Warum der ETF-Hype für eigenständig denkende Anleger große Chancen bringt
Mittlerweile ist unter Privatanlegern fast schon "common sense", dass man Indexfonds (ETFs) kaufen sollte, weil man den Markt eh nicht schlagen könne.
Das ist Humbug und in meinem neuen Video erkläre ich, warum: https://www.youtube.com/watch?v=WnaLGvNYjpM
Anleger schütten regelmäßig das Kind mit dem Bade aus, wenn Branchen in zyklische oder strukturelle Tief geraten. Das heißt: Es wird oft alles abgestraft, ohne wirklich genau hinzusehen. Aktuell ist das z.B. im Einzelhandel der Fall. Nachfolgend einige Beispiele für zu unrecht abgestrafte Aktien verbunden mit der Vorstellung eines echten "Deep Value"-Investors, der zeigt wie fähige Investoren denken und handeln.
Das Internet ist ein Segen für uns Anleger, wenn wir es richtig verwenden. Dort draußen gibt es so viele gute Investoren, die uns helfen, selber besser zu werden und zu lernen. Man muss deren Botschaften nur hören und daraus lernen. Einer dieser Investoren ist Timothy Stabosz aus La Porte im US-Bundesstaat Indiana. Stabosz ist ein überzeugter Deep Value-Anleger und Contrarian. Das heißt, er investiert nur in solche Aktien, die seiner Ansicht nach massiv unter ihrem fairen Wert notieren und von anderen Investoren aus verschiedenen Gründen quasi fast um jeden Preis gemieden werden.
Er achtet dabei vor allem auf zwei Punkte: Darauf, dass die Aktie unter Buchwert notiert (wobei er auf den tangible book value abzielt, also auf den materiellen Buchwert) und dass es Insiderkäufe gibt.
Nach eigenen Angaben hat er seit August 1993 (zu diesem Zeitpunkt fühlte er sich kompetent genug mit dieser Strategie) bis heute sein investiertes Kapital ziemlich genau ver100-facht, nach Steuern wohlgemerkt. Er gibt freimütig zu, dass er seither keinen "echten Job" gehabt habe und so wisse, dass all seine Gewinne vom Investieren stammen. Aufs Jahr hochgerechnet entspricht das einer Rendite von knapp über 20 Prozent per anno nach Steuern. Vor Steuern kommt er auf einen Wert von "mindestens 27 Prozent" (basierend auf einem angenommenen Mischsteuersatz von 25 Prozent aus Staats- und Bundessteuersatz).
Über einen solch langen Zeitraum gesehen ist eine solche Rendite aus meiner Sicht absolut überragend. Es lohnt sich also zu hören, oder besser gesagt: zu lesen, wie Stabosz am Markt agiert. Er gibt dabei auch freimütig zu, dass er in diesen knapp 25 Jahren auch mit Phasen extremer Underperformance zu kämpfen hatte. Teuer war beispielsweise sein Experiment mit Shorts auf Fed Funds Futures. Er hatte damit gerechnet, dass die US-Notenbank den Leitzins viel schneller erhöhen wird und war nach 2009 über einen längeren Zeitraum "short". Ansonsten wäre er nach eigenen Schätzungen nur mit seinem Aktienportfolio um den Faktor 150 im Plus.
Anmerkung von mir: Meiden Sie unbedingt den Handel mit Futures! Das ist letztlich ein Nullsummenspiel und früher oder später ruinieren einen die Gebühren. Stabosz ist hier nur einer unter vielen, der damit Geld verloren hat. Ein befreundeter Fondsmanager hat mir erzählt, dass nach Schätzungen von Bank-Insidern, die Einblick in die Handelskonten haben, 90 Prozent aller neuen Terminmarkt-Trader ihr Konto innerhalb des ersten Jahres zugrunde richten. Also fangen Sie am besten erst gar nicht damit an.
Im Januar 2016 hatte der Wert seines Portfolios gerechnet vom vorherigen Hochpunkt über 80 Prozent verloren, was neben dem teuren "Futures"-Ausflug auch noch darauf zurückzuführen gewesen sei, dass er auch als aktivistischer Aktionär unterwegs war bei einer Spirituosen-Firma namens Scott´s Liquid Gold (SLGD), was ihn zu sehr abgelenkt und auch emotional belastet habe. Zudem habe er Rohstoff-Spekulationen wie Hercules Offshore (HEROQ), Atna Resources (ATNAQ) oder Alpha Natural Resources (ANRZQ) zu stark gewichtet gehabt. Auch bei den abgestürzten kommerziellen Bildungsaktien wie Corinthian Colleges (COCOQ) musste er Lehrgeld bezahlen.
