Blick in die Ferne: Was Prognosen können - und was nicht!
Studien zur langfristigen Entwicklung von Wirtschaft, Börsen und Anlageklassen helfen beim Investieren - und zeigen, wo sich ein langer Atem lohnt.
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von Astrid Zehbe, €uro am Sonntag
Ob in Japan, den USA, der Eurozone oder den Schwellenländern, die Stimmung an den Märkten ist so gut wie seit Langem nicht mehr. Ökonomen korrigieren ihre Konjunkturprognosen fortwährend nach oben, die Zufriedenheit von Verbrauchern und Unternehmen ist vielerorts blendend, an den Börsen jagt ein Allzeithoch das nächste. Selten zuvor hat sich die Weltwirtschaft gleichzeitig so robust und synchron entwickelt wie zurzeit.
Die wenigsten Analysten haben in ihren Jahresprognosen ein derart positives Bild für 2017 erwartet. Die Zukunft lässt sich eben nicht exakt vorhersagen. Dennoch sind solche Konjunkturausblicke, wie sie zahlreiche Banken, Fondsgesellschaften oder Forschungsinstitute stets zum Jahreswechsel veröffentlichen, eine wertvolle Lektüre, um Investmententscheidungen zu treffen. Auch Studien, die die Wirtschaft für längere Zeiträume in den Blick nehmen, sind sehr hilfreich. Sie zeigen, in welche Richtung sich die Wirtschaft entwickeln wird, und machen eines deutlich: Ein langfristiger Anlagehorizont lohnt sich.
Derlei umfangreiche Prognosen zu erstellen ist allerdings kompliziert. Mithilfe komplexer mathematischer Modelle wird berechnet, ob und wie stark sich Einflussfaktoren - etwa Wirtschaftswachstum, Energie- und Rohstoffpreise oder Zinsentwicklungen - auf die verschiedenen Anlageklassen auswirken würden.
Für die kommenden Jahre sind es vor allem die Notenbanken, die die Märkte bewegen werden. Die Niedrigzinspolitik der Vergangenheit hat nicht nur Sparern das Leben schwer gemacht, sondern auch Anleiheanlegern. Die Renditen sind auf nie da gewesene Tiefstände gefallen. In der Folge wurde angesichts des Anlagenotstands in immer riskantere Assets investiert, was unter anderem auch einen Teil der Rally an den weltweiten Aktienmärkten erklärt.
Was passiert jedoch, wenn sich der Trend umkehrt und die Notenbanken ihre Politik straffen? "Der unmittelbare Effekt wird wahrscheinlich darin bestehen, dass die Aneiherenditen von ihrem sehr niedrigen Niveau wieder steigen, die Aufschläge für das Bonitätsrisiko sich erhöhen und sich die Aktienmärkte schwerer tun werden", sagt Lukas Daalder von Robeco. Entsprechend hat die niederländische Fondsgesellschaft in ihrem gerade vorgelegten neuen Fünfjahresausblick die Renditeprognosen beispielsweise für Bundesanleihen oder für Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität nach oben korrigiert.
Dennoch müssen Anleger, die in deutsche Staatsanleihen investieren, bis 2022 mit einem jährlichen Minus von 2,5 Prozent rechnen. Mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen wird der Verlust demnach 1,25 Prozent per annum betragen. Bei den deutlich riskanteren Hochzinsanleihen ist die jährlich zu erwartende Rendite mit 0,25 Prozent in den kommenden fünf Jahren zwar positiv, für Begeisterung werden diese Zahlen bei Anlegern aber kaum sorgen.
Aktien schlagen Anleihen
Attraktiver sind Aktien. Zwar dämpft ein steigendes Zinsniveau auch hier die Renditeaussichten, lukrativ bleiben die Papiere dennoch - vor allem in bestimmten Regionen. Daalder schätzt, dass Aktien aus Industrieländern bis 2022 im Schnitt pro Jahr um fünf Prozent zulegen, Aktien aus Schwellenländern sogar um 6,25 Prozent.
Der britische Fondsanbieter Schroders, der kürzlich einen Ausblick für die kommenden sieben Jahre veröffentlicht hat, geht noch stärker ins Detail. Am lukrativsten sind demnach Aktien aus der Region Pazifik ex Japan, also Neuseeland, Singapur, Hongkong und vor allem Australien.
