Euro am Sonntag

Smart Beta: Den Index rausputzen

12.12.15 15:00 Uhr

Smart Beta: Den Index rausputzen | finanzen.net

Besser als der Markt, ohne teuren Manager - das versprechen neuartige ETFs. Wie sie funktionieren, was sie bringen.

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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Zwei mal drei macht vier, widewidewitt, und drei macht neune." Sich die Welt so machen, wie sie einem gefällt, ist ein schlauer Zug, den schon Astrid Lindgrens Kinderbuchheldin Pippi Langstrumpf beherrschte. In der zahlenlastigen Finanzwelt würde sie damit zwar nicht weit kommen, doch auch dort gibt es immer wieder Bestrebungen, alte Fundamente einzureißen und neu aufzubauen - mit seriöser Mathematik, versteht sich.



Eines dieser Fundamente sind Indizes. Sie bilden die Entwicklung eines Marktes mit einer Vielzahl von Wert­papieren ab. Der bekannteste Index in Deutschland ist der DAX, in dem die 30 wichtigsten deutschen Aktien enthalten sind. Welches Unternehmen wichtig ist, darüber entscheidet der Börsenwert, auch Marktkapitalisierung genannt.

So beträgt der Wert sämtlicher frei ­gehandelter Aktien des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer derzeit knapp 80  Milliarden Euro. Der Konzern ist mit rund zehn Prozent aktuell das Schwergewicht im DAX. Dagegen nimmt der Energiekonzern RWE nur einen Anteil von 0,7 Prozent ein, er bringt es gegenwärtig gerade mal auf einen Börsenwert von 5,3 Milliarden Euro.

Traditionelle Indizes mit Manko

Indizes nach Marktkapitalisierung aufzubauen hat Tradition. Ein unschöner Nebeneffekt ist jedoch, dass die Börsenbarometer damit immer prozyklisch aufgestellt sind. So ist der DAX im Jahr 2000 äußerst technologielastig ge­wesen, während bis 2008 die Finanz­institute das größte Gewicht bekamen. Das Platzen der Internetblase und die Finanzkrise haben dem Index und den darin breit investierten Anlegern entsprechend stark zugesetzt.


Immer drängender wurde daher in den vergangenen Jahren das Bedürfnis, an der traditionellen Konstruktion von Indizes zu rütteln. Besonders stark tun dies die ETF-Anbieter, indem sie gleich auch neue Lösungen präsentieren. Smart Beta heißt das Zauberwort, das aktuell die Branche elektrisiert und hohe Wachstums­raten verspricht. Hinter dem Begriff stecken schlicht und einfach alternative Gewichtungsmethoden für bekannte Indizes.

Wer mit einem konventionellen ETF in diese Indizes investiert, bekommt genau das Risiko und den Ertrag des entsprechenden Marktes - das sogenannte Beta. Dagegen setzen sich aktive Fondsmanager das Ziel, durch geschickte Einzeltitel­auswahl eine höhere Rendite als der Markt zu erzielen - das sogenannte Alpha. Smart Beta nun stößt in die Lücke dazwischen: Bei den entsprechenden Produkten gibt es kein aktives Management (und daher relativ günstige Gebühren). Bessere Erträge oder eine schwankungsärmere Wertentwicklung als bei den traditionellen Indizes sollen trotzdem drin sein.


Damit dies gelingen kann, werden die Kursbarometer nach bestimmten Faktoren neu zusammengesetzt. So will man das Hauptproblem kapita­lisierungsgewichteter Indizes um­gehen - dass nämlich ETF-Anleger automatisch besonders viele Papiere von Unternehmen kaufen, die gerade am teuersten sind. Stattdessen wird das Aktienuniversum breiter Indizes nach gewissen Eigenschaften der Titel gefiltert und auf dieser Grundlage neu geordnet. Bereits seit Jahren etabliert ist der Filter Dividendenrendite: In die jeweiligen Indizes kommen nur Aktien von Unternehmen, die eine hohe Dividendenrendite bieten beziehungsweise ihre Ausschüttungen über viele Jahre stabil halten oder sogar steigern konnten.