Freimütig gibt er zu: Mein eigener Hochmut hätte auch mein Absturz bedeuten können. Glücklicherweise habe er sich dann auf den Hosenboden gesetzt und hart gearbeitet ("put my nose to the grindstone"). Danach habe sich der Wert seines Portfolios dann bis jetzt wieder mehr als vervierfacht. Verrückt!
Aber zurück zu Stabosz: Er gibt zu, dass der Wert seines Portfolios deutlich stärker schwankt als der Durchschnitt des Marktes. Im Gegensatz zur herkömmlichen Sichtweise, wonach eine erhöhte Volatilität ein erhöhtes Risiko bedeutet, sieht er diese Schwankungen als Chance. Das heißt, er tradet aggressiv "um seine Positionen herum", was bedeuten kann, dass er bei niedrigeren Kursen nachkauft, wenn er von der betreffenden Aktie überzeugt ist (ohne dabei aber exzessive Risiken durch eine zu hohe Gewichtung einzugehen; er startet maximal mit einer Gewichtung von etwas über zehn Prozent des Portfoliowerts).
Er schreckt darüber hinaus auch nicht davor zurück, teilweise Margin in Anspruch zu nehmen, also auf Kredit zu investieren, was zugegebenermaßen nur sehr erfahrene Anleger machen sollten - wenn überhaupt. Aktuell hat er ebenfalls eine Investitionsquote von über 100 Prozent, hedgt sich aber über Shortpositionen im S&P 500 ab. Meine Meinung: Auch derartige Absicherungsgeschäfte sollten Sie nur tätigen, wenn Sie viel Erfahrung haben und sehr genau wissen, was Sie tun.
Aber das sind letztlich nur Nebenschauplätze. Wirklich interessant und lehrreich ist seine Aktienstrategie. Er sieht sich selber im Herzen als Akademiker und glaubt, dass sein Erfolg in den Märkten mehr als alles andere auf seiner unersättlichen Neugier beruht und dem Willen, zu verstehen, was Value (Wert) ist. Seine Ansichten auf Seeking Alpha zu veröffentlichen ist für ihn ein lohnender Weg zurückzugeben, aber auch sein Selbstverständnis zu präzisieren und zu erneuern. Wichtig sei nur, dass das Ego außen vor bleibe!
Fokus auf Einzelhandelsaktien
Wie erwähnt investiert der Selfmade-Millionär immer dort, wo andere Anleger sich mit Grausen abwenden: Aktuell sind das Einzelhandels-Aktien.
Selbst bei größeren Aktien (wo Ineffizienzen bei der Preisfindung viel seltener sind) hat das zuletzt sehr gut funktioniert. So kaufte er u.a. vergangenen Herbst Aktien von Macy´s (US-Kürzel M), die mit 728 Filialen der größte Warenhausbetreiber der USA sind. Besonders bekannt ist das Stammhaus in New York City, eines der größten Warenhäuser der Welt. Die erste Tranche kaufte er zu 23 US-Dollar und verdoppelte bzw. verdreifachte seine Position dann noch im Bereich 18 bis 19 US-Dollar.
Zuvor hatte er die operative Entwicklung und die Bilanzen von Macy´s genau studiert und mit denen von z.B. J.C. Penney (JCP) und Sears (SHLD) verglichen, zwei weiteren großen Kaufhausketten. Die Aktien aller drei Firmen wurden massiv abgestraft, u.a. weil traditionelle Kaufhäuser unter dem allgegenwärtigen Preiskampf mit dem Internetriesen Amazon leiden. Seine Analysen ergaben, dass Macy´s zu unrecht so stark in Ungnade gefallen war.