Letzteres Land, dessen Wirtschaft in den vergangenen 15 Jahren im Schnitt um drei Prozent jährlich zugelegt hat, profitiert dank der vielen Bodenschätze vom Rohstoffhunger der Schwellenländer. Den Analysten von Schroders zufolge könnten Down-Under-Aktien bis 2024 pro Jahr 8,2 Prozent zulegen. Anleger sollten jedoch berücksichtigen, dass eine in Zukunft wohl höhere Inflation die Nominalrenditen gegebenenfalls schmälern könnte.
Auch in den Schwellenländern selbst sind Aktieninvestments angesichts eines zu erwartenden jährlichen Ertrags von 7,9 Prozent interessant. Die Wirtschaft wächst in vielen dieser Länder robust, die Einkommen steigen und mit ihnen der Konsum. Auch japanische Aktien könnten lukrativ bleiben und nach der Wiederwahl von Premier Shinzo Abe vor allem von der wohl weiterhin lockeren Geldpolitik sowie staatlichen Konjunkturmaßnahmen profitieren.
Gute Aussichten für den DAX
Die Aussichten für europäische Aktien sind nach der Prognose von Schroders zwar bescheiden, da die Analysten von schrumpfenden Unternehmensgewinnen ausgehen. Investments in den DAX könnten sich dennoch lohnen.
Nach einer Studie der Vermögensverwaltung Starcapital, in der das langfristige Kurspotenzial deutscher Aktien berechnet wird, könnte sich der DAX bis 2028 mehr als verdoppeln - auf 27.000 Punkte, bei einer Bandbreite der Prognose von 20.100 bis 32.000 Zähler. Als Grundlage dienen das Kurs-Buchwert-Verhältnis von derzeit 1,9 sowie das über zehn Jahre geglättete und inflationsbereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20,4. "In den vergangenen Jahrzehnten folgten auf vergleichbare Bewertungen im Mittel Wertsteigerungen von sieben Prozent über die folgenden zehn bis 15 Jahre", sagt Norbert Keimling von Starcapital.
Anleger sollten beachten: Wichtiger, als den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden, ist es, langfristig anzulegen - zumindest bei breit aufgestellten Fonds und ETFs. In Form entsprechender Sparpläne kann man von der prognostizierten Entwicklung besonders gut profitieren.
Investor-Info
Comgest Growth Asia Pac. ex Japan
Attraktive Pazifik-Region
Die Fondsgesellschaft Schroders erwartet in Zukunft die höchste Rendite in der Region Pazifik ohne Japan. Dazu gehören Industrieländer wie Australien und Singapur. Anleger setzen mit dem db X-trackers MSCI Pacific Ex Japan (ISIN: LU 032 225 233 8) auf diese Region. Ebenfalls als Investment empfiehlt sich der sehr erfolgreiche Comgest-Fonds, der auch die Schwellenländer Indien und China einbezieht. Er investiert in Aktien erstklassiger Konzerne mit stetigem Wachstum.
Vontobel MTX Sust. EM Leaders
Boomende Schwellenländer
Aktien aus Schwellenländern haben bereits 2016 und 2017 besser abgeschnitten als Werte aus Industrieländern. Auch in den kommenden Jahren ist eine Outperformance zu erwarten. Eine gute Anlage für die weltweiten Emerging Markets ist der Fonds von Vontobel. Er setzt auf Unternehmen mit starker Wettbewerbsposition und hoher Rentabilität. Zudem achtet er darauf, dass die Firmen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.
Deka DAX
Schwungvolles Deutschland
Die Vermögensverwaltung Starcapital geht davon aus, dass sich der DAX bis 2028 mehr als verdoppeln wird. Das entspricht einer Rendite von rund sieben Prozent pro Jahr. Auf lange Zeiträume zahlt es sich besonders aus, kostengünstig zu investieren. Mit einem ETF auf den deutschen Leitindex ist das möglich. Er verlangt pro Jahr nur 0,15 Prozent Gebühren und holt mit einem Schwung die 30 wichtigsten Konzerne Deutschlands ins Depot.
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