Star-Fondsmanager: „In Aktien wird viel Geld fließen“
Europas Börsen fehlt ein klarer Trend. Doch das wird sich ändern, ist Star-Fondsmanager Nigel Bolton überzeugt. Wohin die Reise geht, verrät er im Interview mit Euro am Sonntag.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Die Lederhose, die sich Nigel Bolton im vergangenen Jahr gekauft hatte, war selbstverständlich mit im Gepäck. Am Abend sollte ihn ein Termin schließlich aufs Oktoberfest führen. Noch in Anzug und Krawatte machte der britische Fondsmanager am Vormittag einen Abstecher in die Redaktion von €uro am Sonntag, um über die Aussichten für die europäischen Aktienmärkte zu sprechen. Und die stimmen den Verantwortlichen des BGF European Fund (ISIN: LU 001 184 644 0) und des BGF European Focus Fund (siehe Investor-Info unten) zuversichtlich.
€uro am Sonntag: Herr Bolton, seit dem Frühjahr laufen Europas Aktienmärkte unter starken Schwankungen seitwärts. Woran liegt’s?
Nigel Bolton: Die Bewegungen an den Märkten lassen sich nach unserer Analyse fast ausschließlich auf eine einzige Frage zurückführen: Kommt es erneut zu einer Rezession? Je nachdem, ob aktuelle Konjunkturdaten gerade die optimistische oder die pessimistische Sicht bestärken, geht es eben nach oben oder nach unten. Seit Mai werden rund 60 Prozent der Aktienmarktrenditen von diesem Makrofaktor bestimmt.
Sind die Sorgen vor einem neuerlichen Abschwung denn gerechtfertigt?
Nein. Wir werden nicht gleich wieder in die Rezession abgleiten. Es wird weiter Wachstum geben, wenn auch in gedämpfter Form. Die Zinsen sind historisch niedrig und die Lagerbestände immer noch unter ihrem langjährigen Durchschnitt. Zudem sehen wir nach wie vor Lohnsteigerungen in Europa, und zahlreiche Einkaufsmanagerindizes sind im positiven Bereich.
Was muss passieren, dass auch die Aktienmärkte wieder Auftrieb bekommen?
Die Unschlüssigkeit muss erst aus den Märkten weichen. Dann wird es einen großen Ausschlag geben. Und wir sind überzeugt, er wird nach oben gehen. Denn die Voraussetzungen für Kursgewinne sind gegeben: günstige Aktien im internationalen Vergleich und Unternehmen, die gute Gewinne machen. Außerdem befinden sich derzeit viele Anleger an der Seitenlinie und warten auf Investitionschancen. Oder sie haben ihr Geld im Anleihemarkt, wo sie mickrige Renditen bekommen. Wenn die Unsicherheit aus den Märkten ist, wird viel Geld aus den Bond- in die Aktienmärkte fließen.
Wo sehen Sie die Unternehmensgewinne und den Aktienmarkt in einem Jahr?
Wir rechnen im kommenden Jahr mit rund elf Prozent Gewinnzuwachs bei europäischen Unternehmen. Und ich erwarte, dass die Aktienkurse in einem Jahr zehn bis 15 Prozent höher notieren.
Auf was sollten sich Anleger langfristig einstellen?
Wir werden künftig mehr zyklische Bewegungen in der Wirtschaft und eine höhere Volatilität an den Märkten sehen. Als Buy-and-Hold-Investor sollte ich in diesem Umfeld nach stetigen Einnahmeströmen, etwa in Form von Dividenden, suchen. Diese Komponente der Aktienanlage wurde lange Zeit viel zu wenig beachtet. Die zweite Möglichkeit ist, dass ich viel häufiger als früher mein Portfolio umschichte.
Investor-Info
BGF European Focus Fund
Als „Beste-Ideen-Portfolio“ bezeichnet Fondsmanager Nigel Bolton den Inhalt seines BGF European Focus Fund. Nur 20 bis 45 Titel hält der Manager und bietet Anlegern damit einen hochkonzentrierten und relativ aggressiven Europa-Aktienfonds. Boltons Aktienauswahl beruht auf einer Analyse der fundamentalen Unternehmensdaten. Ein klarer Wettbewerbsvorteil, nachhaltiges Wachstumspotenzial und eine niedrige Bewertung machen einen Titel für ihn attraktiv.
Chancen sieht der Manager verstärkt im Sektor zyklische Konsumgüter, den er gegenüber dem Vergleichsindex MSCI Europe stark übergewichtet hat. Das höchste Gewicht im Portfolio haben Nestlé und Novartis, große Stücke hält Bolton auch auf Swatch und Heineken.
Fazit: Sehr guter, hochkonzentrierter Fonds für europäische Aktien. Für risikobereite Investoren.