Häufig gibt es in solchen Fällen weitere Einflüsse auf den Kurs, die eine solche Chance erst möglich machen. So hatte sich im Falle von M der aktivistische Hedgefonds Starboard Value (mit über sechs Milliarden Assets under Management; gegründet von Jeffrey Smith und Mark Mitchell 2002) zuvor aus der Aktie verabschiedet, weil man seine Pläne (u.a. Immobilienverkäufe) gegenüber dem Macy´s-Aktionariat nicht durchsetzen konnte.
Das hatte das Sentiment gegenüber dem Titel zusätzlich verschlechtert. Die Trendwende kam dann Ende November als die Finanzchefin in der Analystenkonferenz nach den Zahlen zum dritten Quartal vehement und mit scharfer Zunge auf Basis der vorliegenden Zahlen nachgewiesen hat, dass die Cashflows mehr als ausreichen, um die bisherige Dividende aufrecht zu erhalten und dass der zu unrecht abgestürzte Aktienkurs dafür verantwortlich war, dass die Dividendenrendite in zuvor ungekannte Höhen geschnellt war. Zusätzlich hat man dann noch die Gewinnprognose symbolisch um einen Cent je Aktie erhöht, um zu zeigen, wie gut es operativ läuft und man keine Gewinnwarnung befürchten muss.
Das war eine Art Initialzündung für die Aktie (siehe Einkreisung im Chart):
Sie schnellte unter extrem hohem Handelsvolumen nach oben und erreichte diesen Frühjahr dann sogar wieder Kurse über 30 US-Dollar.
Stabosz hatte dazu am 28. Oktober, also inmitten des Absturzes, angemerkt: "Diese Aktie - und der gesamte Brick & Mortar-Einzelhandelssektor (gemeint ist der stationäre Einzelhandel im Gegensatz zum E-Commerce; Anm. d. Verf.) an sich, befinden sich in einem ihrer periodisch wiederkehrenden Sektorrotations-"Krämpfen". Ich rechne fest mit Kursen von 30 bis 40 US-Dollar innerhalb der nächsten 15 Monate. Sollte die Aktie noch weiter fallen, wird Macy´s von einem Private Equity-Fonds, einem arabischen Scheich oder einem anderen "Prestige"-Käufer übernommen werden."
Stabosz sollte Recht behalten. Bis zum Überschreiten der 30 US-Dollar-Marke dauert es sogar nur etwas mehr als drei Monate. Ein weiterer Kommentar von ihm macht seine Denkweise nochmals deutlich: "Die Annahme, dass ein Einzelhändler (JCP) crasht, bedeutet (an der Wallstreet) automatisch, dass ein anderer auch bestraft werden muss. Das zeigt wie "übers Knie brechend" und irrational die "Street" für diesen Sektor geworden ist.
Dieses Phänomen hatte Stabosz auch bei Genesco (GCO) beobachtet, einer Handelskette, die auf den Verkauf von Schuhen und Hüten spezialisiert ist. Die Aktie wurde damals zu unrecht mit den Konkurrenten Footlocker, Finish Line und Dick´s in Sippenhaft genommen. Genesco notierte deutlich unter Buchwert, im September setzten Insiderkäufe ein. Stabosz schlug zu und behielt wieder recht.
Neue Käufe
Nach wie vor findet der börsenverrückte Single spannende Chancen im Einzelhandelssektor. Zu seinen neueren Empfehlungen gehört beispielsweise Cato Corporation (CATO), ein weiterer stationärer Einzelhändler. Zum Zeitpunkt seiner Empfehlung lag die Aktie ungefähr bei 11,00 US-Dollar. Dabei hatte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt 10,00 US-Dollar in Cash, einen üppigen Immobilienbesitz und noch dazu keine Schulden. Das operative Geschäft gab es also quasi umsonst. Er bezeichnet das als "zwick mich, ich glaub ich träume"-Situation, die nur alle paar Jahre vorkämen.
Cato ist ein Niedrigpreis-Anbieter von modischer Frauenbekleidung für eine tendenziell ältere Kundschaft und schaffte es in den Jahren 2010 bis 2015 Nettogewinn-Margen von rund sechs Prozent zu erwirtschaften. Das war absolut außergewöhnlich für ein Unternehmen, das Kleider für 29,95 US-Dollar und Hosen für 26,95 US-Dollar verkauft. In der Spitze verdiente man 2,40 US-Dollar je Aktie, 2015 war das. Die Aktie notierte damals im Hoch bei 45 US-Dollar.