Die Idee dahinter: Dividenden sind für Anleger nicht nur ein wichtiger Ertragsbestandteil, die entsprechenden Unternehmen entwickeln sich an der Börse auch besonders stabil, weil sie - um stetige oder steigende Ausschüttungen zu gewährleisten - diszipliniert wirtschaften müssen und sehr bedacht Risiken eingehen.
Neben der Dividendenrendite setzen Smart-Beta-ETFs mittlerweile auf viele Faktoren: So werden gezielt Value- oder Momentum-Aktien aus Indizes herausgefiltert. Oder es wird nur in Titel mit niedriger Volatilität, hoher Qualität oder geringer Marktkapitalisierung - sogenannte Small Caps - investiert.

Das alles mit dem Ziel, langfristig bessere Anlageergebnisse zu erzielen als mit einem Investment in den breiten Markt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die dahinter stehen, sind keineswegs neu. Sie gehen zum Teil zurück auf Arbeiten der ­Nobelpreisträger Eugene Fama und Kenneth French Anfang der 90er-Jahre. Neu ist jedoch, dass Anleger via ETFs kostengünstig in "optimierte" Indizes investieren können.

Rentenindizes werden smart

Das ist nicht nur bei Aktienbarometern möglich. Inzwischen offeriert etwa der britische Anbieter ETF Securities auch eine Reihe neuartiger Staats- und Unternehmensanleihe-ETFs. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Titel eines Anleiheuniversums nicht nach dem Schulden­niveau, sondern nach Fundamentaldaten sortieren. In traditionellen Renten­indizes ist es dagegen so: Länder oder Unternehmen, die sich mehr verschulden als andere, erhalten einen höheren Anteil.

So sind im Index Barclays Global Govern­ment japanische Anleihen mit rund 25 Prozent gewichtet. Im alternativ gewichteten Indexfonds von ETF Securities (ISIN: IE 00B SVY HQ1 1) belegen Papiere aus Japan dagegen weniger als fünf Prozent des Port­folios. Das Ziel der smarten Indexfonds ist vor allem eine Reduzierung des Risikos für den Krisenfall.

Ob Aktien oder Anleihen, die Smart-Beta-Produkte scheinen den Nerv der Anleger zu treffen. Das Segment erzielt derzeit Wachstumsraten von 40 Prozent und wächst doppelt so stark wie klassische ETFs. Ein Rundum-sorglos-Paket für An­leger sind die neuen Produkte trotzdem nicht. Denn über so manche Zeitspanne schlagen die konventionellen Indizes ihre smarten Gegenparts.

Das gilt speziell für die Gruppe der Faktor-ETFs. Nicht immer ist es von Vorteil, beispielsweise in Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung investiert zu sein. Diese schneiden in einem Konjunktur­abschwung tendenziell schlechter ab als hoch­kapitalisierte Titel. Einen Anhaltspunkt, wann in einem Wirtschaftszyklus welche Aktienfaktoren favo­risiert werden sollten, bietet die Grafik auf Seite 30 unten. Daneben stellt die Redaktion ausgewählte Smart-Beta-ETFs vor, die schon einige Jahre auf dem Markt sind und ­ihren Praxistest bestanden haben.

Freilich können es sich Anleger, die keine dezidierte Marktmeinung haben, auch einfach machen und via ETF in einen gleichgewichteten Index investieren. Dort erhalten alle Aktien den gleichen Anteil. Im modifizierten Index Stoxx Europe 600 etwa ist dann Börsenschwergewicht Nestlé genauso wie die Nummer 600 mit weniger als 0,2 Prozent gewichtet. Nestlé als Gleicher unter Gleichen - mit ETFs machen sich Anleger die Welt, wie sie ihnen gefällt.

