenländer, die nicht erfüllbar waren. Das hat sich in den Kursen widergespiegelt. Aber nach wie vor spricht langfristig sehr viel für die Schwellenländer.
Was zum Beispiel?
Der steigende Konsum wird für lange Zeit das große Thema bleiben. Denn die Menschen verdienen pro Kopf immer mehr. In China besitzen erst sieben von 100 Einwohnern ein Auto, in Europa oder den USA hat rund jeder zweite Einwohner eins. Dies zeigt das große Konsumpotenzial der Schwellenländer.
Einige Forscher befürchten, dass die Pro-Kopf-Einkommen in den Emerging Markets nicht zum Niveau in den Industrieländern aufschließen werden.
Südkorea und Taiwan haben bereits das Gegenteil bewiesen. Und für China sehe ich auch nicht schwarz. Im Übrigen können viele Schwellenländer ihre Produktivität sehr schnell steigern. Etwa, weil immer mehr Menschen ihre Mobiltelefone auch für wirtschaftliche Zwecke nutzen. Oder weil mehr Straßen gebaut werden, was den Handel erleichtert. All dies erhöht die Pro-Kopf-Einkommen. Und vergessen Sie nicht den Outsourcing-Trend.
Was meinen Sie damit?
Der Chef einer globalen Firma wird sich auch künftig fragen, wo er am besten eine neue Fabrik bauen kann. In Europa oder den USA, wo der Lebensstandard bereits sehr hoch ist? Oder in den Schwellenländern, wo der Konsumhunger noch groß ist und die Arbeitskosten niedriger?
Die Antwort dürfte häufig zugunsten der Schwellenländer ausfallen. Das wiederum sichert Arbeits-
plätze und stärkt die Pro-Kopf-Einkommen.
Ihre Portfolios weichen von dem breiten Schwellenländerindex ab. Welche Aktien meiden Sie denn?
Der Index für Schwellenländer enthält viele Unternehmen, die noch im Staatsbesitz sind. Zum Beispiel chinesische Banken oder russische Energiekonzerne. Wir verzichten auf diese Titel, weil sie nicht ausschließlich im Interesse der Anleger geführt werden.
zur Person:
Nick Price (44) stammt aus Durban in Südafrika, einer Dreimillionenstadt an der Ostküste des Landes. Seit 15 Jahren arbeitet er in London für die Fondsgesellschaft Fidelity, einen der größten Vermögensverwalter der Welt. Zunächst war Price Analyst, seit 2005 ist er Fondsmanager für Aktien aus Schwellenländern. Price managt unter anderem den Fidelity Emerging Markets Fund sowie den Fidelity EMEA Fund (siehe Investor-Info). „Ich mag es, Fondsmanager zu sein“, erklärt der Südafrikaner. „Es ist ein Privileg, so viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern zu treffen.“
Investor-Info
Fidelity Emerging Markets
Der Konkurrenz enteilt (1)
Seit Juli 2009 managt Nick Price den Fidelity Emerging Markets Fund, bei dem er etwa in Aktien aus Brasilien, China, Kolumbien, Nigeria, Russland oder Südafrika investiert. €uro am Sonntag bewertet den Fonds mit FondsNote 2. Besonders in diesem Jahr liegt Price hervorragend. Der Grund für seinen Erfolg: Er investiert in hochwertige und profitable Unternehmen wie Bezeq oder Copa Holdings, meidet aber große Indextitel wie China Mobile, Gazprom oder Vale, wenn sie ihn nicht überzeugen.
Fidelity EMEA Fund
Der Konkurrenz enteilt (2)
Seit Juni 2007 leitet Nick Price den Fidelity EMEA Fund. EMEA steht für Emerging Europe, Middle East und Africa oder übersetzt ins Deutsche für Osteuropa, den Nahen Osten und Afrika. Derzeit bevorzugt Price Aktien aus Südafrika (43 Prozent) und Russland (30 Prozent). Zudem besitzt er viele Titel aus Nigeria (10 Prozent). Unter den Branchen favorisiert er Konsumaktien wie Magnit, Naspers oder Nigerian Breweries. Price fährt jedoch keinen Länder- oder Sektoransatz, sondern agiert als Stock-Picker. Bislang der erfolgreichste EMEA-Fonds. rf