Dann entstand folgendes Problem: Um weiter wachsen zu können entschied man auch jüngere Kundschaft ansprechen zu wollen, die gesamte Ware selber zu designen und asiatische Firmen selbst für die Produktion zu beauftragen. Bisher hatte man die Ware immer am freien Markt gekauft, wobei die Einkäufer ein ausgesprochen gutes Gespür dafür bewiesen haben, was sich verkauft, auch weil man seine Kundschaft sehr gut kannte.
Das ging gründlich daneben. Die Folgen des Inhouse-Designs waren, dass die Produktlinien schmaler geworden sind, Schnitte teilweise von anderen Designern kopiert worden sind und diese Designer den Geschmack der eigenen Kunden nicht gut genug kannten. Die Passform der Produkte wurde angepasst, um jüngere und schlanke Frauen anzusprechen. Die Kleider waren zudem oft auch freizügiger und weniger zurückhaltend. Damit vergraulte man die Stammkundschaft. Die Verkaufszahlen brachen dramatisch ein (Umsätze auf vergleichbarer Fläche gingen 20 Monate in Folge prozentual zweistellig zurück).
Mehrere Versuche, die neue Strategie leicht anzupassen, scheiterten, so dass das Management letztendlich beschloss, komplett zur alten Strategie zurückzukehren. Man kauft fortan wieder direkt am freien Markt ein. Auch die Läden werden wieder exakt so ausgestattet wie vor der Umstellung. Bis Ende April will man damit fertig sein.
Stabosz sieht exakt darin die Stärke des Unternehmens: "Sie durchforsten den gesamten Markt (also Klamotten, die von anderen hergestellt worden sind) danach, was ihren Kunden am besten gefällt bzw. in der Vergangenheit am besten gefallen hat. Das war die Basis für Cato´s Erfolg in der Vergangenheit und hierin liegt die große Expertise der Firma. Das haben sie in der Vergangenheit immer und immer wieder gemacht." Er bezeichnet das als "scharfsinnige und fähige Kaufleute" zu sein. Er ist sich sicher, dass man bei Cato diese Fähigkeit nicht verloren hat und dass genau deshalb auch der Erfolg wieder zurückkommen wird.
Seit der Empfehlung ist die Aktie bereits wieder auf über 16 US-Dollar gestiegen, obwohl der Beweis, dass die "back to the roots"-Strategie funktioniert, noch nicht erbracht worden ist (die nächsten Quartalszahlen folgen erst Mitte Mai). Aber auch das sieht der Investmentstratege als Bestandteil der Strategie: "Wenn der Markt bei einer bestimmten Aktie kurzfristig so extrem nach unten übertreibt, dann kommt es allein durch die Marktmechanismen wieder zu einer Art Rebound", so seine These.
Inzwischen hat er einen Teil seiner Cato-Aktien bereits wieder verkauft. Er will immer dort investiert sein, wo die Unterbewertung am dramatischsten ist, so die Begründung.
Sein zweiter aktueller Favorit ist Sears Hometown & Outlet Stores (SHOS). Auch dahinter verbirgt sich eine spannende Turnaroundstory: Als er die Aktie bei 2 US-Dollar entdeckt hat lag die Bewertung nur bei 21 Prozent des Buchwerts und 25 Prozent der Nettoaktiva. Das ist extrem attraktiv. Sobald Insiderkäufe dazu kamen, schaute er sich das Papier näher an und entdeckte Erstaunliches:
Im Oktober 2012 von der oben angesprochenen Sears Holding (SHLD) ausgegliedert betreibt das Unternehmen zwei unterschiedliche Ladentypen: Erstens die Hometown Stores, die 70 Prozent der Umsätze ausmachen und in denen vor allem Haushaltsgeräte, Rasen- und Gartenequipment sowie Werkzeuge verkauft werden. Sie befinden sich meist in Regionen, wo die Nachfrage nicht groß genug ist für die großen Sears-Kaufhäuser, die das ganze Sortiment anbieten. Zum Vergleich: Die Hometown-Läden umfassen rund 800 Quadratmeter, die Sears-Kaufhäuser im Schnitt 13.000 Quadratmeter.
SHLD agiert hier als Franchise-Geber, d.h. betrieben werden die Läden von Kleinunternehmern.