Was heißt …?

Beta: Der griechische Buchstabe ß steht im Finanzjargon für das Marktrisiko einer Anlage. Der ­sogenannte Betafaktor misst die Schwankungsanfälligkeit einer Anlage gegenüber dem Gesamtmarkt und wird als Zahl ausgedrückt. Ist das Beta größer als eins, weist die Anlage eine höhere Schwankung auf als der Gesamtmarkt, bei ­einem Beta kleiner als eins ist die Schwankung geringer. Der Markt selbst - und Indexfonds, die ihn präzise abbilden - hat entsprechend ein Beta von genau eins.

Smart Beta: Der Begriff steht für Indizes, die nicht nach Marktkapitalisierung, sondern nach alternativen Kriterien gewichtet sind. Statt den Aktien der größten Unternehmen den höchsten Anteil zu geben, erhalten so zum Beispiel die Titel mit der stärksten Unterbewertung oder der geringsten Schwankungsbreite einen vorderen Platz im Index. Ziel ist, damit langfristig eine bessere Rendite zu erzielen als mit dem klassischen Index.

Anlagestil und Zyklus

Eine in jüngster Zeit stark wachsende Gruppe von Smart-Beta-Indexfonds sind Faktor-ETFs. Dabei werden aus einem Index Aktien mit bestimmten ­Eigenschaften herausgefiltert und neu gewichtet. Diese Eigenschaften, so die wissenschaftliche Erkenntnis, erweisen sich langfristig als wichtige Treiber für Risiko und Rendite eines Aktienportfolios. In kürzeren Zeiträumen kann die Wertentwicklung eines Aktienfaktor-ETFs aber schlechter ausfallen als die des Vergleichsindex. Die Deutsche Asset & Wealth Management hat ein­ Modell aufgestellt, das zeigt, welche Faktoren wann in einem Wirtschaftszyklus bessere Renditen versprechen. So sind im Aufschwung und in Boomphasen Investments in stark unterbewertete Aktien (Value) und in gering kapitalisierte Titel (Small Caps) vorteilhaft. Zudem lohnt es sich meist, weiter auf ­Aktien zu setzen, die bereits gut gelaufen sind (Momentum). Im Abschwung und in einer Rezession gewinnen dagegen Firmen an Bedeutung, die über eine solide Bilanz und hohe Rentabilität verfügen (Quality), großkapitalisiert sind (Large Caps) und deren Aktien wenig schwanken (niedriges Risiko).

Investor-Info

Ossiam Stoxx Eur. Equal Weight
Große Aktien ganz klein

Der ETF setzt auf eine Gleichgewichtung der Aktien im Stoxx-Europe-600-Index. Das heißt: Jeder Titel nimmt weniger als 0,2 Prozent ­Anteil am Portfolio ein. Viermal im Jahr wird diese Gewichtung wiederhergestellt. Mit dem Konzept schlug der ETF den Index in den vergangenen drei Jahren um acht Prozentpunkte.

Lyxor MSCI EMU Growth
Fokus auf Wachstum

Der ETF setzt auf die wachstums­starken ­Unternehmen der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und bietet sich als Invest­ment in Aufschwung­phasen an. Über die vergangenen drei Jahre schlug der ETF den traditionell gewichteten Index um 3,5 Prozentpunkte, über fünf Jahre um 22 Prozentpunkte.

iShares MSCi Europe Min. Vol.
Weniger Risiko, mehr Ertrag

Ein europäisches Aktieninvestment lässt sich auch nach dem Prinzip niedriger Volatilität verwirklichen. Dabei stehen Titel im Fokus, deren Kurse wenig schwanken. Das hat sich bei den jüngsten Börsenturbulenzen aus­gezahlt. Und über drei Jahre brachte der ETF 13 Prozentpunkte mehr als der Index.

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14.11.2024Bayer KaufenDZ BANK
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