Das zweite Standbein sind die Sears Outlet Stores, die die restlichen 30 Prozent an Umsätzen bringen. Damit bewegt man sich in einer ungewöhnlichen und werthaltigen Nische. Das Konzept des Outlet-Verkaufs ist hierzulande als direkter Fabrikverkauf bekannt. In den USA ist das etwas anders. Hier agiert Sears Outlet quasi als der Zwischenhändler und eine Art Abrechnungsstelle (Clearing) für die gesamte US-Gebraucht-Haushaltsgeräte-Industrie. Egal ob die Geräte Schrammen haben, instand gesetzt werden müssen oder ob Überbestände vorhanden sind: die Outlet Stores dienen hier quasi als Drehscheibe. Der Marktanteil in diesem Geschäft liegt bei über zwei Dritteln des Gesamtmarkts.
Insgesamt werden 80 Prozent der Gesamtumsätze in den Outlet Stores mit Haushaltsgeräten erzielt und wiederum 75 Prozent davon mit Geräten, die im "Ist"-Zustand verkauft werden. Nur 30 Prozent der Umsätze werden von der Sears Holding generiert. Es besteht also nur eine eingeschränkte Abhängigkeit von der Muttergesellschaft.
Nun ist es zweifellos so, dass auch die Hometown & Outlet Stores unter dem Margendruck und dem Umsatzschwund in diesem Sektor leiden. Im Gegensatz zu den dramatischen Umsatzverlusten in den klassischen Sears-Läden gab es hier aber nur prozentual einstellige Rückgänge. SHOS steuert zudem kräftig gegen, in dem unrentable Läden konsequent geschlossen werden. In 2017 waren es rund 104 Läden. Es verbleiben aber immer noch rund 1000 Läden.
Das Interessante dabei ist, dass die vorhandenen Warenbestände in den geschlossenen Läden zu sehr attraktiven Preisen verkauft werden konnten. Es konnten so rund 30 Millionen US-Dollar an Kapital für den Betrieb des restlichen Geschäfts (Working Capital) herausgelöst werden. Zum Vergleich: Die gesamte Marktkapitalisierung liegt auch jetzt noch bei nur 67 Millionen US-Dollar. Selbst bei einer kompletten Liquidation des Geschäfts sollte also für die Aktionäre im Vergleich zum aktuellen Kurs ein Vielfaches übrig bleiben.
Hinzu kommt, dass man sehr gut bei der Verbesserung der Margen vorankommt, u.a. durch eine automatisierte smarte Preisgestaltung in den Outlet Stores seit Juli vergangenen Jahres. In der Folge wurden die Bruttomargen im dritten Fiskalquartal im Hometown-Segment um 0,2 Prozent und bei den Outlet-Stores gar um 0,5 Prozent verbessert. Die operativen Ausgaben wurden ebenfalls reduziert. In der Folge gelang beim bereinigten EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen) ein Sprung auf plus 3,8 Millionen US-Dollar nachdem man im Vorjahresquartal noch zehn Millionen US-Dollar verloren hatte.
Das Problem und zugleich die Chance für Value-Anleger wie Stabosz: Der Markt hat auf diese anhaltenden Margenverbesserungen bei SHOS überhaupt nicht reagiert, weil das Unternehmen nach wie vor in einen Topf mit Sears Holding geschmissen wird. Bei der Holding ist aber wohl eine Insolvenz mittelfristig kaum noch vermeidbar. Die Anleger befürchten nun, dass in diesem Falle SHOS mit in die Tiefe gerissen werden könnte bzw. besser gesagt, noch weiter in die Tiefe.
Dabei wird aber ignoriert bzw. übersehen, dass SHOS bereits seit mehreren Quartalen intensiv daran arbeitet, die Verquickung mit Sears Holding aufzulösen. So wurde u.a. extrem viel Geld investiert, um die Abhängigkeit von der Sears Holding-IT zu beenden und mit Hilfe von NetSuite eine eigene IT-Infrastruktur aufzubauen. Alleine im dritten Fiskalquartal hatte man hierfür 7,8 Millionen US-Dollar ausgegeben. Im ersten Quartal sollten diese Arbeiten weitgehend abgeschlossen sein.
Parallel dazu arbeitet man auch daran, eigene Geschäftsbeziehungen mit den Herstellern aufzubauen. Während beispielsweise der Spülmaschinenhersteller Whirlpool die Sears Holding gar nicht mehr beliefert (auf Grund der finanziellen Schwierigkeiten der Muttergesellschaft) hat SHOS ein neues, eigenes Lieferabkommen mit Whirlpool unterzeichnet.
Zudem gab es quasi vom gesamten Management und auch von Mehrheitsaktionär Eddie Lampert Insiderkäufe. Nachdem Stabosz die Fortschritte in seiner Seeking Alpha-Analyse einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht hat, sprang die Aktie endlich an (siehe Einkreisung). Der Langfristchart zeigt aber wie dramatisch die Kursverluste in den letzten Jahren waren.
Selbst wenn die operativen Verbesserungen nur temporär sein werden, sieht Stabosz noch ein Kurspotenzial von weiteren 100 Prozent. Gelingt tatsächlich ein dauerhafter Turnaround sieht er Vervielfachungspotenzial.
Ein weiterer Gigant in Schwierigkeiten
Ein besonderes Augenmerk hat er seit längerem auch auf Bed, Bath & Beyond (BBTA).
Das Unternehmen verkauft Küchen- und Haushaltsartikel sowie Ausstattungen für Bäder, Schlaf- und Wohnzimmer. Wie alle Unternehmen dieses Typs ist der Filialist fast ausschließlich in Einkaufszentren oder in Gewerbegebieten anzutreffen und hat kaum alleinstehende Filialen in innenstädtischer Lage.
Das Unternehmen ist im S&P 500 und war bis Dezember 2016 sogar im NASDAQ 100 gelistet. Inzwischen ist die Marktkapitalisierung auf 2,6 Milliarden US-Dollar gesunken. Knapp 14 Prozent der ausstehenden Aktien sind leerverkauft.
Am Mittwoch meldete man nachbörslich erneut enttäuschende Zahlen und erklärte den enttäuschten Analysten, dass man bis 2020 nicht mit einer Verbesserung des Gewinns je Aktie zu rechnen brauche. Der Langfristchart sieht entsprechend verheerend aus.
Auch hier lauert Stabosz bereits auf einen Einstieg. Er sieht ein massives Versagen des Managements, insbesondere von CEO Steven Temares. Seiner Ansicht nach opfert das Unternehmen die eigenen "Läden" zugunsten des Onlineverkaufs, der aber kaum Margen bringt. Absolut unsinnig ist es seiner Meinung nach auch, dass die Dividende erhöht wird, obwohl der Gewinn fällt.
Er rechnet zunächst mit weiter fallenden Kursen und dann dem Einspringen aktivistischer Investoren, die dem bisherigen Management den Garaus machen sollten. Knapp über 16 US-Dollar würde er mit einer ersten Tranche einspringen.
MEIN FAZIT:
Ich schildere Ihnen das alles nicht, weil ich Timothy Stabosz für ein Genie oder gar unfehlbar halte. Im Gegenteil: Er hat in seiner Investmentkarriere auch viele Fehler gemacht und musste phasenweise extreme Verluste einstecken.
Es geht auch gar nicht so sehr um die Strategie an sich. Es gibt an der Börse viele Wege und Strategien um erfolgreich zu sein. Die von Stabosz ist nur eine davon.
Dennoch zeigt seine Langfristperformance über einen Zeitraum von 25 Jahren was Privatanleger erreichen können, wenn sie ihre Hausaufgaben machen, sich in der Materie gut auskennen, eigenständig denken und sich nicht zuletzt die Ineffizienzen des Marktes zunutze machen. Diese werden durch die Milliarden und Aber-Milliarden an Anlegergeldern, die in ETFs (und damit in die immergleichen Blue Chip-Werte) fließen eher größer als kleiner.
Wer nur in ETFs investiert vergibt die Chance auf eine außergewöhnliche Langfristperformance.
Weitere unterbewertete Valueperlen, die aber bereits intakte Aufwärtstrends haben, stelle ich Ihnen in meinem Premium-Dienst Trendaktien-Report (www.trendaktien-report.de) vor.
Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in einem der genannten Wertpapiere / Basiswerte zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Sears Hometown & Outlet Stores (SHOS). Es kann daher ein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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